Interview mit Tim Wheeler von Ash

ash_kablammoAufgekratzt, mit einem herzlichen Lächeln kommt mir Tim Wheeler, Frontman von Ash entgegen. Er freut sich sichtlich darüber, über das neue Album der Band „Kablammo!“, zu plaudern. Nach fast acht Jahren haben sich Ash wieder im Studio zusammen gefunden, um an ihre alten Erfolge anzuknüpfen. Obwohl Tim Wheeler mittlerweile in New York lebt, hat er seinen symphatischen irischen Accent nicht verloren.

Ich habe auf Instagram gesehen, dass ihr gerade aus China zurück kommst, was habt ihr dort gemacht? Urlaub oder Arbeit?

Stimmt, wir sind am Sonntag aus Peking zurückgekommen. Dort haben wir jetzt schon zum zweiten Mal auf einem Festival gespielt. Es war lustige, wir waren die einzige westliche Band.

Wie ist es dort zu spielen? Die Asiaten gelten ja eher als zurück haltend. Wie ist das bei Konzerten, geht das Publikum so richtig mit?

Ja, nach einer Weile haben wir das Publikum in Schwung gebracht. Es hat schon einen Moment gebraucht, bis man sich aneinander gewöhnt hat. Aber dann hat‘s richtig gerockt, da gab es dann sogar einen richtigen Moshpit.

Wow, ich kann mir wirklich schwer einen chinesischen Moshpit vorstellen.

(lacht) Das lustige war, es haben nicht nur die Kids mitgemacht. Da haben sich echt alle Altersklassen rein geschmissen. Und es hat dazu auch noch geregnet. Wie das oft so ist auf Festivals.

Lass uns zu Deinem neuen Album kommen. Du musst mir allerdings erst mal erklären, was „Kablammo“ heißt und wie man das ausspricht.

(lacht) Eigentlich genau so wie Du es liest aber Du hast Recht, es ist kein richtiges Wort. Es heißt so viel wie „Boom!“. Es ist aber gut, dass es scheinbar Leute verwirrt. So stolpert man darüber und fängt an darüber zu sprechen.

Wie seid ihr darauf gekommen? Es hört sich sehr comichaft an und auch das Cover sieht aus wie aus einem Comic.

Richtig. Es soll so was wie eine Explosion sein. Eine akustische Beschreibung für das Album. Die Songs sind sehr explosiv und stecken voller Energie und wir hatten eine Menge Spaß beim Aufnehmen. Ein bisschen wie in Batman wenn er jemanden eine Reinhaut und es dieses Punsch-Geräusch gibt.

Was hat Euch nach der langen Zeit wieder dazu bewegt, ein neues Album zu machen? Ihr hatte ja immerhin mal gesagt, ihr werdet keine Alben mehr machen.

Ja, das stimmt. Das war in der Zeit, als man das Gefühl hatte, die Zeit der Alben ist vorbei. Es werden nur noch einzelne Songs runter geladen und Playlisten aus einzelnen Songs sind das neue Ding. Da haben wir dann 26 Singles in einem Jahr gemacht.

Die A-Z Serie, richtig?

Ganz genau. Damals hatten wir das Gefühl, wir müssten mal aus der Routine des Album machen raus. Nach einer Zeit haben wir uns dann wieder in das Format Album verliebt. Das liegt auch ein bisschen daran, dass Vinyl wieder so auf dem Vormarsch ist. Irgendwie ist dieses Format noch lange nicht tot, wir haben einfach zu der Zeit falsch gelegen. Wir haben uns schon überlegt, was passiert wenn wir plötzlich wieder ein Album machen, nachdem wir gesagt haben, wir machen nie wieder eins. Aber hoffentlich nimmt uns das keiner übel.

Ihr seid ja sogar noch weiter in die Vergangenheit zurückgegangen und habt eine Special Edition an Kassetten aufgelegt. Wie kam es denn dazu?

Einer meiner Freunde hat ein Label, die nur Kassetten machen. Damit ist er sogar richtig erfolgreich. Und es gibt ja mittlerweile nicht nur den Record Store Day, sondern auch eine spaßige Version, den Cassette Store Day. Mein Freund hat mich gefragt ob wir mitmachen wollen, da haben wir ausgewählte Highlights der A – Z Serie aufgelegt. Das ist richtig gut gelaufen.

Ich finde das großartig. Für mich hat die Kassette wirklich etwas ganz spezielles. Früher haben wir unter guten Freunden oft Mix-Tapes gemacht. Das war dann immer mit viel Liebe und irgendwie was ganz besonderes.

