Interview mit Fettes Brot

3 is ne Party. Und was für eine! Fettes Brot haben Pause gemacht, jetzt sind sie wieder da und legten zum Release ihres neuen Albums direkt mal den Hamburger Stadtverkehr lahm. Im Interview haben die Herren uns erzählt, wie das genau war mit der Pause, was diesmal anders ist und was (zum Glück) immer gleich bleibt. Außerdem haben sie uns bei der Gelegenheit gleich noch ihr Album in der Limited Premium Fan Edition da gelassen. Wie ihr die gewinnen könnt, erfahrt ihr weiter unten. Viel Vergnügen!

Wie geht’s euch denn so?

König Boris: Gut!

Björn Beton: Gut!

Dokter Renz: Wir sind vorfreudig und aufgeregt. Es ist wie vor der Geburt. Man will, dass es endlich los geht.

Drei Jahre ist es her, dass wir uns das letzte Mal zum Interview getroffen haben. Damals habt ihr noch nicht durchblicken lassen, dass ihr eine längere Pause plant.

Dokter Renz: Wir haben uns damals etwas bedeckt gehalten, aber in welche Richtung es ungefähr gehen wird, wussten wir schon.

König Boris: Dass wir Pause machen?

Dokter Renz: Na ja, dass du etwas eigenes machen wirst. Du warst wahrscheinlich am schüchternsten, weil du wusstest wenn wir sagen, da kommt auf jeden Fall etwas…

König Boris: …muss ich abliefern, ja geil! Kam dann ja zum Glück.

Mal zusammengefasst, wie es von außen aus gesehen hat: Ende 2010 wart ihr noch auf Tour. Dann war erst einmal ein Jahr lang komplett Funkstille. Dann kamst Du, Boris, mit Der König tanzt. Und plötzlich, bei deinem letzten Konzert in Hamburg, standet ihr zur Zugabe wieder gemeinsam auf der Bühne.

Dokter Renz: Das stimmt. Da haben wir zusammen ein Fettes Brot Lied gespielt.

König Boris: Ein schöner Moment. Das war das erste, schüchterne Zeichen: Ihr könnt euch Hoffnung machen, dass wir wieder zusammen etwas machen.

Dokter Renz: Es haben ja tatsächlich viele die angekündigte Pause als potentielle Auflösung verstanden.

Da habt ihr aber auch ein bisschen mit gespielt…

König Boris: Das stimmt!

…ob’s die Band weiter geben wird.

Dokter Renz: Ja, weiß man aber auch wirklich nicht. Wir waren uns schon ziemlich sicher, dass wir nach der Pause wieder Bock drauf haben werden zusammen Musik zu machen, aber sicher kann man sich nie sein. Wie soll ich den Leuten die Zweifel ausreden, wenn ich sie selbst habe? Und wenn ich gleichzeitig weiß, dass das etwas macht mit den Menschen. Ist ja auch ganz spannend, wenn man Angst um seine Lieblingsband hat.

Allerdings habt ihr auch sonst nicht jedes Jahr ein neues Album raus gebracht. War es letztendlich denn wirklich eine richtige Pause?

Dokter Renz: Unser letztes Studioalbum ist fünf Jahre her. Man hat lange keine zusammenhängenden Texte mehr formuliert und Musik gemacht, mit der man versucht den Status Quo festzulegen – so klingt Hip Hop 2013.

König Boris: Der Unterschied war auch dass normalerweise, wenn die Öffentlichkeit denkt, wir machen Pause, wir trotzdem arbeiten. In dieser Pause haben wir tatsächlich zusammen nichts gemacht. Menschlich haben wir uns aber nicht aus den Augen verloren. Feste Termine wie zum Beispiel St. Pauli Heimspiele haben immer noch stattgefunden. Aber es war für mich schon ein großes Abenteuer, ohne die beiden Musik zu machen.

Björn Beton: Es war für mich auch ein großes Abenteuer, ohne die beiden keine Musik zu machen. (Gelächter)

König Boris: Während der Pause wusste ich ehrlich gesagt manchmal nicht, wie ich es finde, aber danach hat es sich richtig toll angefühlt, wieder zusammen Musik zu machen. Es war eine große Euphorie da, viel Lust, viel Dankbarkeit, dass wir diese Band haben und die Möglichkeiten, die wir haben. Wir hatten viel Spaß und haben uns in einen regelrechten Rausch produziert. Ich glaube, diese Energie und damit diese Platte wäre nicht entstanden, wenn wir die Pause nicht gehabt hätten.

Dokter Renz: Ich habe es als angenehme Abwechslung empfunden, dass man mal die Maschine anhält, von der man Teil ist und von der wir der Motor sind. Manchmal wird man nur ein Fahrgast, der mit muss und nicht mehr abspringen kann. Da ist es ganz angenehm, wenn die mal kurz in den Geräteschuppen kommt, von fleißigen Bienchen aufpoliert wird und dann ist sie wieder da.

König Boris: Ein Bild nach dem anderen haust du hier raus!

