Interview mit Dad Rocks!

Snævar Njáll Albertsson ist einer dieser Menschen, die man einfach mögen muss. Der Kopf hinter Dad Rocks! kommt ursprünglich aus Island, ist „nebenbei“ Sänger und Gitarrist der hervorragenden Band Mimas, wohnhaft in Dänemark und der wohl netteste Typ im Musikbusiness. Sein erstes Soloalbum „Mount Modern“ hat er 2011 veröffentlicht, 2012 ist es dank Sinnbus auch hier auf dem Markt erschienen. Im Moment arbeitet er an seinem nächsten Werk.
Wir hatten das große Vergnügen, Anfang des Jahres eine Runde mit ihm via Sype unter anderem über das kommende Werk, Texte und die schwierige Aufgabe eines zweiten Albums zu reden. Lasst euch während des Lesens von seiner wunderschönen Musik, den komplexen Melodien und seiner Ironie verzaubern



Snævar Njáll Albertsson: Hallo Dörte, wie geht’s dir?

Dörte: Hallo Snævar! Gut, und selber?

Mir geht es gut, vielen Dank. Ich sitze hier mit meinem Bandmitglied Kenn im Wohnzimmer und wir schreiben Kleinigkeiten für das Album.

Du hast also angefangen auch mit anderen zu arbeiten?

Ja, ich denke, dieses Album wird etwas demokratischer. Ich werde die Bandmitglieder ein wenig mehr in den Schreibprozess involvieren.

Hast du andere Leute vermisst, als du alleine geschrieben hast?

Das ist eine gute Frage. Ich mochte es, das erste Album alleine zu schreiben, muss allerdings dazu sagen, dass man anders inspiriert wird, wenn man mit anderen zusammenarbeitet. Man darf seine Musik auf eine andere Weise hören und es eröffnen sich neue Elemente für die Songs. Ich denke, es macht Sinn Leute beim zweiten Album mit einzubeziehen.

Wahrscheinlich wirst du auch die Themen ändern – das erste Album war ja etwas persönlich in einigen Songs?

Ich denke, dieses Album wird auch sehr persönlich, aber auf eine andere Weise. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was das Hauptthema sein wird. Ich habe noch keine klare Vorstellung davon, aber es wird trotzdem noch ziemlich persönlich sein. Ich denke, es wird eine Mischung sein wie bei „Mount Modern“.

Wie haben sich die Themen seit „Mount Modern“ geändert?

Ich denke, es wird sich zum Beispiel um Image drehen. Hauptsächlich die Körperwahrnehmung und wie die Gesellschaft einen manchmal haben will. Ich denke, es geht nur um Körperwahrnehmung und das Image an sich, zwischen Leuten und… wie du hören kannst ist es noch etwas unklar für mich, aber ich denke das wird eines der zentralen Themen.

Das passt zu den aktuellen Nachrichten hier in Deutschland [Anfang Januar]. Sie sagen, dass wenn man ein wenig Übergewicht hat, dann ist es gesünder als wenn man dünn oder normalgewichtig ist. Das sagt zumindest eine neue Studie aus den USA. Es verschiebt das Bild ein wenig, in dem man dünn sein muss um gesund zu sein dahin, dass man etwas länger lebt, wenn man ein wenig Übergewicht hat… das ist schon seltsam.

Ja, genau. Ich denke, es ist auch merkwürdig, weil sich diese Studien scheinbar immer wieder ändern. Meine Schwester kämpft seit einigen Jahren mit Anorexie und das hat auch einige meiner Texte beeinflusst. Wie man seinen Körper betrachtet und wie man gesagt bekommt, was man tun soll und wie man aussehen soll. Es wird in einigen Texten umgesetzt werden, denke ich.

Ich find das neue Album jetzt schon gut.

Wir werden in zwei Wochen mit den Aufnahmen beginnen. Es wird schön sein mit einem neuen Album anzufangen. Für mich ist es gleichzeitig sehr viel Spaß, aber es ist auch ein wenig frustrierend, mit dem Schreiben des neuen Album anzufangen. Ich denke, es ist einfach ein wenig kompliziert, wenn man einen ersten Versuch gemacht hat und am Ende glücklich mit den Ergebnissen ist, und dann kommt man zurück an den Schreibtisch oder Zeichentisch und fängst wieder von vorne an. Etwas zu erreichen kann manchmal ein wenig erdrückend sein.

Das schwierige zweite Album, zum zweiten Mal. Das erste Mal gab es das schwierige zweite Album mit deiner Band Mimas.

Naja, es war sehr anders mit Mimas, weil es nicht wirklich mein eigenes Projekt ist. Es waren immer wir vier, die sich in einem Raum trafen und spielten was auch immer wir wollten und einen Scheiß drauf gegeben haben was andere Leute dachten.

Und jetzt ist es dir nicht mehr egal?

Ich denke, es ist ein anderer Druck, weil ich es bin und ich einen Scheiß gebe auf das, was ich als eigenständiger Künstler kreiere. Es ist eine andere Perspektive, wenn man in einem Raum mit drei anderen Bandmitgliedern ist und einfach nur zu spielt und ein paar Riffs jammt. Für mich geht es mehr darum mich als Musiker zu entfalten und Sachen zu machen, die ich vorher nie gemacht habe und trotzdem noch etwas zu kreieren, bei dem ich das Gefühl habe, dass es mindestens so gut ist wie der Vorgänger. Also, ja, für dieses eine gebe ich vermutlich einen Scheiß drauf.

Es wäre auch überraschend, wenn es anders wäre, da deine Texte eine Bedeutung haben. Sie erzählen nicht irgendeine Geschichte über irgendwas, das egal ist. Für mich ist es so, dass sie einen zum Nachdenken anregend. Du regst einen dazu an über Dinge nachzudenken, die gerade passieren.

