Primavera Sound 2017: Belako im Interview

Das Charmante an einem Festival ist, dass es neben den bekannten und einschlägigen Headlinern immer wieder neue Bands zu entdecken gibt. Besucht man ein Festival im Ausland, sind es besonders die lokalen Künstler, denen man ein Ohr schenken sollte. Wir haben beim Primavera Sound Festival in Barcelona die Chance genutzt und die Spanische Band Belako nicht nur auf der Bühne bewundert sondern zwei der vier Bandmitglieder, Cris Lizarraga (Gesang) und Lander Zalakain (Schlagzeug), zum Interview getroffen. In ihrer Heimat Katalanien sind Belako bereits eine gefeierte Band, die sich nun auch außerhalb Spaniens einen Namen machen will.  Wir sind um eine Neuentdeckung reicher geworden und sind uns sicher, sollte die Band bald mal wieder in Berlin auftreten, wir sind dabei!

Als Berliner müssen wir natürlich zuerst fragen: ihr habt auch schon mal in Berlin gespielt, wann und wo war das?

Chris: Das war letztes Jahr im Juli und die Location hieß „Rote Insel“. Das ist wohl eine der letzten kommunistischen Plätze in Berlin.

Oh das kennen wir gar nicht, da können wir ja noch etwas von euch über Berlin lernen.

Lander: Wir haben im Baskenland auch so etwas Ähnliches, daher hat es sich sehr vertraut angefühlt.

Chris: Es ist ein altes Lagerhaus, es wird von jungen Leuten selbst organisiert und bewirtschaftet. Es sind sehr viele Basken dort, an den Wänden gab es viele Malereien, die wir von zu Hause kennen. Daher haben wir uns dort sofort zu Hause gefühlt, es war ein super Gefühl. Ein bisschen Punk hat es sich angefühlt, der Sound war ganz schlecht, wir konnten noch nicht mal unsere Keyboards richtig benutzen. Das Publikum war überall. Es war sehr laut und sehr schwitzig aber dadurch auch sehr intensiv.

Waren viele Spanier im Publikum? Berlin hat ja so eine große spanische Community.

Chris: Es war super, denn neben Basken und Spaniern waren die Menschen von überall her. Ich habe sogar jemanden aus Syrien kennengelernt. Das zweite Mal haben wir im „Clash“ gespielt, zusammen mit einer anderen bekannten Baskischen Band. Das war etwas konventioneller als beim erste Mal. Wir mögen Deutschland sehr gerne, wir waren auch in Bremen und Hamburg. Überall fühlt es sich so entspannt an und wir haben so viele nette Leute getroffen.

Ihr kommt gerade von einer Tour aus England. Ihr singt zum Teil auf Baskisch und Englisch. Wie werden die Songs in eurer Heimatsprache aufgenommen, wenn ihr im Ausland spielt?

Lander: Wir sind sehr stolz darauf Baskisch zu singen und es wird in der Regel sehr gut angenommen.

Chris: Das Publikum hat glaube ich eher das Gefühl, dass es bereichernd ist, wenn auch mal in einer anderen Sprache gesungen wird. Baskisch ist eine sehr alte Sprache mit einer langen Tradition.

Das ist auch sehr wichtig, dass man seine Kultur behält. Wir treffen häufig Künstler, die nicht mehr in ihrer Landessprache singen, weil diese sehr selten ist und sie aus Marketinggründen dann auf Englisch umstellen. Wir haben aber das Gefühl, das Publikum wird immer offener auch für andere kulturelle Einflüsse.

Chris: Natürlich hilft Englisch und ist ein wichtiger Türöffner. Wir sind allerdings der Meinung, es ist ganz wichtig die eigene Kultur und Identität zu bewahren.

Bei euch ist natürlich der Vorteil, dass ihr zwar in eurer Landessprache singt aber gar nicht folkloristisch klingt. Ihr habt euren sehr rockigen Stil und den zieht ihr durch.

Chris: Ja das stimmt, bisher war Baskisch immer sehr stereotyp. Die Leute schätzen es, wenn es in einer anderen Form dargeboten wird, so wie wir es tun.

Wie seid ihr zur Musik gekommen, wie habt ihr angefangen?

Chris: Ich habe 2011 Josu, unseren Gitarristen, im „Fine Arts“ Studium getroffen. Wir haben viel über Musik gesprochen, da wir den gleichen Geschmack hatten. Er wollte eine Band mit seiner Schwester gründen und hat mich gefragt, ob ich dazu kommen mag. Anfänglich war ich noch etwas unsicher und schüchtern und wollte nicht so recht. Das erste Mal haben wir im Mai 2011 geprobt. Uns gibt es jetzt also genau sechs Jahre.

Wie alt wart ihr zu der Zeit, ihr seht noch so jung aus?

Chris: Ich bin 25 und war damals 19.

Lander: Ich bin 23 und bin ein Jahr später zu der Band dazu gekommen.

Chris: Wir haben ihn das erste Mal bei einem Musikwettbewerb gesehen, den er gewonnen hatte. Er war so nervös und so glücklich. Es gibt noch Videos davon, da strahlt er über das ganze Gesicht. Da haben wir beschlossen zusammen zu spielen. Unser erster gemeinsamer Gig war in Bilbao. Das war unglaublich aufregend. Seitdem spielen wir zusammen und haben uns nach und nach mit Konzerten unseren Erfolg erarbeitet. Wenn die Leute jetzt denken, wir erobern die Welt, sagen wir immer, wir wissen wie groß diese Welt ist und wie klein der Platz ist, den wir einnehmen. In Spanien sind wir recht bekannt, außerhalb ist es für uns aber immer noch harte Arbeit. Wenn da nur fünf Leute sind, müssen wir es jedes Mal aufs Neue schaffen, dass sie uns ein bisschen lieben.

