Interview mit Public Service Broadcasting

PSB_Space_8321Public Service Broadcasting waren für uns eine der großen Überraschungen beim diesjährigen Hurricane Festival. Die zwei Londerner Elektro-Tüftler, die bei ihrem Auftritt von einer ganzen Band inklusive Bläser unterstützt wurden, haben uns am Samstag mit ihrer Show schwer beeindruckt. Nicht nur der Sound wurde live auf der Bühne gemixt, auch  Visual Artist Mr. B legte für die optische Untermalung live Hand an. Nach dem Konzert besuchte uns PSB Mastermind J. Willgoose Esquire zum Interview.

Ihr habt gestern Southside gespielt. Seid ihr in den Regen gekommen? Wir haben die ganzen Matsch-Bilder gesehen.

Ja, aber es war nicht so schlimm, es war zumindest kein Schlamm wie wir es in England gewohnt sind. Die Nacht zuvor hat es wohl stark geregnet.

Wir haben gerade Eure Show gesehen und waren wirklich beeindruckt.

Oh ja? Danke! Es hat auch super viel Spaß gemacht. Gestern war es etwas holprig, da wir ein paar technische Probleme hatten. Heute hat aber alles bestens funktioniert.

Das haben wir uns auch schon gefragt, wie ihr das hinbekommt. Das ist doch eine ziemlich komplexe Show, bei der so viele Dinge schief gehen können. Seid ihr nervös vor einem Auftritt?

Die Technik ist wirklich das Einzigste, warum ich manchmal nervös werde, weil wir davon so abhängig sind. Ich werde nicht nervös wegen dem Spielen an sich oder wenn wir vor vielen Leuten aufztreten. Es ist komisch, je mehr Leute im Publikum sind, desto einfach wird es sogar. Wir haben uns mit der Zeit aber verbessert. Als ich mit einer Solo Show angefangen habe, war alles noch etwas wackeliger. Jetzt funktionert es eigentlich meistens ganz gut.

Hattest Du da schon die Idee mit den Samples, als Du Solo angefangen hast?

Ja, zum Teil. Ich habe damals schon damit rum probiert. Ich habe zu Hause gebastelt – mehr um mich selbst ein bisschen zu unterhalten und zu sehen ob diese Art von Musik funktionert. Ich habe damals die Tür geöffnet, zu dem was wir heute machen. Über die letzten sechs Jahre hat sich alles sehr natürlich entwickelt.

Das ist ein einzigartiges Konzept, was ihr da habt.

Nein, nicht unbedingt. Viele haben schon das gemacht, was wir machen. Wir haben musikalisch nicht das Rad neu erfunden mit den Samples. Das ganze als Konzept ist vielleicht besonders.

Das stimmt. Bei Euch liegt das Konzept ja sogar schon im Namen.

Ja, und es fügt sich alles nahtlos ineinander wie in einer kleinen eigene Welt. Daher ist es schon anders was wir machen, aber vielleicht nicht einzigartig.

Wir haben gestern darüber gesprochen, dass bei so einem Konzept die Gefahr groß ist, dass es schnell verschroben wirken könnte. Dass es zu einer Kopfsache mutiert und die unterhaltsame Seite dabei verloren geht. Das ist aber bei Euch überhaupt nicht der Fall. Die Musik und die Visuals haben eine Leichtigkeit mit einer starken Idee dahinter, die es total unterhaltsam machen.

Vielen vielen Dank. Das ist toll zu hören. Das ist genau das was wir erreichen wollen. Das liegt wahrscheilich daran, dass wir auch schon etwas älter sind und auf vielen Konzerten und Festivals waren. Dadurch weiß man mit der Zeit ganz gut, was man mag und was nicht. Wie die Flaming Lips zum Beispiel – die bringen immer so viel Spaß in ihre Show ein. Genau so wie British Sea Power. Sie sind sehr ernsthaft bei dem was sie machen, bringen es aber in einer sehr gewinnenden und unterhaltsamen Art und Weise rüber. Wir stecken sehr viel Mühe in unsere Show, dass sie auch wirklich Spaß macht. Es ist schön zu hören, dass es auch so ankommt, obwohl die Show wahrscheinlich nicht für jeden etwas ist.

Du scheinst dabei auch sehr viel Spaß zu haben, das sieht man Dir an wenn Du zum Beispiel ein „Dankeschön“ samplest und dabei vorwitzig den Daumen hoch machst.

Das stimmt und vorwitzig ist wahrscheinlich ein gutes Wort dafür. Das liegt wohl daran, dass ich immer der jüngere Bruder war. Da will man immer die Aufmerksamkeit bekommen und macht Faxen.

Wir haben uns zudem gefragt, wie ihr die Songs angeht. Habt ihr zuerst ein Sample und baut darum einen Song oder sind erst die Melodien da und ihr sucht dazu die passen den Samples?

