„Ich denke, ich treffe den Zeitgeist“ – Twin Shadow im Interview

Der Schnurrbartträger mit der James Dean Tolle legte Ende letzten Jahres das wunderbare Debüt „Forget“ hin. Verträumte Synthies, soulige Zeitlosigkeit und Drumpad-Atmosphäre, gewürzt mit einigen der eingängigsten elektronisch-angehauchten Melodien seit MGMT. Ein mehr als anhörlicher Erstling, der dem neuen 80er-Jahre-Retro-Pop-Hype vom feinsten gerecht wird.

Ein Ein-Mann-Projekt, das nicht nur musikalisch, sondern auch modisch. überzeugt Diesen Monat ist  George Lewis Jr. wieder in Deutschland, zu dem er eine besondere Bindung hat, denn seine drei Schwestern leben in Berlin. Wir trafen ihn zum Interview, wo uns nach zweistündigem Warten doch noch die Ehre zu Teil wurde, dem extrovertierten New Yorker ein paar Fragen zum Thema Nasenhaare und Glück zu stellen.

twinshadow_generalphoto3Du hast heute schon viele Interviews hinter dir?

Jede Menge.

Langweilig?

Ziemlich langweilig.

Wir hoffen, dass es ein wenig interessant für dich wird.

Das bezweifle ich.

Na dann. Warum hast du angefangen Musik zu machen?

Ich habe mit 15 angefangen. Ein Freund unserer Familie hat mich mal mit ins Studio genommen. So ging es los. Ich fand das sehr cool und interessant. Eigentlich wollte ich damals nur wie Boyz II Men sein. Die sind wie eine Boygroup, 90er Jahre R’n’B

Wie hat das mit Twin Shadow angefangen?

Das bin eigentlich nur ich. Ich war in einigen Bands und wollte einfach mal mein eigenes Zeug machen.

Deine Musik bedient sich bei vielen Genres. Nach was klingt sie für dich?

Ich bin mir da nicht sicher. Ich würde sagen es ist Pop-Musik. Melodische, emotionale Musik. Ich will sie aber nicht weiter beschreiben. Das ist nicht mein Job.

Die Platte wirkt wie ein Konzept-Album, sehr geschlossen. War das deine Absicht?

Nein. Jeder Song hat seine eigene Stimmung. Sein eigenes Leben. Ich wollte es nicht alles in eine Richtung schieben. Es klingt wie aus einem Guss, weil es in einem engen Zeitabschnitt entstanden ist.

Von außen wirkt es so, als ob alles sehr schnell ging. Erste Platte, durchweg positive Kritiken, der „American Dream“. Siehst du das auch so?

Ich arbeite seit 10 Jahren an und mit Musik. Gefühlt mache ich das schon immer. Aber bei diesem Album ging es wirklich schnell. Ich denke es ging so schnell, weil ich hart gearbeitet habe. Als ich mich entschied dieses Album zu machen, war da nicht ein Gedanke wie „Oh lass mal schauen was die Leute denken, ob sie es mögen“. Ich habe erwartet, dass das passiert.

Hast du das Gefühl, dass du die richtige Musik zu richtigen Zeit lieferst?

Ihr habt dafür ein Wort, oder? Zeitgeist.

Ja, stimmt.

Ich denke, ich treffe den Zeitgeist. Das ist cool. Es war nicht unbedingt mein Ziel. Aber ich denke gleiche Gesinnung, Geschmack oder Bewusstsein bringt die Leute zusammen. Aber ich glaube es hat clever eingeschlagen (überlegt). Mann, ich weiß nicht mal mehr die Frage…(lacht). Okay…ja…ich denke, es ist das Richtige zum richtigen Zeitpunkt.twinshadow_pressphoto2

Du kommst aus dem popmusikalischen Schmelztiegel Brooklyn. Beflügelt das?

Ich glaube gerade in Städten wie Berlin oder Brooklyn machst du einzigartige und fantastische Erfahrungen. Aber das ist nicht der Grund, warum deine Musik populär wird. Wenn du gute Songs schreibst, dann triffst du die richtigen Leute und wirst glücklich.

Überall?

Überall. Du brauchst drei Dinge: Du musst die richtigen Leute kennen, du musst glücklich werden und du musst gute Musik machen. Dann wirst du erfolgreich und glücklich.

Wo hattest du Glück im Bezug auf deine Karriere?

(Überlegt) In vielen Fällen. Ich hatte zum Beispiel das Glück, einen guten Manager zu bekommen. Viele Künstler haben einen der schrecklich ist, der sie dann verrückte Pfade – bergab – führt. Meiner unterstützt mich sehr. Ich wurde zum Beispiel nie zu etwas gezwungen. Oder dass ich mit Chris Taylor von Grizzly Bear zusammenarbeiten konnte… also es war kein Glück, dass er an meinem Album gearbeitet hat. Das war eine rein professionelle Zusammenarbeit. Da war Geld involviert. Es war Glück, dass er meine Musik gehört hat.

Mag er deine Musik denn?

Er liebt meine Musik. Darum hat er mich geholt. Ich habe mein CD ewig verteilt und er hat mich dann auf einmal aus dem Nichts heraus kontaktiert. Das hat mich echt überrascht.