Ja, das war doch was ganz großartiges. Und der Aufwand der immer hinter so einem Tape gesteckt hat. Das tolle ist auch, man muss immer eine Seite komplett durchhören, bevor man auf die nächste Seite umdrehen kann. Hast Du Dir dann auch immer die Songs angehört, nach einer tieferen Bedeutung gesucht und was Dir damit jemand vielleicht sagen will?

Na klar! (Gelächter) Wie hat es sich für euch angefühlt, das Album zu machen? Ich hatte direkt Erinnerungen an die 90er. Damals bin ich immer mit meinen Freunden Snowboarden gegangen, da hat Eure Musik irgendwie dazu gehört.

Wirklich? Das ist ja fantastisch, dass du diese Assoziationen hast. Das haben wir auch ein bisschen beabsichtigt. Wie wir mit dem Album angefangen haben, habe ich mir erst mal unsere alten Platten angehört und habe versucht herauszufinden, welche Songs richtig gut waren und warum. Wir wollten die besten Elemente aus unserer Vergangenheit herausfiltern. Das war ganz schön anstrengend, da man ja eigentlich immer versucht vorwärtsgerichtet zu sein. Aber zu verstehen, was einen Ash Song so richtig gut macht, war uns wichtig. Es war unsere explizite Absicht, dass wir wie Ash klingen (lacht). Wir wollten einfach starke Songs machen, mit denen wir uns wohl fühlen. Wir experimentieren manchmal auch gerne aber dieses Mal wollten wir einfach Songs machen, die geradeheraus sind und die dann live spielen, ohne dass wir uns zu viel über den Stil Gedanken machen.

Ich finde das klasse, dass sich euer neues Album so typisch nach Ash anhört. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Künstler ihre Vergangenheit verleugnen. Sie spielen keine alten Songs mehr und wollen nur noch experimentell oder intellektuell neu sein. Ich finde euch ist es gelungen Euren typischen Sound beizubehalten ohne dabei old school zu klingen.

Puhh…. da haben wir wohl was richtig gemacht (lacht). Es soll sich auf jeden Fall, trotz unseren typischen Sounds, frisch anhören. Das war auch die Herausforderung, dass wir diese Balance hinbekommen. Weißt Du, es ist schon toll zu wissen, wenn wir zusammen als Band in einen Raum gehen, dass sich niemand wie wir anhört. Wir haben einfach unser eigenes Ding und darauf sind wir auch stolz. Unser letzter Manager war total darauf erpicht, dass wir uns weiter entwickeln und verändern. Das hat mich dann echt irgendwann genervt denn ich mochte uns immer so wie wir waren.

Obwohl ich das Gefühl hatte, zwei bis drei Songs auf „Kablammo“ hören sich ein bisschen an, wie Songs auf Deinem Solo-Album, etwas ruhiger und melancholischer.

Ja, zum Beispiel „Moondust“ und „For Eternity“, die habe ich am Klavier geschrieben. Da gibt es auf jeden Fall einen Link.

Hat sich durch Deine eigene Platte die Art und Weise verändert wie Du Songs schreibst?

Mein Solo Platte war sehr persönlich Durch den Tod meines Vaters. Das war für mich wie eine Katharsis, ich musste das aus mir raus bekommen. So konnte ich mich dann auch wieder voll und ganz Ash widmen und was ganz Neues machen. „Cocoon“ ist der einzige Song, der inhaltlich wirklich einen Bezug hat. Im wahrsten Sinne des Wortes geht es darum wieder aus seinem Kokon heraus zu kommen. Ich mag diese Wiederauferstehung, nachdem man sich verkrochen hat. Deshalb wollte ich mit Ash auch ein richtiges Gitarrenalbum machen, was das zum Ausdruck bringt. Die Herausforderung war wieder zu einer Einfachheit zurück zu finden. „Lost Domain“ war wesentlich komplexer. Deshalb habe ich ein paar Songs auch auf der Ukulele geschrieben. Es zwingt Dich alles auf das Wesentliche zu reduzieren. Es ist ganz cool, wenn man sich selbst so eine Restriktion auferlegt. Das ist auch etwas, was unsere alten Songs ausgemacht hat. Dieses Pure, Einfache.

Ash_Kablammo2Zeitlich liegen das neue Ash Album und „Lost Domains“ sehr nah beieinander. War es schwer für Dich den Switch zwischen den Stilen zu machen?

