Im April findet bereits zum 10. mal die türkische Filmwoche statt, welche sich mittlerweile zu einem festen Termin im Berliner Kulturkalender etabliert hat.
Das türkische Kino ist heute von einer ästhetischen und inhaltlichen Vielfalt geprägt, die im internationalen Vergleich einzigartig ist. Von Festivalerfolgen wie Nuri Bilge Çeylans meditativer Genre-Arthaus- Mischung „Once Upon A Time in Anatolia“ (Cannes 2011) über Reis Çeliks „Night of Silence“ und Emin Alpers „Beyond the Hill“ (beide Berlinale 2012) über nationale Epen wie „Fetih 1453“ und religiöse Botschaften wie „Bendeyar“ bis zur schwarzhumorigen feministischen Komödie „Kurtulus Son Durak“ ist auf türkischen Leinwänden das gesamte politische Spektrum des 75-Millionen-Einwohner-Landes präsent.
Es lohnt sich allemal, das aktuelle türkische Kino zu verfolgen. Denn immer wieder überraschen türkische Filmemacher nicht nur mit außergewöhnlichen dramaturgischen Konzepten, sondern auch mit der kompromisslosen Offenheit, mit der sie gesellschaftliche Sollbruchstellen wie die Dauerthemen innerfamiliäre Gewalt, Frauenrollen und Homophobie („Zenne Dancer“), politisch heiße Eisen wie den „Kurdenkonflikt“ („Presse“) oder die „Zypernfrage“ („Schatten und Gesichter“) angehen. Man könnte sagen, dass der türkischen Film in vorbildlicher Weise die demokratische Debatte pflegt.
Das gilt auch für die Filme des diesjährigen Istanbul-Schwerpunkts, der Mythos und Realität der Bosporus-Metropole zeigt, die sich durch Wirtschaftswachstum und Zuwanderung zur Megacity entwickelt. Die Reflektionen über das Gestern, Heute und Morgen der wohl am schnellsten wachsenden europäischen Großstadt zeugen vom quirligen Lebensgefühl, aber auch den Ängsten vor den Veränderungen, denen mitunter ganze Stadtviertel zum Opfer fallen.
Eine filmische Reise durch ein nicht mehr unbekanntes, aber immer wieder erfrischendes Land, dessen Filmemacher mit unkonventionellen Arbeiten überraschen. Ein Event, das man sich in keinem Fall entgehen lassen sollte.