Dafür sind Festivals wie das Priamvera Sound super geeignet mit einem großen internationalen Publikum.

Ja, hoffentlich entdecken uns ein paar neue Leute. Als wir die Tour in UK gemacht haben, haben auch viele im Publikum erzählt, dass sie zu den Festivals kommen werden, das ist toll.

Ist das nicht super, wenn man so unterschiedliche Shows spielen kann – die großen Festivals oder Shows in Spanien mit vielen Fans und dann wieder ganz kleine Shows?

Chris: Es ist eine gute Balance für eine Band. Festivals helfen einem mit den Füssen auf dem Boden zu bleiben.

Was ist schwerer zu spielen. Festivals oder Clubs?

Chris: Festivals sind wesentlich schwerer. Da ist immer so eine Distanz zum Publikum und die Bühne ist so hoch. In einem Club fühlt es sich nah an, selbst wenn es nur vier Leute da sind.

Lander: Ja, wir mögen die Intimität, nicht nur weil das Publikum wegen dir kommt, es ist wirklich die Nähe.

Was war bisher eure verrückteste Konzerterfahrung?

Lander: Das war sicherlich in Berlin die „Rote Insel“. Dort gab es sogar draußen eine Feuerstelle, es war so besonders. Selbst wenn wir nicht dort spielen, würden wir sicherlich wieder dort hingehen.

Dann kommen wir mit!

(alle lachen) Lander: Ja macht das, das wäre super. Es ist aber auch immer sehr aufregend, wenn wir zu Hause spielen. Dann sind wir noch aufgeregter als zum Beispiel heute beim Primavera.

Wirklich?

Chris: Ja, absolut. Da sind dann all unsere Freunde und Verwandte. Wir wollen ihnen beweisen, dass wir das alles verdient haben.

Das ist ja interessant, da würde man denken, in einer vertrauten Umgebung ist man viel entspannter.

Chris: Wenn es erst mal gut läuft ist man entspannter als woanders, da man von seinen Freunden umgeben ist. Man möchte aber einfach niemanden enttäuschen. Wir wollen da wirklich unser Bestes geben.

Ihr habt gesagt, ihr habt zusammengefunden, da ihr einen ähnlichen Musikgeschmack habt. Ihr hört euch ein bisschen nach 80er an, nach Punk, Wave. Wo habt ihr diese Einflüsse her? Das ist ja nicht gerade die Musik eurer Generation?

Lander: Das kommt von unseren Eltern und unseren Familien.

Chris: Meine ältere Schwester hat mir immer Mixtapes gemacht. Ich glaube auch, dass unsere Generation etwas nostalgisch ist. Durch das Internet hat man zu allem Zugang und kann die Musik aus anderen Zeiten wertschätzen. Die Musik war damals recht revolutionär. Auch was Kleidung angeht, ist unsere Generation etwas nostalgisch und trägt zum Beispiel viel Vintage.

Das ist sehr interessant. Als wir in den 80ern groß geworden sind, war alles sehr zukunftsorientiert.

Chirs: Daher ist eure Generation erstaunt, wenn wir Bands wie New Order hören. Wir haben aber viele Einflüsse – klassische Musik, Rock, wir hören selbst konventionelle Pop-Musik.

Was ja an sich gut, ist. Im Pop kann man sehr gut ganz solides Songschreiben lernen.

Lander: Ja, das versuchen wir uns auch abzuschauen. Die Medien haben von Anfang an gesagt wir klingen wie Englischer Post-Punk, aber wir haben so viele unterschiedliche Einflüsse.

Chris: Unser Gitarrist ist auch unser Produzent. Er liebt es, sich Platten anzuhören und auszutüfteln, wie die Musik aufgenommen wurde. Das kann eine Platte von den Strokes sein, Arcade Fire oder auch den Flaming Lips.

Das heißt die Nostalgie die ihr beschreibt, manifestiert sich auch in der Art wie ihr eine Platte aufnehmt?

Lander: Ja, die letzte Platte haben wir komplett analog aufgenommen.

Chris: Unser Soundingenieur hat ein System, mit dem man Analog aufnehmen kann. So sind wir dazu gekommen.

Das ist interessant, man bekommt das Gefühl, je mehr die Technik alles möglich macht, desto mehr geht man zu alten Techniken zurück.

Chris: Wir mischen beides – alt und neu. Wir haben uns als Band nicht einer Technik verschrieben. Wir sind offen und schauen, was am besten passt.

Lander: Wir versuchen uns nicht zu sehr diktieren zu lassen, was die Musikindustrie vorgibt. Wir versuchen unseren eigenen Stil zu entwickeln und machen immer das, was uns Spaß macht.

Nehmt ihr gerade ein neues Album auf?

Chris: Ja, wir nehmen gerade unser drittes Album auf. Wir haben schon einen Song veröffentlicht und bringen das Album dann im November raus.

Spielt ihr dann mit dem neuen Album auch noch mehr Shows?

Chris: Ja, wir planen auch im November wieder nach Deutschland zu kommen.

Lander: Vorher sind wir auch noch in Japan und Mexiko.

Wow, das klingt fantastisch. Dann wüschen wir euch viel Erfolg für all eure Pläne und vielleicht sehen wir uns dann in Berlin!

Interview: Kate Rock & Gabi Rudolph
Fotos: Kate Rock
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