Wie lange hast du selbst CDs verteilt?

Ungefähr ein Jahr.

Dann ging es doch recht schnell?

Ja… schon. Wobei wir darüber gar nicht so sehr nachdenken. Die Shows werden immer größer, alles wächst und du denkst dir, das nächste Mal spielen wir vor noch mehr Menschen. Daran denkt man. Das Ego, die Ambition ist größer, man wünscht sich, vor immer mehr Menschen zu spielen. Da merkst du gar nicht so richtig, wie die Zeit vergeht.

Kennst du die O2-World? Willst du da mal spielen?

Ja, genau! Ich weiß nicht, dann muss das echt vielen gefallen. Aber ich denke, wir können das schaffen. Das ist mein Ziel. Doch unter der Bedingung, dass ich erst ein passendes Album mache. Aber unser Sound ist noch opulenter auf der Bühne, im Gegensatz zum Album.

Arbeitest du schon an einem zweiten Album?

Wenn ich wieder in New York bin, dann möchte ich an einem zweiten Album arbeiten. Im Moment ist das einfach sehr schwierig aufgrund des engen Zeitplans.

Du hast „Forget“ selber geschrieben und komponiert. Jetzt hast du aber eine Band. Machst du das nächste Album wieder alleine?

Die Band ist eine Kombination aus Freunden, Leuten die ich kenne und Vorschlägen von anderen Musikern. Am wichtigsten war mir eine gute Atmosphäre. Ich bin mir nicht sicher, was die Zukunft bringt. Da ich jetzt wieder in einer Band bin, hat sich einiges geändert. Als ich das Album gemacht habe, habe ich nicht wirklich über das was danach kommt nachgedacht. Ich werde darüber nachdenken müssen, genauso wie über das, was die Leute mögen, was als nächstes kommt. Es wird das kleine nervende Monster in meinem Ohr sein.

Was hat sich für dich denn alles geändert, seit du ein wenig berühmt bist?

(reißt die Augen auf, dann muss er lachen) „Kind of famous“ – ein wenig berühmt? Das hat jetzt auch noch niemand so gesagt. Es ist komisch und auch schön, diese neue Art der Bewertung zu spüren. Ich war am Anfang verwirrt. Ich habe das davor nicht gekannt. Aber es scheint zu mir zu passen.

Du warst schon ein paar mal in Berlin…

Ja, oft. Alle meine Schwestern leben hier.

Wie viele hast du denn?

Drei. Zwei sind Tänzerinnen und die andere geht noch zur Schule. Denen gefällt es hier sehr gut, wie mir auch. In Berlin sind die Leute nochmal offener als in Brooklyn, die Stadt besitzt eine unglaubliche Energie, das ist sehr aufregend. Die Nächte hier sind unberechenbar. Alles kann passieren. In New York sind an einem Abend schnell mal 100 Dollar weg. Wenn dir das hier passiert, bist du wahrscheinlich tot (lacht).

Du bist jemand, der sich sehr für Mode interessiert. Wo siehst du modische Unterschiede zwischen den zwei Städten?

Mode bewegt sich so schnell. Zum Beispiel meine Schuhe! Die sind vor allem bei Frauen populär. Oder das T-Shirt , das habe ich mit einer Freundin gemacht. Ich mag es, wenn man Verschiedenes kombiniert, das ist cool. Ich genieße Mode, aber denke nicht viel darüber nach. Zur Zeit ziehen sich viele New Yorker wie die Skandinavier an. Ein bisschen zu clean. Wenn du mich fragst was der generelle Look in Stockholm ist, dann kann ich dir das sagen.

twinshadow_generalphoto1Was ist der generelle Look in Stockholm, Schweden?

(Lacht) Puhh… Enge Jeans, weiße Shirts mit wenig Farbe, der kleine Hitler-Haircut, ungefähr so wie bei mir.

Eine Sache, die nur deine Familie weiß?

Meinen zweiten Namen.

Letzte Frage: Hättest du lieber ein Haar, das aus dem Inneren deiner Nase in deinen Mund reicht. Und du kannst es nicht schneiden, es ist für immer da.

Wenn ich es schneide sterbe ich?

Nein die Schere würde zerbrechen, es ist „unschneidbar“.

(Lacht) Aha…

Oder hättest du lieber eine Brustwarze, aus der permanent Muttermilch herausträufelt. Deine Kleider wären immer klatschnass?

Hmm…Ich glaube den verrückten Nippel. Damit könnte ich dem Zirkus beitreten und vielleicht eine Menge Geld verdienen.

Interview: Sebastian Schelly/Christian Peters.

Fotos: 4AD

Twin Shadow auf Tour:

17.05.11   Frankfurt, Hazelwood Yellow Stage

19.05.11   Düsseldorf, Zakk

20.05.11  Berlin, Magnet Club

Ihr möchtet Tickets gewinnen für die Konzerte in Frankfurt und Düsseldorf? Schreibt uns geschwind eine Mail mit dem Betreff  „Twin Shadow“ an gewinnen(at)fastforward-magazine.de. Viel Glück!