Jack White, Berlin Tempodrom, 26.06.2012

Ach, Jack. Zugegeben, es fällt mir schwer, über diesen Konzertabend zu berichten, ohne sentimental zu werden. Schließlich ist es ziemlich genau zehn Jahre her, dass ich Dich und Meg als The White Stripes im ausverkauften Hamburger Logo gesehen habe – vor ungefähr 400 Leuten. Spätestens seit dem Charterfolg deines Soloalbums „Blunderbuss“ und nicht zuletzt seit dem Konzertabend, um den es hier gehen soll, ist es offensichtlich, dass Du auf den großen Bühnen der Welt angekommen bist. Auch jenseits der Festivalshows, die Du mit all Deinen Bands – den White Stripes, den Raconteurs und The Dead Weather –  bereits gespielt hast.

Ob Du Dich manchmal zurücksehnst zu den Anfängen, in die schwitzigen Clubs ohne Graben, wie damals eben im Logo, als wir uns in der ersten Reihe beim Tanzen noch die Knie am Bühnenrand aufschlugen? Das Bühnenkonzept Deiner aktuellen Show lässt es fast vermuten. Ganz schön schick, mit den zum Markenzeichen gewordenen drei Balken im Hintergrund und der düster blauen Lichtstimmung, aber auch ganz schön ungünstig für zahlreiche Randsteher, die große Bühne durch eine quadratische Begrenzung auf Clubformat zu trimmen. Bekamen wir so von deinem Schlagzeuger doch eigentlich nur die Rückansicht präsentiert.

Ach ja, Deine Band! Ein richtiger Tausendsassa bist Du mit den Jahren geworden. Aktuell gehst Du nicht mit einer, sondern gleich mit zwei kompletten Bands auf Tour, und wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, wissen alle Beteiligten bis kurz vor Beginn nicht, wer diesmal an der Reihe ist. Bei uns war es die Jungs-Formation, die, ganz ohne Frage, ihren Job verdammt gut macht. Aber ganz ehrlich: ein klein wenig mehr hätten wir uns gefreut, Dich in Begleitung dieser unglaublich gut aussehenden Damen zu sehen, eine attraktiver und begabter als die andere. Wie Du das immer machst! Eins müssen sie jedoch alle miteinander sein: spontan, denn von Setlisten hast Du noch nie viel gehalten.

Die Setlist – dass ich das noch einmal erleben durfte! Neben den Songs aus Deinem aktuellen Album bist Du mit uns auf einen umfassenden Ritt durch dein musikalisches Schaffen gegangen. Songs wie „Hotel Yorba“ oder „We’re Going To Be Friends“ noch einmal live zu hören, das ist wie lang verschollen gewesene Freunde wieder zu treffen (Liebe Leser, schlagt mich nicht, schließlich habe ich mich schon im ersten Absatz für eventuell aufkommende Sentimentalität entschuldigt!). Aber: wie das manchmal so ist, beim Wiedersehen mit alten Freunden – ein bisschen seltsam ist es mitunter auch. Irgendwie fehlt es dann doch ein wenig, Megs rumpelndes Schlagzeug. Ach Jack, nimm es mir nicht krumm, gefreut habe ich mich trotzdem. Aber mindestens genauso über die Darbietung unbekannterer Perlen, wie zum Beispiel der Danger Mouse Kooperation „Two Against One“. Oder „Blunderbuss“, das Titelstück Deines aktuellen Albums. Wenn Du ganz vorne am Bühnenrand stehst und Deine Stimme vor Verletzlichkeit beim Singen bricht – da brechen sie reihenweise, die vorzugsweise weiblichen Herzen in den ersten Reihen.

Na gut, meine Begleitung holt mich im entscheidenden Moment wieder auf den Boden, indem sie mir mit aufgeblasenen Backen demonstriert, dass Du ein paar Pfunde zugelegt hast mit den Jahren. Dafür trägst Du bessere Schuhe als früher, das gleicht es wieder aus.

Auch dass Du von überzogen langen Zugaben nicht viel hältst, wissen wir inzwischen. Also noch einmal „Seven Nation Army“ aus der Kiste geholt, Licht an und gute Nacht. Egal. Für ein verstrahltes Lächeln und schmerzende Knochen am nächsten Tag reicht es allemal. Nennt man das jetzt einen Jacklag?

Wie auch immer, wir sehen uns wieder. Wo, mit welcher Band und vor wie vielen Zuschauern bleibt erst mal offen. Anyway, thank you, Jack!

War dabei: Gabi Rudolph

Fotos (c) Jo McCaughey