Es ist ungfähr 50/50 würde ich sagen. Manchmal habe ich einen Song im Kopf wie bei „The Race For Space“, da habe ich eine Idee und weiß schon wie sich das ungefähr anhören soll, fange an zu schreiben und dann suchen wir die Samples dazu. Wenn man anfängt solche Musik zu machen recherchiert man viel und stößt auf Dinge, von denen man vorher gar nichts wusste. Dann kommt man auf eine neue Idee und schreibt um die Samples herum. Es gibt aber nicht wirklich eine Formel wie ein Song entsteht. Für das nächste Album habe ich schon vier oder fünf Ideen für eine Richtung von Songs. Ich habe aber noch keine Inhalte gefunden, die dazu passen und weiß auch noch gar nicht ob sie existieren. Ich bin mir sicher, bei der Suche finde ich dann wieder etwas anderes, was mich dann wieder zu etwas Neuem inspiriert.

Wie kommt ihr überhaupt auf die verschiedenen Samples? Wir haben gelesen ihr benutzt Archive?

Ja, wir nutzen Vieles, was öffentlich nutzbar ist und wir haben zum Glücke eine sehr gute Beziehung zum British Film Institute. Das ist eine tolle Organisation, die sehr flexibel und schnell sind. Sie kommen uns sehr entgegen.

Das ist doch wahrscheinlich auch für so ein Institut gut, da so das Material etwas bekannter wird und nicht in irgendwelchen Kellern verstaubt. Sie bekommen damit doch sicher auch ganz neue Zielgruppen.

Das haben sie mitllerweile glaube ich auch erkannt. Sie sind auch sehr dankbar und es ist ihnen bewusst, dass es mehr als nur ein finanzieller Deal ist und unterstützen uns wirklich sehr.

Wie lange dauert das dann bis ihr das richtige Material findet? Das ist doch warscheinlich manchmal ganz schön schwierig, die passenden Teile zu finden.

Man denkt es dauert ewig, ich habe es aber für das neue Album geschafft sieben Songs in 1 1/2 Monaten als Deomo fertig zu haben. Dabei waren Sachen bei denen wir von Null angefangen haben wie zum Beispiel „The Other Side“. Da hatten wir Glück, da konnten wir nach Worten suchen, da jemand Transkripte von dem Material gemacht hat. Vielleicht habe ich aber auch mittlerweile ganz eigenartige Research-Skills entwickelt. Der Song, der am längsten gebraucht hat war „Gagarin“ weil er so anders war im Vergleich zu dem, was wir vorher gemacht haben mit den Instrumenten. Ich hatte allerdings überhaupt keinen Zweifel an diesem Song, daher waren wir wahrscheinlich auch viel sensibler bei der Zusammenstellung der Sounds.

Wir waren sehr überrascht, dass ihr nur für diesen einen Song drei Bläser auf die Bühne bringt.

Ja, wir mögen es, manchmal ein bisschen verrückte Dinge zu machen. Es funktionert einfach gut für die Dramaturgie und ich liebe live Bläser. Vielleicht schreiben wir für das nächste Album einfach mehr Bläsersätze, dann bekommen sie auch eine stärkere Rolle.

Toll ist, dass ihr das Publikum so stark einbezieht, in das was ihr tut. Man hat fast den Eindruck, dass man Euch bei dem Entstehungsprozess eines Songs zuschauen kann.

Wow. Ist das so?

Ja, es ist faszinierend was Du alles aus Deinem kleinen Keyboard raus holst. Es passieren so viele unterschiedliche Dinge und dazu noch das live Filmen. Man hat wirklich das Gefühl, man ist ein Teil davon.

Oh, Danke! Das ist schön, dass es so rüber kommt. Unsere Basis ist die Elektronik, daher kann es auch ganz schnell trocken sein, aber wir versuchen etwas Fesselndes zu machen. Es ist doch toll wenn die Leute mitbekommen, was wir machen. Ich finde es frustrierend, wenn man elektronische Musik macht und nur den Arm hebt und „Yeah“ ruft (lacht).

Es funktionert ja auch immer besser. Eure größte Headline Show wird demnächst in der Brixton Academy in London sein…

Ja, die ist für unsere Verhältnisse riesig. Das war mein Traum, seit ich vierzehn bin, als ich dort zu meiner ersten Show gegangen bin. Es ist meine Lieblings-Location, der Raum ist ganz wundervoll und liegt in Süd-London, wo ich auch her komme. Ich liebe es, dort zu spielen ist großartig. Jetzt müssen wir nur noch die Tickets verkaufen.

Du hast gesagt Du arbeitest schon an Material für das neue Album. Wird es da wieder ein bestimmtes Thema geben?

Ja, ganz bestimmt. Ich mag es so zu arbeiten, das gibt dem Ganzen mehr Tiefe und Zusammenhalt und funktionert sehr gut mit dem was wir tun. Es wird aber wahrscheinlich noch zwei Jahre dauern bis es fertig ist.

Dann sind wir jetzt schon gespannt, was uns dann erwartet. Bis dahin viel Erfolg und viel Spaß!

Interview: Kate Rock & Gabi Rudolph

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