Also ging’s wieder los. Es kursiert ja das Gerücht, ihr, Björn und Martin, hättet Boris eine musikalische Einladung geschickt, aufgrund derer ihr wieder zusammen gekommen seid. Stimmt das so oder ist das nur eine schöne Geschichte?

Björn Beton: Na ja…

König Boris: Es stimmt so halb. Das ist natürlich eine schöne Geschichte, deswegen stimmt sie auf ’ne Art. Wir hatten aber vorher schon beschlossen, dass wir wieder gemeinsam Musik machen wollen. Aber dann haben die beiden sich getroffen, als ich noch unterwegs war, haben das Lied „Kannste Kommen“ gemacht und mir per Elektropost geschickt.

Björn Beton: Allerdings ist der Song ja nicht nur persönlich an Boris gerichtet. Dass es in ihm heißt „wenn ich eine Party schmeiße kannste kommen“ ist mehr ein Zufall. Es war jetzt nicht so, dass wir Boris auf diese Weise einladen wollten, wieder bei uns mitzumachen…

König Boris: Das klingt ja so, als hätte ich keine Lust gehabt!

Björn Beton: Genau. Außerdem haben wir den Song nicht in dem Glauben gemacht, dass wir bereits an einer neuen LP arbeiten, sondern einfach nur, weil es Spaß gemacht hat.

König Boris: Aber dann ging’s unaufhaltsam los. Dann haben wir gemacht, gemacht, einfach nur gemacht und nicht lange überlegt. Ganz viele Bewertungsmechanismen haben wir ausgeschaltet und erst mal gar nicht einsortiert, ob was jetzt ein Demo ist oder schon fertig, oder ob wir das noch mal machen. Das hat meinem Empfinden nach das Produzieren schnell, einfach und freudvoll gemacht.

Genau so hört die Platte sich auch an. Sehr schnell, sehr energiegeladen, sehr nach vorne gehend.

Dokter Renz: Wir haben den Drive, den wir beim Machen hatten, gut in die Musik transportiert bekommen. Tatsächlich spiegelt die Energie der Platte ganz gut wieder, wie wir uns vorwärts bewegt haben.

Außerdem finde ich, dass die gesamte Produktion der Scheibe irgendwie, bitte verzeiht mir den Ausdruck, fetter klingt, als alles, was ihr früher gemacht habt. Das hat ganz schön Schmackes.

König Boris: Das haben tatsächlich jetzt schon mehrere lustigerweise gesagt, was darauf schließen lässt, dass du mit deiner Beobachtung eventuell Recht hast. Eine neue Erkenntnis für mich, da braucht man wahrscheinlich etwas Abstand dazu, um das zu erkennen. Witzig ist, dass wir eigentlich weniger darauf geachtet haben. Ich glaube, es liegt einfach daran, dass wir besser geworden sind, was unsere Songwriter Qualitäten angeht. Wahrscheinlich auch was unsere Produzentenfähigkeiten betrifft. Wir haben es ja tatsächlich wieder alleine gemacht. Viele Leute denken ja fälschlicherweise wir hätten Produzenten, die das für uns machen.

Dokter Renz: Ich glaube, das kommt aus so einer Hip Hop Denke heraus. Es gibt einen DJ, einen Rapper und einen Produzenten.

König Boris: Wer von uns ist was, ist die Frage.

Dokter Renz: Da wir ja alle drei schon Rapper sind, denkt man wohl, wir könnten eins der anderen Sachen nicht auch noch sein.

König Boris: Wir sind einfach genial, das muss an dieser Stelle mal fest gehalten werden.

Dokter Renz: Insofern haben wir es in alter Tradition wieder selbst gemacht, was nicht heißt, dass wir uns nicht auch hier und da Hilfe aus unserem versierten Bekanntenkreis geholt haben. Taco, unser Keyboarder und Arne, unser Bassist, haben zum Teil auch an den Tracks mit produziert und Pauly hat natürlich ein paar prägnante DJ Parts virtuos gefüllt. Bei „Für Immer Immer“ war es zum Beispiel so, dass wir bei 80 Prozent waren und das Gefühl hatten, irgendwie ist der Song noch nicht so ganz Zuhause. Wenn man dann Arne anrufen und sagen kann hier, mach mal, ohne Rücksicht auf Verluste, und einen Tag später hat man eine aufgerüschte Version in der Post, das fühlt sich sehr modern und toll an. Gut, wenn man geniale Freunde hat.

Wie fangt ihr denn überhaupt an, an einem Song zu arbeiten? Was gibt es zuerst, einen Beat, eine Idee?

Björn Beton: Die Wege sind relativ vielfältig. Manchmal ist es so, dass es schon ein Instrumental gibt und einer kommt an mit einer fortgeschrittenen Idee, die man nur noch ausformuliert und aufnimmt. Dann kommt es vor, dass wir nur ein Instrumental haben und wir denken uns gemeinsam ein Thema aus. Manchmal hangelt man sich an einem Refrain entlang und am Ende geht jeder nach Hause und schreibt seine Strophe. Oder einer kommt ins Studio mit einer Idee und wir schreiben den Text gemeinsam. Es ist wirklich von Song zu Song völlig unterschiedlich. Auch diesmal haben wir alle Möglichkeiten ausgenutzt.

