The Kooks im Interview & Live @ Columbiahalle 07.02.15

Schon letztes jahr durfte sich Berlin über eine Show von The Kooks im Heimathafen freuen, aber das hielt die Fans nicht davon ab, sie noch einmal am vergangenen Samstag in der Columbiahalle live sehen zu wollen. Sold-Out. Zeit für einen Trip in die Vergangenheit mit diesem Indiepop vom Feinsten. Sänger Luke Pritchard singt selbstbewusst und energetisch mit seiner Trademark-Stimme, die die Mädchenherzen höher schlagen lässt. Ein bisschen Teeniegekreische in der Menge ist der Beweis dafür. Aber auch die Herren unter den Zuschauern tanzen und singen kräftig mit. Jeder Song scheint ein alter Hit zu sein: „Ooh La“, „She Moves In Her Own Way“, „Naive“, und auch der Erektionsproblem-Song „Eddie’s Gun“ wird zum Besten gegeben, obwohl Luke selber erklärt hat, dass es ihm mittlerweile fast peinlich ist diesen Song zu singen, da er eben keine 16 mehr ist. Zusammen mit Gitarrist Hugh Harris, Drummer und Bassist/Gitarrist Peter Denton zeigen die Jungs, dass sie auch in dieser Bandkonstellation ein eingespieltes Team sind. „Listen“, Das vierte Studioalben der Briten erschien im September letzten Jahres und überraschte mit neuer Stilrichtung und frischem Sound, der fast an ein Worldmusic-Album erinnert. Produziert wurde das Werk von Sänger Luke Pritchard zusammen mit dem jungen Hip-Hop-Pionier Inflo. Die neuen Lieder kommen mit den tanzbaren Beats gut an und sorgen für gute Laune. In „Junk Of The Heart“ singt Luke lautstark „I wanna make you happy…“ und die begeisterten Gesichter in der Menge zeigen, dass es ihm gelungen ist.

Rewind.

Am Mittag vor der Show besuche ich die Band in der Konzertlocation. Die Nacht haben sie im Tourbus auf dem Parkplatz der Columbiahalle verbracht und noch ein bisschen verschlafen beginnen sie ihren Tag zu organisieren. Während Pete völlig fit nur mit Handtuch bekleidet aus der Dusche herausspringt, bedienen Hugh und Alexis sich am Buffet und ich schnappe mir Luke für ein Interview. Dieses findet im Tourbus statt und als freundlicher Gastgeber gibt der Sänger erstmal eine kleine Tour durch den luxuriösen Nightliner. Dass man sich auch nach so langer Zeit nicht an das Schlafen im Bus gewöhnt, erzählt er, während er laut von Kingsize-Betten und Sky TV träumt. 12 Männer schlafen ingesamt jede Nacht in diesem Bus und genau diese Information reicht aus, um die Rock’n’Roll-Vorstellung zunichte zu machen. In der Lounge machen wir es uns bequem. Trotz der Nacht im Tourbus hat Luke hat sichtlich gute Laune. Nur der Drei-Tage-Bart lässt ihn ein wenig älter wirken, aber fast ist es, als hätte er sich in den vergangenen 10 Jahren gar nicht wirklich verändert. Trotzdem ist in der Zeit natürlich einiges passiert und davon erzählt er jetzt.

Eure Band hat letztes Jahr ihren 10-jährigen Geburtstag gefeiert. Wow.

Wirklich wow. Es fühlt sich ein bisschen komisch an, denn wir fühlen uns noch ziemlich jung. Diese zehn Jahre sind verdammt schnell vergangen. Und wir sind immer noch hier. Das fühlt sich gut an.

Ihr habt auf jeden Fall eine beeindruckende musikalische Karriere hinter euch: vier Studioalben und mehrere, riesige Touren um die Welt. Mit der Zeit hat sich das Line-Up der Band verändert, nur du und Hugh, ihr seid von Anfang an dabei. Wie fühlt sich die Band derzeit für dich an, mit Hugh, Alexis und Pete. Bleibt ihr in dieser Konstellation?

