Ich folge Phillip Boas Einladung und öffne neugierig die Tür zum „Bleach House“. Schon nach wenigen Klängen fühle ich mich wie zu Hause bei dem Grandseigneur des Indie-Sounds. Ich werde begrüßt von Boas unverkennbarer, schnarrender Stimme, die sich seit unserer ersten Begegnung in den 80ern kaum verändert hat. Mit seiner neuen Platte – das 17. Studioalbum – rennt er bei mir offene Türen ein. Die Erwartungen nach der grandiosen, eleganten „Loyalty“ waren groß, werden aber aufs Neue voll erfüllt.
Boas eigener Anspruch war noch größer: „Ich habe einen extremen Ehrgeiz das letzte Album noch zu toppen. Es muss besser werden als ‚Loyalty‘. Was schwierig werden wird – aber es ist ohnehin immer eine große Herausforderung, ja fast eine Last, Alben wie ‚Hair‘, ‚Hispanola‘, ‚Helios‘ oder ‚Boaphenia‘ zu übertreffen. Ein Schicksal, das ich mit älteren Künstlern teile und was lebenslange Albträume bereitet.“
Diese Albträume muss er nun nicht mehr haben. Er kann sich getrost zurück lehnen und den Zuspruch genießen. Denn schon kurz nach Erscheinung von „Bleach House“ wird das Werk von der Boa-Gemeinde im Netz euphorisch gefeiert. Man merkt dem Album den internationalen Einfluss an. Produziert wurde es von David Vella in den Temple Studios, Malta (wo Boa immer noch zeitweise wohnt), abgemischt von Dougal Lott (Ray Davies, Marina and the Diamonds, Bombay Bicycle Club) in den Konk Studios, London und gemastert von Fred Kevorkian (u. a. The White Stripes und The National) in den Avatar Studios, New York. So klingt das neue Werk alles andere als nach Ruhrpott und Deutscher Braunkohle.
Doch seiner Heimat bleibt Boa trotzdem treu, wenn er in „Beatsey Youth“ „we are from Dortmund and we are proud of it“ singt. Boa ist ein Spezialist für subtile Textzeilen mit fast Dali-Esken Anklängen, die in ihrer Poesie und Melancholie einem Morrisey in nichts nachstehen. Fast liebliche Melodien wie „Are You The One From Heaven“ werden trotzdem nicht kitschig, wenn Boa und seine weibliche Gesangspartnerin mit eingängigen Refrains darüber flirren. Schon der nächste Song „Snake Plissken“ (Titel des legendären John Carpenter Films „Die Klapperschlange“ mit Kurt Russel) nimmt wieder ordentlich Fahrt auf, wenn Pillip Boa und Oli Klemm mit ihren treibenden Gitarren über den Song donnern.
So bleibt das Album stets abwechslungsreich. Von Punk über Alternative bis Romantik ist alles dabei. Jeder Song hat sein eigenes Gesicht. Es gibt nur wenige Bands, wie zum Beispiel Arcade Fire, bei denen der weibliche Gesangspart eine so prägende Rolle spielt. Seit 2003 musste der Voodooclub das erste Mal ohne Pia Lund auskommen, die auf eigenen Wunsch die Band verlassen hat. Nach längerer Suche haben sie eine Sängerin gefunden, die sich ganz wunderbar in die Songs einfügt. Der Voodooclub führt sie unter dem Namen Pris, angelehnt an die Figur aus dem fantastischen Bladerunner-Film. Ich bin mir sicher, dass ich für einige Zeit Dauergast im Bleach House werde. Bei jedem Besuch gibt es etwas Neues zu entdecken geben, dafür sorgen die 13 abwechslungsreichen Songs. Ich freue mich jetzt schon, wenn ich im Dezember von Boa von Angesicht zu Angesicht fordern kann: „Take me down to the Bleach House“!
VÖ: 22.08.2014
Gehört von: Kate Rock
Tourdaten:
05.11.14 Marburg
06.11.14 Mainz
07.11.14 Magdeburg
08.11.14 Dresden
13.11.14 Nürnberg
14.11.14 Karlsruhe
15.11.14 Köln
28.11.14 Bremen
29.11.14 Hamburg
04.12.14 Göttingen
05.12.14 Erfurt
06.12.14 Berlin
07.03.15 München