Interview mit Johannes Strate von Revolverheld zu SOS-Kinderdorf

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Beim diesjährigen Bürgerfest des Bundespräsidenten haben wir Johannes Strate von Revolverheld getroffen. Vor dem Live Konzert am Abend im wunderschönen Garten des Schloss Bellevue hat uns Johannes erzählt, warum sich die Band beim Projekt Musik-Kinder-Dulsberg (MuKiDu) des SOS-Kinderdorf Familienzentrums in Hamburg engagiert. Wir haben darüber gesprochen warum Musik ein besonders wichtiges Thema für Kinder ist und warum das Engagement des SOS Kinderdorf so wichtig ist, wenn man keine stabile Familie hat. Danach hat sich Johannes mit der Band noch die Hände schmutzig gemacht und Taschen bedruckt.

Heute geht es mal nicht – wie üblich – um eure Musik. Über das Thema Musik werden wir zwar auch sprechen aber in einem anderen Rahmen. Revolverheld ist seit circa zwei Jahren Pate eines SOS-Kinderdorf Projektes, bei dem sozial benachteiligte Kinder unterstützt werden. Erzähl doch mal, um was es da genau geht. 

Das Projekt heisst MuKiDu, genau genommen Musik-Kinder Dulsberg. Dort werden Musikkurse angeboten, fast kostenlos, für Kinder die aus sozial schwächeren Stadtteilen kommen, dazu gehört auch Dulsberg. Das ist dort nicht wir Eppendorf oder Blankenese, wo die Leute zum Teil nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Dort geht es um Kinder, deren Eltern oft gar kein Bewusstsein haben, wie schön und therapeutisch Musik eigentlich sein kann. In der Begegnungststätte können Kinder umsonst ein Musikinstrument lernen, dort üben oder das Instrument mit nach Hause nehmen. Es ist eigentlich genau so, wie ich früher Gitarrenunterricht gehabt habe. Du gehst irgendwo hin, Du hast eine Stunde, einen festen Termin in der Woche, also eine gewisse Routine im Alltag, die wichtig ist. Wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass durch die Musik die Kinder sich mehr öffnen und auch mal anfangen, über gewisse Themen zu sprechen, die vielleicht ein bisschen unbequem sind. Es ist eine sehr gute Sache, die super angenommen wird. Die Wartelisten sind total voll.

Das klingt toll. Wie seid ihr zu dem Projekt gekommen, beziehungsweise wie seid ihr überhaupt auf SOS-Kinderdorf gekommen?

Ich bin in Worpswede aufgewachsen, wo es seit sehr vielen Jahrzehnten auch ein SOS-Kinderdorf gibt. Ich war in meiner Kindheit immer am liebsten dort, weil es dort den coolsten Spielplatz gab (lacht), ich habe dort mit meinem Kumpel Marc gespielt und fand das ganz toll. Jede Familie hat dort Kinder, es war immer eine sehr nette Atmosphäre und keiner hat sich je über die Lautstärke beschwert. Ich habe eigentlich erst später mitbekommen, dass die Mütter die dort wohnen, gar nicht zwingend die leiblichen Mütter der Kinder waren. Als ich das dann kapiert habe, dachte ich was ist das denn für eine super soziale Einrichtung. Sehr lebensnah und total toll. Wir finden alle in der Band, dass die Möglichkeit einem Kind eine zweite Chance in einer Familie zu geben, der optimale Weg ist für Kinder die es nicht so einfach haben, oder aus einer schwierigen Familie kommen oder sogar Waise ist. Diese Chance bietet das SOS-Kinderdorf. Die Statistiken, dass es funktioniert sprechen für sich.

Du hast also einen persönlichen Bezug dazu, nicht nur über das Thema Musik, sondern auch über deine persönlichen Erlebnisse. 

Absolut. Mir ist das Thema an sich sehr wichtig und der persönliche Bezug macht es zu einer wirklichen Herzensangelegenheit.

Ich glaube die jüngere Generation und vielleicht auch viele eurer Fans wissen gar nicht mehr so genau was SOS-Kinderdorf macht. Es gibt so unzählig viele soziale Themen heutzutage, da ist SOS-Kinderdorf leider gar nicht unbedingt so verankert, wie es vielleicht noch in unserer Generation war. Wir würdest du die Tätigkeit beschreiben?

Ja, das ist leider so. Kinder, die keine Eltern mehr haben oder bei denen es in den Familien sehr schwierig ist, haben die Chance dauerhaft in einer Großfamilie aufzuwachsen, mit mehreren „Geschwistern“. Dort wohnen mehrere Kinder unter einem Dach mit einer Mutter, die dann immer für die Kinder da ist. Ich kenne noch eine der SOS Mütter aus Worpswede, die feiert immer noch Weihnachten mit 15 Kindern und mittlerweile 25 Enkeln. Da ist jedes Mal die Bude bis unter das Dach voll. Die Kinder sind teilweise mit drei bis vier Jahren zu ihr gekommen und bis sie 18 waren dort geblieben. Das ist dann wirklich deren Mutter. Das Prinzip ist einfach toll, da man als Kind eine Bezugsperson hat, bis man Erwachsen ist und man wird nicht rumgereicht vom Amt oder im Waisenhaus.

Da werden dann sicher auch die ganzen Werte einer Familie vermittelt, was sonst nicht möglich wäre. 