Wer weiß, das kann man ja nie so genau vorhersehen. Jede Band hat da ihre eigene Geschichte. Bei uns ist es eben in die gleiche Richtung von Fleetwood Mac und den Rolling Stones gegangen, mit mehreren Änderungen was die Mitglieder angeht, psychischen Problemen und Drogenabhängigkeiten. Es gab viel Gutes und viel Schlechtes. Wer weiß, wie die Zukunft aussieht. Ich denke nicht, dass wir nochmal das Line-Up ändern. Ich hoffe nicht! Denn das, was wir hier gerade haben, ist super. Das letzte Album mit den Jungs hat sehr viel Spaß gemacht.

Das Album „Listen“ ist jetzt schon seit einigen Monaten draußen. Wie schätzt du die Reaktion der Fans ein? Am Anfang schienen einige überrascht, weil die Musik in eine ungewohntere Richtung ging. Nach einer Weile schien sich die anfängliche Skepsis zu legen und Begeisterung setzte ein.

Wir sind sehr glücklich mit dem Album. Es war schon ein kleines Risiko, was wir da eingegangen sind. Der Sound ist nicht unbedingt radiokompatibel. Es ist nicht das, was im Moment wirklich gehört wird. Mit unseren vorherigen Alben hatten wir gerade beim Radio großen Erfolg.

Was ja gar nicht unbedingt etwas Negatives ist, wenn man bedenkt, was dort oft für ein Scheiß gespielt wird.

Genau das denke ich auch. Als das Album rauskam, ist es nicht in die Top 10 gestiegen und erst war ich darüber echt enttäuscht. Ich dachte, wir würden es schaffen. Aber als ich mir dann die Top 10 mal angeguckt habe, habe ich gemerkt, dass ich eigentlich sogar erleichtert war es nicht geschafft zu haben. Die Musik in den Charts ist Musik, mit der ich mich überhaupt nicht identifizieren kann.

Wenn man sich nicht auf die Charts verlassen kann, wie kann man deiner Meinung nach heutzutage musikalischen Erfolg wirklich messen?

Das ist echt schwierig. Online kann man sehen, dass Leute sich die Musik zwar anhören, aber die Alben nicht mehr kaufen. Also kann man auf Spotify und YouTube total erfolgreich sein, aber trotzdem nicht in den Charts auftauchen. Letztendlich sind wir sehr glücklich darüber, dass wir immer noch Musik machen dürfen und Leute unsere Musik hören wollen. Also machen wir damit weiter. Manchmal fragt man sich natürlich, ob es überhaupt jemanden interessiert. Es ist doch merkwürdig. Man weiß, dass es Leute gibt, die deine Musik gerne hören. Aber dann wünscht man sich mehr Akzeptanz von der Masse. Wenn der Gedanke auftaucht, muss man ihn einfach in Perspektive setzen und positiv bleiben. Erfolg ist ein seltsames Konzept. Am Ende geht es darum die Musik zu machen und mit dem Herzen dabei zu sein. Bei unserem letzten Album ist mir gelungen etwas zu machen, was ich schon lange machen wollte. Tiefer in die Materie reinzugehen, mehr zu entdecken.

In der Zeit vor dem Album ging es dir persönlich nicht sehr gut. So unangenehm wie solche Phasen im Leben auch sind, man sieht, dass meist doch etwas Gutes herauskommt und man daran wächst. Du hast dich neuen Herausforderungen gestellt und eure vorherigen musikalischen Grenzen überschritten.

