Liebes Tagebuch…

Gabi RudolphErst David Bowie, dann Prince, Leonard Cohen und jetzt ist auch noch Sharon Jones gestorben. Ich meine, Sharon Jones! Das macht doch langsam keinen Spaß mehr. Irgendwie trifft es mich immer besonders hart wenn jemand gehen muss, der vordergründig mit so viel Kraft und Energie im Leben gestanden hat wie sie. Hast du diese Frau je singen und tanzen gesehen? Man kann sich kaum vorstellen, dass sie überhaupt irgendetwas umhauen kann. Krebs ist und bleibt eine Schlampe, die am Ende leider meistens doch gewinnt. Und die holt sich wen sie will.
Ich bin wirklich alles andere als ein pessimistischer Mensch, immer bemüht, meine Freude im hier und jetzt zu finden. Aber wenn man sich ansieht wer dieses Jahr schon alles gehen musste und im Vergleich dazu was gerade in der Welt so alles abgeht, da fragt man sich doch, ob es da oben, wo immer das auch sein mag, inzwischen nicht vielleicht doch lustiger zugeht als bei uns.

Ich bin auch nicht wirklich ein politisch interessierter Mensch. Oft ärgere ich mich darüber, dass mir dieses Interessensgen so völlig abzugehen scheint. Aber das was gerade passiert, um darüber fassungslos zu sein, muss man auch nicht wirklich politisch interessiert sein. Dazu reicht schon eine durchschnittliche Portion gesunder Menschenverstand. Und ich habe auch überhaupt keine Lust, wofür in letzter Zeit des öfteren plädiert wird, abzuwarten, ob das in Amerika alles vielleicht doch nicht so schlimm wird wie man im ersten Moment befürchtet. Egal wie es wird, egal was passiert: ich finde Donald Trump zum Kotzen. Ich kann einen Mann nur verachten, der öffentlich mit der sexuellen Belästigung von Frauen prahlt und als Reaktion auf entsprechende Anschuldigungen mit Beleidigungen kontert. Ich könnte jetzt noch weiter all seine ohnehin bekannten Verfehlungen auflisten, aber Fakt ist letztendlich: Amerika hat sich den wohl am miesesten qualifizierten Kandidaten für das Amt des Präsidenten ausgesucht, den man hinter dem letzten Stein hervorpulen konnte. Da könnte man jetzt vielleicht drollig amüsiert drauf gucken und Däumchen drehend abwarten, wie Trump das wohl hinkriegen will, aber nach all dem Mist, den er in all den Jahren von sich gegeben und fabriziert hat, sehe ich einfach nicht, womit er diese Chance verdient hätte.
Karl Ove Knausgard schreibt in einem seiner Essays über Hitler und Anders Breivik, dass die gefährlichsten Männer der Geschichte immer die waren, die leicht gekränkt sind. Ein Mann in einem der höchsten Ämter der Welt, der sich von einem Saturday Night Live Sketch gekränkt fühlt und das auch noch offen zugibt? Der seit seiner Wahl über seinen geliebten Twitter Account noch nichts inhaltlich vernünftiges von sich gegeben hat, dafür aber über Tage hinweg wie ein beleidigtes Kleinkind darüber gejammert hat, dass man ihm den Wahlsieg nicht gönnt? Ich finde das nicht witzig. Mir macht diese Haltung Angst. Wie völlig verschoben seine Sicht der Dinge ist offenbarte Trump am Wochenende wieder, als er die Ansprache des „Hamilton“ Musical Darstellers Brandon Dixon an den Vice-President-Elect Mike Pence als Beleidigung hinstellte und öffentlich eine Entschuldigung forderte. Und, wie eigentlich immer, wenn ihm die Argumente ausgehen (vorausgesetzt er hat überhaupt welche), selbst mit Beleidigungen reagierte. So sei das erfolgreiche „Hamilton“ Musical letztendlich völlig überschätzt. Ein kulturell minderbemitteltes Cry-Baby for President? Gib mir ein Erdloch zum Verkriechen, ich ertrage es nicht länger.

Die Welt hat dieses Jahr einfach zu viele Persönlichkeiten verloren, die sie durch ihre pure Existenz zu einem besseren Ort gemacht haben. Heute auf den Tag ist es genau sieben Monate her, dass Prince gestorben ist und ich kann nicht wirklich behaupten, dass mein Kummer darüber sich inzwischen relativiert hat. Im Gegenteil, es kommt immer noch nach und nach bei mir an, was für ein Verlust sein Tod für uns alle wirklich war. Das ist nicht nur meine große Jugendliebe, die da gehen musste, sondern auch ein Mensch, der sehr viel Gutes getan hat. Der das Leben von vielen, vielen Menschen zum Positiven verändert hat. Durch seine Musik, aber auch durch eine Vielzahl guter Taten, die er alle ganz im Verborgenen geleistet hat. Weil diese Dinge viel mehr Wert haben, wenn sie nicht an Anerkennung gekoppelt sind. „Stop looking for credit. We’re supposed to take care of each other“, so formulierte er es selber. Deshalb denke ich, es ist wirklich wichtig, dass man sich den kleinen Dokumentarfilm ansieht, der ein wenig Prince‘ wohltätiges Schaffen ganz abseits seines Ruhms beleuchtet (er lässt sich nicht einbetten, deshalb bitte hier dem Link folgen ) Wir müssen lernen, dass jeder für sich die Dinge in der Hand hat und in der Lage ist, die Welt ein klein wenig besser zu machen.
Und liebe Künstler: macht genau so weiter wie in den letzten Wochen. Lasst euch den Mund nicht verbieten. Nutzt eure Bekanntheit, eure Kunst und eure Stimme um die Welt wissen zu lassen, dass man sich nicht mit allem zufrieden geben muss, was einem vorgesetzt wird. Das schafft selbst ein so unpolitischer Mensch wie ich. Und merkt dabei: es tut verdammt gut.

Deine Gabi