Marlon Roudette im Interview

Einen Tag vor dem Release seines zweiten Solo-Albums „Electric Soul“ treffe ich einen gut gelaunten Marlon Roudette in Berlin. Die Single-Auskopplung „When The Beat Drops Out“ steht seit 2 Wochen an der Spitze der deutschen Charts und erweist sich als perfekter Sommer-Song. Mit Hilfe der Produzenten Tim Bran und Roy Kerr und Co-Komponisten wie Jamie Hartman und Stuart Matthewman konnte Marlon seine genauen Vorstellungen bei der Arbeit am Album umsetzen. Die Themen sind positiver als auf seinem Debütalbum „Matter Fixed“, womit ihm 2011 der Durchbruch als Solokünstler nach der Trennung seiner Band „Mattafix“ gelang. Drei Jahre später kommt nun der Nachfolger. Entspannt erzählt Marlon uns von seinem neuen Album und davon, was alles in der Zwischenzeit passiert ist.

Marlon, morgen kommt dein Album in Deutschland raus!

Ja, das ist total aufregend. Ihr hier in Deutschland bekommt es sogar vor allen anderen.

Und deine Single hat es schon auf Platz 1 geschafft, Herzlichen Glückwunsch.

Danke! Schon die zweite Woche ist es dort, das ist sehr cool. Es ist meine dritte Nummer 1 in Deutschland. Ihr scheint mich zu lieben! Und ich liebe euch zurück. Die Fans hier sind sehr treu. Ich arbeite immer echt hart, wenn ich hier bin und mache totale Oldschool-Promotion: ab in den Van, zu so vielen Orten und Radiostationen wie möglich. Dieser melancholische Pop scheint hier sehr gut anzukommen. Klar mag jeder einen guten, mitreißenden Popsong, aber besonders Songs mit einer unterschwelligen Traurigkeit und speziellen Bedeutung sind die, die hier besonders lange geschätzt werden.

So etwas scheint bei deinen Liedern tatsächlich oft durchzuschimmern.

Ja, die Songs, die ich schreibe, haben oft diesen Vibe, auch wenn ich es gar nicht darauf abgesehen habe.

Was steckt hinter dem Hit-Song „When The Beat Drops Out“?

Die Frage: Was passiert, wenn die Musik stoppt, der Erfolg weg ist, wer wird dann für dich da sein….

Dein letztes Album ist schon fast drei Jahre her. Was ist in der Zeit passiert, was zu deinem neuen Album „Electric Soul“ geführt hat und dich inspiriert hat?

Das Album ist eine Sammlung von Gedanken und Gefühlen aus den letzten zwei, drei Jahren. So viele Leute fragen mich, wieso ich so lange gebraucht habe, aber ich denke, dass es wichtig ist sich Zeit zu nehmen und Dinge zu erleben, um die dann eben vernünftig zu verarbeiten. Persönlich und auch in der Musik. Ich habe viel über die Vergangenheit reflektiert, die Geschichten, die passiert sind. Das letzte Album hat mir zum Beispiel echt den Arsch gerettet. Bis „New Age“ rauskam, sah alles ziemlich schwierig aus und ich dachte, das war’s. Dann hatte ich viel mit meiner Familie zu tun. Viele Beziehungen zu kreativen Menschen sind entstanden, die Prozesse in mir angeregt haben. Zurückblickend hat die Arbeit an diesem Album am meisten Spaß gemacht und war auch einfacher als alles zuvor. Natürlich kommt das auch durch die Ressourcen, die mir zur Verfügung standen. Das habe ich dem Erfolg zu verdanken. So sehr man nicht will, dass es um Geld geht, hier kommt es einem doch zugute. Diesmal hatte ich zum Beispiel Zugang zu hervorragenden Produzenten. Aufgenommen wurde es im „State Of The Ark“-Studio von Terry Britten, der „What’s Love Got To Do With It“ geschrieben hat. Das Mischpult kam aus dem berühmten Abbey Road Studio.

Und eine große Sache ist noch passiert in den letzten Jahren….

Das stimmt! Ich bin Vater geworden. Und ich bin so stolz auf meinen kleinen Sohn. Ray! Er ist ein Jahr alt und die Liebe meines Lebens. Ein gesunder, glücklicher, immer grinsender kleiner Mann. Im Moment ist es schwer ihn nicht so oft zu sehen, denn ich bin 24/7 unterwegs, aber ich freue mich schon jetzt darauf ihn bald wiederzusehen.

Du vermischst gerne alle möglichen Genres: Hip Hop, Rap, R&B, Reggae, Dancehall, Jazz, Pop… Dein neues Album heißt „Electric Soul“. Wie viel ist davon drin?

Viele der Songs sind ’soulful‘ auf der Art und Weise, in der sie geschrieben worden sind. Viele elektronische Elemente wurden hinzugefügt und wir haben viel mit der Kombination von Live-Instrumenten experimentiert. Deswegen fand ich, dass dieser Name einfach passt.