Solche Phasen gibt es im Leben ja immer wieder. In der Zeit vor dem Album ging es mir eine Weile wirklich nicht gut. Alles schien bergab zu gehen. Was im Nachhinein nicht unbedingt schlecht war. Destruction breeds creation… Um es mit Jimi Hendrix‘ Worten zu sagen. Zu der Zeit hatte ich eine stressige Beziehung, die mich sehr runtergezogen hat. Ich hab mich selber überhaupt nicht wiedererkannt. Es hat mich echt depressiv gemacht. Wenn ich meine Gitarre in die Hand genommen habe, fiel mir nichts ein. Ich hatte das Gefühl nichts zu sagen zu haben. Mit der Zeit habe ich meine Routine verändert, gewisse andere Dinge in meinem Umfeld haben sich verändert und die Musik hat geholfen mich aus diesem Loch rauszuholen. Auf einmal schrieb ich wieder viel neue Musik und je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr Ideen kamen quasi von alleine. Auch wenn das jetzt sehr klischeehaft klingt, ich bin auch auf Reisen gegangen und konnte viel nachdenken und mich erholen. Eine großen Einfluss hatte auch der Produzent Inflo, den ich kennengelernt habe. Wir haben uns getroffen und sind Freunde geworden. Zuerst wollten wir nur mal so einen Song zusammen aufnehmen. Dabei hat er mich sehr inspiriert und ich habe ihn der Band vorgestellt. Denen ging es direkt genauso. Inflo ist echt cool. Er hatte so einen Vibe wie Brian Eno, denn er hat uns musikalisch echt herausgefordert. Das war total aufregend. Inflo ist erst 24, das hat mich sehr beeindruckt. Unser Album hat an manchen Stellen einen richtigen Demo-Sound. Das soll so sein, ein bisschen grob, back to the roots. Die Mischer haben versucht da ein bisschen aufzuräumen, aber die Basis blieb so. Der Aufnahmeprozess war so anders, sehr spontan. Ich habe viel dabei gelernt. Während der Zeit ging es mir persönlich auch wieder besser. Wahrscheinlich, weil ich mich total in die Arbeit gestürzt habe und ich wirklich zufrieden mit dem Ergebnis war. Dieses Auf und Ab gehört zum Leben dazu. Es geht letztlich nur darum, wie man dann damit umgeht. Die Extreme machen das Leben aufregender. Je mehr man erlebt, desto mehr lebt man.

Auf einem Teil eurer Tour haben euch Catfish & The Bottlemen supported. Ich durfte die Jungs bereits kennenlernen und sie haben mich sehr an euch in eurer Anfangszeit erinnert. Sie sind noch so jung und haben verdammt viel Energie. Kommt es mir nur so vor, oder ist Van ein bisschen wie du damals?

Total! Van ist einer der coolsten Typen, die mir in der letzten Zeit begegnet sind. Er erinnert mich auch total an mich, wie ich damals war. Es ist, als ob er mein kleiner Bruder wäre. Catfish & The Bottlemen sind auf jeden Fall eine der besten neuen Bands da draußen. Sie verdienen diesen Ruf.

Konntest du Van weise Ratschläge geben? So als großer Bruder… 

Na klar. Ich habe Van viel über das Singen erzählt und wie man seine Stimme am besten schont, während man auf Tour ist. Dabei kam ich mir wie ein langweiliger Vater vor. (lacht) Iss keine Milchprodukte, wärm deine Stimme auf, mach dies, mach das, rauch nicht so viel….

Moment mal, du rauchst doch selber.

Ja, ich weiß… Aber auf Tour rauche ich weniger als sonst. Das kann deine Stimme sonst echt fertig machen.

Hast du nicht Angst, dass das Rauchen deine Stimme über die Jahre verändert?

Nein, auf gar keinen Fall. Dann kriege ich endlich so eine Tom Waits Stimme. Wart nur ab!


 

Weitere Live-Termine von The Kooks in Deutschland: 

12.02.2015 Bielefeld, Ringlokschuppen

18.02.2015 Köln, Palladium

Interview: Christina Heckmann

Fotos © Markus Werner

www.thekooks.com