Die Nacht ist pink

Hip-Hop Produzent Danger Mouse und The Shins Frontmann James Mercer finden sich als Broken Bells zusammen und nehmen mich mit auf eine nächtliche Reise.

BrokenBellsCoverIm letzten Jahr schaffte Musikproduzent Brian Burton, besser bekannt als Danger Mouse, der Musikpresse mehr oder weniger einhellig die Meinung abzuringen, sein Album „Dark Night Of The Soul“ hätte eigentlich den Titel „Album des Jahres“ verdient. Das Problem war nur, dass „Dark Night Of The Soul“ aufgrund eines Rechtstreits mit Danger Mouse‘ Plattenfirma nie offiziell veröffentlicht wurde. Über das Internet fand das Werk natürlich dennoch seinen Weg an die Öffentlichkeit, und die Kritiken überschlugen sich (wer es noch nicht kennt, kann „Dark Night Of The Soul“ hier komplett gestreamt hören) .

Auf „Dark Night Of The Soul“ kam es auch erstmals zu einer Zusammenarbeit mit James Mercer, Kopf der Band The Shins. Spätestens die Szene in „Garden State“, in der Zach Braff Natalie Portman per Kopfhörer „New Slang“ von The Shins vorspielt und ihr erklärt, dieser Song würde ihr Leben verändern, untermauerte den Weltruhm der amerikanischen Indie-Rockband. Danger Mouse machte in den letzten Jahren als Teil der erfolgreichen Hip Hop Formation Gnarls Barkley sowie als Produzent unter anderem für Acts wie Gorillaz, Beck und The Good, The Bad and The Queen von sich reden. Kein Wunder also, dass eine weitere, diesmal im großen Stil aufgezogene Zusammenarbeit der beiden Musiker bereits im Vorfeld ausgiebig für Furore sorgte.

„Broken Bells“ ist sowohl der Name des gemeinsamen Projektes als auch des Debutalbums. Und was mit Pauken und Trompeten angekündigt wurde und deshalb mit entsprechenden Erwartungen behaftet ist, kommt im Endergebnis doch ziemlich relaxed daher. Zwanzig Songs haben Burton und Mercer gemeinsam in Los Angeles aufgenommen, von denen es zehn auf das Album geschafft haben. „Broken Bells“ ist eines dieser Alben, das einen in den frühen Morgenstunden nach einer durchzechten Nacht zwischen schlafen und wachen auf eine Reise schickt, in Sphären, die einem ausgeruht bei Tageslicht entgehen könnten. Oder besser gesagt: Der wahre Zauber von „Broken Bells“ erschließt sich einem am besten mit viel Ruhe und geschlossenen Augen. Sonst könnte es passieren, dass einem der atmosphärische Indiepop streckenweise etwas beliebig vorkommt.BrokenBells

Der Eröffnungstitel „The High Road“, die erste Vorabsingle, kommt mit seinem elektronischen Rhythmus fast schon Lounge-poppig daher. „Your Head Is On Fire“ hingegen erinnert mit seinen Tempi-Wechsel an die Siebziger, an frühe David Bowie Nummern zum Beispiel, irgendwie verstörend, aber gut. Meine erste Offenbarung: Track Nummer 4, „The Ghost Inside“. Falsettgesang, Rhythmusklatschen, ein eingängiger Refrain – große Popnummer. Der Rest des Albums verläuft ohne größere Höhepunkte, lädt aber eben gerade deshalb zum gepflegten wegdriften ein. Danger Mouse‘ Klangwelten sind ausgetüftelt ohne aufdringlich zu wirken, James Mercers Gesang legt sich wie eine wärmende Decke über Herz und Ohren. Das Beste kommt jedoch zum Schluss. „The Mail And Misery“ avancierte mit Indie-Gitarre und mehrfach überlagerten Gesangspassagen sofort zu meinem großen Favoriten. Da kann man glatt damit aufhören, sich in Träumereien davonzustehlen und sogar ein wenig das Tanzbein schwingen.

„Broken Bells“ ist als Album nicht von der verstörenden Kraft eines „Dark Night Of The Soul“, dafür schmeichelnder fürs Gemüt. Weniger düster,  mehr wie ein Ausflug zu dem pinkfarbenen Planeten, den mein Auge beim Betrachten des Covers sieht. Burton und Mercer planen übrigens, längerfristig als Broken Bells zusammen zu arbeiten. Die Reise kann also ruhig noch ein wenig dauern.

„Broken Bells“ ist bereits am 5. März bei Sony erschienen.