Ganz genau. Tagsüber spielen die Kinder auf der Strasse und Abends ruft Mutti „jetzt gibts essen“. Ich kann nur für mich sagen, ich habe das Leben dort immer als völlig normales Familienleben empfunden. Das ist natürlich das, was einem Kind am meisten Halt gibt. Somit sind die Chancen auch sehr groß, dass das Kind wenn es erwachsen ist auch ein ganz normales Leben bekommt. Neben den Familien gibt es dann noch Einrichtungen vom SOS-Kinderdorf, zu denen Kindern aus sozial benachteiligten Familien kommen können und Unterstützung bekommen, wie unser Projekt MuKiDU.

Was war bisher euer tollstes Erlebnis bei eurem Projekt? Gibt es da einen besonderen Moment?

Ja, den gibt es durchaus. Wir haben mal die Musik-Kinder-Dulsberg besucht, da war so eine Kleinkinder Musik-Gruppe. Wir haben ein paar Songs gespielt und alle haben mit geklopft und gerasselt. Das fand ich schon sehr bewegend, wie  Mütter und Kinder aller Nationalitäten zusammen saßen und zusammen Musik gemacht haben. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass Musik einen sehr therapeutischen Ansatz hat und eine heilende Sache sein kann. Und Musik vereint. Das war einfach sehr schön, das so zu erleben, Musik ist ein verbindendes Element und alle gehen danach etwas glücklicher dort raus. Das berührt dann schon.

Wann hast du mit Musik angefangen?

Ich komme aus einem Musikerhaushalt, ich habe das schon mit der Muttermilch mit bekommen. Meine Mama hat damals für das Examen geübt, acht Stunden am Tag, da habe ich unter dem Flügel gelegen und mir angehört was sie gespielt hat und dann auch dabei geschlafen. Ich habe schon viele andere Sachen gemacht aber Musik war täglich in unserer Familie, ich konnte quasi gar nicht anders. Das war ein großes Glück für mich.

Du bist ja selbst jetzt auch Vater. Ändert sich da noch mal der Blick auf das Thema Kinder?

Ja klar. Das Thema ist noch mal sehr viel stärker in meinen Fokus gerückt, seit ich selbst vor drei Jahren Vater geworden bin. Ich merke auch wie wichtig so ein familiärer Zusammenhalt für ein Kind einfach ist und wie viel Halt das geben kann. Wenn zu Hause das Umfeld stimmt, kann es für ein Kind so einfach sein, ein gesundes Urvertrauen aufzubauen. Deswegen versuche ich auch viel da zu sein und viel Zeit mit meinem Kind zu verbringen. Das reicht dann auch: Liebe und da sein – Ende!

Wie schaffst du das, die Balance zu finden? Ihr habt ja gerade auch eine längere Tour, die im November weiter geht. Ihr seid viel unterwegs, bekommst du das trotzdem gut unter einen Hut, Band und Familie? 

Ich bekomme das fast immer gut hin. Wir spielen die meiste Zeit im deutschsprachigen Raum. Da bin ich meistens immer nur eine Flugstunde entfernt. Ich fahre dann einfach schneller mal nach Hause. Eben auch mal nachts noch, nach einer Show. Ich würde aber sagen vier von fünf Nachmittagen verbringe ich mit meinem Sohn. Also mein Schnitt ist schon ziemlich gut.

Ist dein Sohn auch schon musikaffin, von wegen es liegt in der Familie?

Ja absolut und zwar ohne dass ich das bewusst gefördert habe. Er bekommt es natürlich viel mit. Er hat schon etliche Soundchecks gesehen und auch schon ein paar Konzerte. Für ihn ist das alles total normal. Er packt dann auch manchmal seine Kindergitarre ein und sagt dann: ich spiele jetzt wie Papa ein Konzert, dann singt er „Lass Uns Gehen“. Das ist schon ein bisschen verrückt aber auch sehr drollig. Er spielt allerdings unglaublich viel Mundschlagzeug also eher so Beatbox mässig. Keine Ahnung wo er das her hat, aber er hat ein ganz gutes musikalisches Gefühl.

Habt ihr für die Zukunft für euer Projekt einen besonderen Wunsch?

Wir sind ja schon mit dem SOS-Kinderdorf auf einem super Weg. Ich würde mir wünschen, dass wir für die Kinder in Dulsberg noch größere Räumlichkeiten bekommen, wo noch mehr Platz ist. Da stehen schon für nächstes Jahr die Chancen ganz gut. Wenn wir dazu kommen, dass mehr als 100 Kinder in der Woche Musikunterricht bekommen, dann wäre das super. Dazu brauchen wir noch mehr Ehrenamt, noch mehr Leute, die das mit machen wollen und viele Spenden. Wie gesagt, es gibt immer noch mehr Kinder, die mitmachen wollen, als wir momentan aufnehmen können. Das heißt wir brauchen mehr Platz und mehr finanzielle Möglichkeiten das weiter auszubauen. Ich glaube, wenn wir in zehn Jahren dort immer noch am Start sind und alles ein bisschen vergrößert haben, dann ist das ein Riesen Erfolg.

Das ist doch ein schöne Schlusssatz. Wir hoffen, dass ihr ordentlich viel Spenden für das MuKiDu bekommt und euch weiterhin viel Erfolg mit dem Projekt und der Band. 

Edit: Vier der von Johannes bedruckten und signierten Beutel könnt ihr jetzt hier bei uns gewinnen!

SOS-Kinderdorf und Revolverheld freuen sich über jede Spende für das Projekt :

„MuKiDu“ Hamburger Sparkasse
IBAN DE87200505501233120763
BIC HASPDEHH
Stichwort Revolverheld

Interview: Kate Rock
Fotos: Rainer Christian Kurzeder

 

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