Wenn du es so sagst, kann man sagen, dass einige der Songs als aktuell bezeichnet werden können. Ich denke auch, dass sie es sind. Hoffentlich werde ich in der Lage sein, Texte zu präsentieren, die interessant sind, aber wir werden es sehen.

Wie wichtig sind dir Texte, wenn du Musik von anderen hörst?

Beim ersten Hören sind sie mir nicht sehr wichtig, denke ich. Ich höre automatisch etwas anderem als den Wörtern zu. Um mit einem Song eine Verbindung eingehen zu können, scheint es etwas anders brauchen. Es geht mehr um die musikalischen Schwingungen und was in dem Song melodisch passiert. Aber es ist schon notwendig, dass die Texte, wenn sie schon nicht großartig sind dann wenigstens nicht schlecht sind. Ich denke, dass die Texte sehr wichtig sein können für mich, aber die Musik ist für mich in vielerlei Hinsicht wichtiger, wenn man über Songs, Musik und Alben redet. Aber wenn man die künstlerische Form betrachtet, dann ziehe ich die Musik nicht dem Schreiben vor. Wenn ich Songs höre, dann höre ich nicht überwiegen oder zuerst die Texte. Sie kommen immer erst hinterher und manchmal geben sie eine komplett andere Dimension und können besser als der Song sein. Es ist immer interessant, wenn das passiert.

Ist es für dich wichtig, dass die Menschen deine Botschaft verstehen wie zum Beispiel bei „Funemployment“?

Es ist mir nicht wichtig, dass sie es verstehen, aber es bedeutet mir sehr viel, wenn… besonders über den Song „Funemployment“ haben Leute mit mir geredet. Er hat ihnen etwas bedeutet, besonders wenn einige von ihnen für eine bestimmte Zeit ohne Job waren. Der Song hat ihnen offenbar geholfen eine schwere Zeit zu durchstehen und es bedeutet mir sehr viel, wenn das passiert, aber es ist nicht wichtig, ob sie den Sinn oder die Texte verstehen. Für mich ist es wichtiger, dass sie dazu in der Lage sind einen eigenen Sinn innerhalb der Texte für sich selber zu erschaffen und zwar nicht, weil ich etwas mit ihnen sagen will.

Ich habe mal gelesen, dass du immer zufrieden mit deinen Texten sein musst – wie schwer ist es das zu erreichen?

Es ist sehr schwer. Ich kann Stunden an einem Vers oder zwei Zeilen oder einem Reim sitzen, ohne irgendwo hinzukommen. Manchmal dauert es vielleicht eine Stunde, um einen kompletten Satz Texte zu schreiben, es ist also sehr schwierig, aber in der Hauptsache weil man nie wirklich weiß, wie sehr dich deine mangelhaften Fähigkeiten als Texter frustrieren werden. Manchmal vermeide ich es auch mit dem Texten anzufangen, weil ich Angst vor der Aufgabe habe und bin dann davon frustriert.

Ändert sich das jetzt wo du die anderen mit einbeziehst?

Naja, ich denke musikalisch hat es sich geändert, aber in Bezug auf die Texte hat es sich nicht geändert, da sie immer noch zu 100% meine sind. Musikalisch hat es sich geändert, da ich die anderen einbeziehe und wir uns gegenseitig inspirieren, was für einen kreativen Prozess immer gut ist. Das ist für mich allerdings etwas anderes als bei den Texten.

Wieso hast du auf „Mount Modern“ mit eher klassischen Musikern gearbeitet?

Ich glaube, das hat viel damit zu tun, dass ich die Chance dazu hatte. Ich hatte das große Glück auf Musiker zu stoßen, die verschiedene Instrumente spielen. Und es ist eigentlich mehr ein Mix, obwohl wir auch Leute haben, die eher klassisch trainiert sind. Einer der Kontrabassisten auf „Mount Modern“ spielt in einem klassischem Orchester. Ein anderer, der das Horn auf dem Album spielt, ist in einer großen Blaskapelle. Und andere wie die beiden an der Violine und Viola kommen aus der Folk-Richtung. Lasse, der Schlagzeuger, hat wiederum sein Leben lang in Rockbands gespielt. Es ist also eine Mischung aus vielen verschiedenen Stilen, aber es gibt einen orchestralen Hauch auf dem Album. Ich wollte einfach immer schon versuchen, ein orchestrales Album zu machen und die ganzen Möglichkeiten beim Schreiben der Melodien für die verschiedene Instrumente haben. Außerdem hat sich die Möglichkeit ergeben, weil ich mit vielen Leuten in Kontakt getreten bin, die auch auf dem Album spielen wollten.

Schreibst du mit Mimas auch an neuem Material?

Ja, ich denke wir haben eine gute Handvoll neuer Songs, bei denen wir hier und da noch die letzten Kleinigkeiten schreiben müssen, aber der Plan ist es bald ins Studio zu gehen. Ich hoffe, das wird passieren.

Vielen Dank für das Interview, Snæver!

Interview: Dörte Heilewelt
Foto (c) Peter Christensen
Live Foto (c) Dörte Heilewelt

Ende April gibt es die nächste Gelegenheit Dad Rocks! (mit Band wie es aussieht) live zu sehen! Unbedingt hingehen, es wird großartig werden!

24 April Hamburg, Molotow /w The Rumour Said Fire (DK)
25 April Osnabrück, Kleine Freiheit /w The Rumour Said Fire (DK)
26 April Berlin, Ackerstadtpalast
27 April Münster, Hans Dampf Festival
28 April München, Milla
29 April CH – Winterthur, Portier
30 April CH – Zürich, Henrici

Dad Rocks!
Mimas