Es hat über ein Jahr gedauert, zwischen dem Schreiben und der Veröffentlichung der Platte. Ich habe diesen Schwebezustand genutzt, um an den neuen Ash Stücken zu schreiben. Ich war ein bisschen kreativ frustriert. Ich war so stolz auf „Lost Domain“ und dann sitzt man da und wartet, bis es endlich veröffentlicht wird. Man möchte den Prozess dann auch mal beenden und die Anerkennung bekommen, für etwas auf das man so stolz ist. Anfangs war es etwas frustrierend in so einem Zustand zu schreiben. Aber sobald wir wieder zusammen im Studio waren, hat es sich eigentlich von selbst entwickelt und wir haben schnell den gemeinsamen Flow gefunden.

Die Energie der Band ist also sehr wichtig für den Entstehungsprozess eines Albums?

Ja, absolut. Wir können uns fast blind aufeinander verlassen. Wir kennen uns einfach so lange, da klickt es sofort zwischen uns. Es scheint fast, als können wir aus dem Nichts etwas entstehen lassen. Wir haben sehr viel Respekt füreinander und wissen, was wir von einander erwarten können. Wir sind ein richtiges Team und vertrauen uns fast wie Brüder. Bands gehen entweder in die eine Richtung und verstreiten sich total oder es wird mit der Zeit immer besser miteinander.

Ja, wenn man die Gallaghers sieht, das ist doch schrecklich, wie sie sich über die Medien streiten, statt einfach wieder zusammen geniale Musik zu machen.

Da hast du so Recht. Das ist echt traurig und dabei sind das wirklich Brüder. Ich habe mir ja früher immer gewünscht, dass mein kleiner Bruder auch bei Ash mit macht. Dann dachte ich mir vielleicht ist das doch keine so gute Idee. Ein Freund von mir, der in der Irischen Band The Frank and Walters spielt, hat mir erzählt, wie sehr er sich in der Band mit seinem Bruder verkracht hat. Jetzt hassen sie sich regelrecht. Und dann dachte ich mir Mist, das scheint nicht gut zu klappen, wenn Brüder zusammen spielen… The Kinks, Oasis,…

Es gibt aber auch zum Glück positive Beispiele. Bei den Butler Brüdern von Arcade Fire scheint es ganz gut zu klappen.

Oh, ich liebe Arcade Fire. Siehst Du es gibt doch positive Beispiele, was ein Glück. Vielleicht klappt das bei denen auch so gut, da jeder noch seine Solo Sachen macht.

Stand das denn mal zur Diskussion, dass dein Bruder mit in die Band kommt? Macht er auch Musik?

Nein, er ist Architekt. Er hat zwar mit dem Gitarre spielen angefangen, wie es bei mir richtig los ging und hat sogar eine Band gegründet aber er ist leider nicht dran geblieben. Total schade, sonst hätte ich ihn noch zu Ash geholt (lacht). Er ist einer der ersten Menschen, die ich nach ihrer Meinung frage, wenn ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich gut ist. Ich schätze seinen Input sehr. Er hat mich also so oder so beeinflusst, da er immer irgendwie ein Teil des Prozesses war.

Schön, wenn man das über seinen Bruder sagen kann. Aber Feedback scheint Dir ja im Allgemeinen wichtig zu sein. Ich habe gesehen, Ihr habt euer Album auf „Pledge Music“ gestellt. Das bedeutet ja auch eine Menge Interaktion mit den Fans.

Für uns war das ein super Weg schon früh im Prozess Unterstützung zu bekommen. Es kann wirklich helfen ein Projekt auf die Beine zu stellen. Man kann sich wesentlich besser aufs Platten machen konzentrieren, da man sich nicht mehr so sehr um die Finanzierung kümmern muss. Früher habe ich immer gewartet bis alles fix und fertig war, bis ich es irgendjemand gezeigt habe. Das war jetzt mal ganz spannend, Feedback schon im Vorfeld zu bekommen. Man bekommt ein bisschen eine andere Perspektive zu den Songs. Und es ist wirklich schön zu sehen, wie sich die Fans über die Dinge freuen, die man ihnen zurückgibt. Gerade letzte Woche habe ich vier Songs auf der Ukulele eingespielt, um sie an alle Leute als kleines Dankeschön zu geben, die für unsere Platte gepledged haben. Ich kann Dir sagen, es hat so Spaß gemacht, die Leute zu überraschen und zu sehen wie sie sich über so was freuen. Da weiß man wirklich, für was man Musik macht.

Das ist doch ein schönes Schlusswort. Danke für den Einblick in Eure neue Platte. Ich wünsche Euch ganz viel Erfolg und mega viel Spaß bei den Konzerten!

Interview: Kate Rock