Dokter Renz: Dieser Witzekosmos, der uns zur Verfügung steht, ist natürlich auch wieder angereichert gewesen mit vielen neuen Ideen. Wenn man fünf Jahre lang keine Platte raus gehauen hat, hat sich vieles angesammelt. Manchmal hatte ich das Gefühl, wir müssen nur abrufen, was in der Luft herum schwirrt. So viel zu den Texten. Diesmal haben wir uns die Aufnahmekabine gespart und auch das gute Neumann Mikrofon haben wir nicht genutzt. Stattdessen haben wir unser Shure SM58 Mikro in den Vorverstärker rein gedrückt und mussten deshalb alle still sein, während der andere gerappt hat. Das hat eine interessante Spannung erzeugt. Sonst kann man ja mal mit der Hörzu rascheln, während die anderen rappen, so mussten alle immer auf Spannung sein.

König Boris: Man hört auch das eine oder andere Lachen auf der Platte oder auch mal ein Handy summen, wenn man genau hin hört. Das haben wir einfach so gelassen. Ich glaube, dadurch, dass wir uns auf die Songs verlassen konnten, konnten wir uns in anderen Dingen die eine oder andere Nachlässigkeit erlauben, wodurch eine lebendigere Energie als so eine kalte Studioatmosphäre entstanden ist.

Aufgefallen ist mir auch, dass es diesmal keine Solonummern von euch gibt.

Dokter Renz: Das stimmt, das ist dir richtig aufgefallen.

Björn Beton: Das ist jetzt aber auch nicht immer zwingend Gesetzt gewesen.

Dokter Renz: Aber ich habe mir schon auch Gedanken darüber gemacht, dass das etwas Besonderes ist. Wir sind diesmal gar nicht auf die Idee gekommen. Vielleicht, weil wir die Phase, in der sich jeder individuell austoben konnte, gerade hinter uns hatten.

König Boris: Es passiert ja trotzdem, dass einer ein Stück alleine schreibt. Das heißt mittlerweile aber nicht mehr, dass das automatisch ein Solostück wird. Für den Hörer ist das inzwischen nicht zwingend mehr hörbar. Früher haben wir immer alles zusammen geschrieben und wenn es mal nicht so war, wurde es automatisch zum Solostück. Diese Grenzen haben sich aufgelöst.

Dokter Renz: Wir haben auch Angst, dass wir mit den Jahren aneinander festwachsen. Das Phänomen der siamesischen Drillinge nach der Geburt. Ab und zu, wenn wir uns zufällig berühren, kleben wir aneinander und müssen uns wieder los reißen.

Wenn man sich nach so vielen Jahren an ein neues Album macht – macht man sich dabei noch Gedanken darüber, wie das Ergebnis den Leuten da draußen gefallen wird?

Björn Beton: Um deine Frage direkt zu beantworten: nein. Das haben wir tunlichst vermieden, weil wir wissen, dass das zu nichts führt. Wir hoffen natürlich, dass die Leute uns nicht vergessen haben nach der Zeit, sich freuen wieder von uns zu hören und das im besten Falle auch gut finden. Aber während wir Musik machen darüber nachzudenken, wie die Leute das finden und was sie von uns erwarten, das ist müßig. Da wird man verrückt. Während der Aufnahmen haben wir mal gesagt, wenn wir drüber lachen können, dann können die Leute das auch. Ich glaube, dass wir es bei dieser Platte generell ganz gut hin gekriegt haben erst einmal aufzunehmen, in dem Wissen, dass wenn es Zweifel gibt, wir immer noch die Zeit haben, daran zu arbeiten. Es gibt immer mal wieder Songs, bei denen wir hinterher feststellen, das war nix, da müssen wir noch mal ran.

Dokter Renz: Und was die Erwartungshaltung des Publikums angeht: Wir möchten natürlich gefallen. Wir möchten, dass die Leute unsere Platte in Scharen kaufen. Deswegen hoffen wir, dass sie, ob zufällig oder von langer Hand geplant, den Nagel des Zeitgeists auf den Kopf trifft.

Ihr wollt die Limited Premium Fan Edition von „3 is ne Party“ gewinnen? Dann schreibt uns eine E-Mail mit dem Betreff „Ich will die Fettes Brot Box!“ an gewinnen@fastforward-magazine.de. Oder kommentiert unseren Facebook Post mit „Ich will die Fettes Brot Box!“. Die streng limitierte Box enthält das Album als 2 CD Edition, Basecap, Postkarten-Set und Bierdeckel. Einsendeschluss ist der 18.11.2013. Viel Glück!

www.fettesbrot.de

Interview: Gabi Rudolph
Fotos (c) Jens Herrndorff