Gebürtig bist du Engländer, aber du hast ja eine sehr starke Verbindung zu der Karibik, wo du aufgewachsen bist und der Einfluss ist dir sehr wichtig. Obwohl die Zeit dort schon lange her ist, was davon steckt immer in deinem Herzen?

Als erstes fällt mir der kulinarische Bezug ein. Ich ernähre mich sehr karibisch. Ich koche viel, Fischeintopf, Reis und Bohnen, Süßkartoffeln, und so weiter. Was die Musik angeht, ist mir Reggae sehr wichtig. Daran orientiere ich mich immer wieder, auch wenn mein Geschmack für Musik eigentlich in alle möglichen Richtungen geht. Der Brite in mir trinkt allerdings sehr viel English Tea. (lacht) Mittlerweile bin ich seit 14 Jahren wieder in England. Das hört man doch an meinem Akzent, oder? Very London…

Du bist schon eine ganze Weile in der Musikindustrie unterwegs. Erst mit deiner Band Mattafix, dann als Soloartist. So viel ist passiert…

Ja und dadurch bin ich so viel ruhiger geworden. Besonders, wenn Dinge schief gehen. Bei diesen verrückten Moment im Studio, in denen du dein komplettes Selbstbewusstsein verlierst und schon lange keinen Breakthrough hattest und auf einmal das ganze Album anzweifelst.

Fühlst du dich da unter Druck gesetzt?

Manchmal schon von mir selber. Ich schreibe gerne Hits, das kann man so sagen. Aber da ist eben dieser innere Konflikt, also ob man sich dann verkauft. So ein Catch-22 Problem. Damit komme ich aber immer besser zurecht. Ein Teil von mir spielt gerne Geschäftsmann und verdient gerne Geld, aber manchmal denke ich dann auch, shit, ist der Song nicht zu kitschig, oder so.

Die Herausforderung ist sicher beides zu kombinieren. Dein musikalisches Ziel nicht aus den Augen lassen und dabei den Markt anpeilen.

Ja, genau! Ich gehe ja auch nicht ins Studio und nehme mir vor: Oh, heute schreibe ich mal einen Hit. Das würde eh nicht funktionieren. Aber natürlich denke ich daran, dass ich möglichst viele Leute an meiner Musik teilhaben lassen möchte. Dafür schäme ich mich nicht.

Deine Band Mattafix… Der Name heißt soviel wie „Problem gelöst“. Dein erstes Solo-Album heißt „Matter Fixed“. Das Wortspiel gefällt mir. Du scheinst Probleme lösen zu wollen. Wo ist das jetzt geblieben?

(Gelächter) Es gibt doch immer Probleme, die gelöst werden müssen! Das ist ein kontinuierlicher Prozess, a never-ending story….. Erst hatte ich sogar überlegt das wieder in den Albumtitel einzubringen. Matter fixed… Matter still to be fixed, Matter will be fixed….

The matter will never be fixed!

Fix the matter! Still not sure if it is fixed…. Ha, da hätte es so viel gegeben. Aber irgendwie passte es mir dann nicht. Ich bin immer noch stolz auf Mattafix, die Band. So hatte ich ja auch überhaupt die Möglichkeit mich später als Solokünstler zu etablieren. Dafür werde ich ewig dankbar sein.

Du hast eine neue Stimmlage entdeckt! Was das für ein Gefühl sein muss. Als Sänger eine neue Stimmlage zu erreichen, die vorher nicht da war.

Ich habe tatsächlich eine tiefere Stimmlage entdeckt. Das kommt bestimmt vom Alter. Es entstand auch irgendwie aus der Notwendigkeit heraus. Ich wollte, dass ein bestimmter Song so klingt und habe versucht das zu erreichen. Das war echt cool.

Klingt dein neues Album dadurch also irgendwie anders?

Nicht nur wegen der Stimme. Das ist eine Kombination von allem. „When The Beat Drops Out“ ist ein bisschen Uptempo, aber es gibt auch viele langsame Stimmungslieder. Teil des Albums habe ich hier in Berlin aufgenommen. Hier habe ich auch viel geschrieben.

Hat dich die Stadt inspiriert?

Zu vielen verschiedenen Stimmungen. Berlin fand ich schon immer inspirierend. Die Geschichte. Die Leute. Die Tatsache, dass es eine der bezahlbarsten Städte in Europa ist. So viele kreative Leute kommen hier zusammen. Es ist eine super trendy Stadt. Den Berlinern ist alles scheißegal. Ob du berühmt bist, oder erfolgreich. Das würde wahrscheinlich sogar nicht so gern gesehen werden. Anti Alles. Irgendwie mag ich das. So eine „Get on with it“-Einstellung.

Welches Szenario würdest du als die perfekte Situation für das Hören deines Albums bezeichnen. Wann sollte man es hören? Und wo?

Auf der Autobahn! Die ist perfekt. Schnell und sicher und smooth. Such dir irgendeinen Ort aus. „Electric Soul“ ist sehr visuell. Mit einer besonderen Stimmung. Also, ich würde sagen: Take a drive with it!

www.marlonroudette.com

Interview: Christina Heckmann
Foto © Danny North