Interview mit Daniel Hopewell von The Crookes

The Crookes - Press Shot #3

The Crookes sind vier Typen aus Sheffield, Groß Britannien, die ein bisschen so aussehen als seien sie modisch in den 60igern hängengeblieben, obwohl keiner von ihnen da schon geboren war. Vor ihrem Konzert im Berliner Club Badehaus Szimpla habe ich mich mit Daniel Hopewell in die ausnahmsweise mal warme Frühlingssonne gesetzt um über das aktuelles Album „Lucky Ones“ zu reden, während die restlichen Bandmitglieder Tom Darkin, George Waite und Adam Croft im Club ihr Essen genossen.

Als ich mich auf das Interview vorbereitet habe, hat mich eine Sache völlig überrascht: Bei den Crookes schreibt Gitarrist Daniel Hopewell die Texte, singt sie aber nicht. Das macht Bassist George Waite. Nicht mal Backingvocals singt Daniel. „Ich kann einfach nicht gut singen und bin auch kein guter Entertainer. Ich bin eher introvertiert. Meine Launen sind immer extrem – in die eine oder die andere Richtung, das könnte ich auf der Bühne nicht wegschauspielern. Beim Film wäre ich eher der Drehbuchautor als der Schauspieler, der es vorführt.“ Singt George denn alles was Daniel schreibst oder sagt er auch mal nein, das singe ich so nicht? Daniel überlegt einen Moment. „Er singt eigentlich alles so wie ich es schreibe, nur einmal nicht. Da fand er eine Zeile etwas merkwürdig und meinte, er würde die so nicht singen. Am Ende fand ich sie auch etwas merkwürdig und wir haben es geändert.“ Ich habe selten oder noch nie eine Band kennengelern, in der der Sänger nicht bei den Texten mitwirkt. Wollten die anderen da auch nicht irgendwann mal mitschreiben, frage ich. „Nein“, sagt Daniel, „Tom hatte zwar in der Band, in der er vorher war, die Songs geschrieben, aber das war auch eher weil der Sänger meinte, er solle das tun.“ Wie die Songs komplett geschrieben werden, ist hingegen durchaus verschieden. „Ich habe mal eine Dokumentation über Elton John gesehen, der hat ja seine Texte auch nicht selber geschrieben. Er und Bernie Taupin haben in einem Raum gesessen und sich die Ideen direkt zugeworfen. Das fand ich gut. So haben wir das auch schon gemacht. Ich sitze da und schreibe und gebe es direkt an George weiter. Das klappt ganz gut.“

Obwohl Daniel eigentlich immer für George die Texte schreibt, würde er nicht für andere Bands oder Künstler schreiben. „Songs schreibe ich nur für The Crookes, ansonsten nicht. Aber ich arbeite zu Zeit an einem eigenen Projekt, einem Buch.“ Wie wichtig die Texte bei den Crookes sind, zeigt sich direkt am Anfang unseres Interviews, als ich mich über den ersten Song „Brand New Start“ und den letzten „B.N.S. Pt. II“ wundere. Das Album klingt so optimistisch und dann kommt am Ende ein Song, der für mich eher wie das Gegenteil klingt. „Der Text ist auch sehr optimistisch. Eigentlich sind beide Songs im gleichen Key aufgenommen, aber beim ersten Song haben wir das Tempo etwas erhört und dadurch klingt Georges Stimme viel höher. Er handelt davon, dass man rausgehen und die Welt erkunden will. Die Songs dazwischen handeln alle von verschiedenen Nächten in verschiedenen Städten. Die Songs sind wie Postkarten, die man als Erinnerung aufhebt. Der vierte Song ‚If Only For Tonight‘ handelt zum Beispiel von einer Nacht in Las Vegas. ‚B.N.S. Pt. II‘ ist im Vergleich eine erwachsenere Version des ersten Tracks, aber immer noch genau so optimistisch. Man hat halt zwischendurch all diese Erfahrungen gemacht.“

Der erste Titel „Brand New Start“ auf dem aktuellen Album „Lucky Ones“ ist Programm im Bandleben. Einiges hat sich bei der Band verändert. Der Schlagzeuger hat gewechselt. Mittlerweile sitzt Adam Croft hinter dem Schlagzeug und beim Schrieben der Songs haben sie auf den Computer zurückgegriffen. „Tom kannte sich da schon aus“, erzählt Daniel. „Für die Aufnahmen des Albums hatten wir dann aber doch einen richtigen Schlagzeuger.“ Und es gab noch eine weitere Neuerung: Daniel spielt jetzt auch Synthesizer. War es schwer sie zu lernen? „Nein“, antwortet Daniel direkt. „Das ist als wenn man eine neue Sprache lernt, aber es fällt einem einfacher, wenn man schon mal eine Fremdsprache gelernt hat. Wenn man einmal ein Instrument gelernt hat, versteht man die Grundlagen der Musik und kann ein weiteres Instrument einfacher lernen.“ Synthesizer haben sie auch live mit dabei.

Außerdem haben die noch eine weitere Neuerung: Das Album ist auf ihren eigenen Plattenlabel „Anywhere Records“ erschienen. „Wir mussten auch schon beim alten Label viel selber machen wie Videos, Pressetexte und so weiter. Wir und unser Manager haben uns dann gefragt wozu wir das Label überhaupt noch brauchen und haben dann ein eigenes gegründet.“ Hat es sich ausgezahlt? „Ja, auf jeden Fall“, sagt Daniel ohne nachzudenken.

The Crookes gelten als eine der am härtesten arbeitenden Indiebands, haben mit „Lucky Ones“ bereits das vierte Album veröffentlicht und sind seit Ende Januar fast durchgehend auf Tour – USA, UK und jetzt Europa. „So schnell sind wir nicht. Die Bands heutzutage sind faul“, sagt Daniel, „die Beatles haben ja zwei Alben pro Jahr veröffentlicht und die waren sehr gut.“ Stimmt auch wieder. Und wie verhindert er, dass er dem Tourblues erliegt, wenn sie so viel touren? „Ich gehe auf Wanderschaft wenn wir in anderen Städten sind, treffe neue Leute und so. Ich schreibe auch viel in mein Notizbuch, das wirkt erlösend für mich.“, erklärt Daniel seine Methode. Und was war bisher sein liebster Ort um mal wegzugehen? Daniel überlegt kurz: „New York.“ Die Klischeestadt schlecht hin, bemerke ich. „Ja, schon, aber es ist auch wahr. Ein Klischee entsteht ja aus einer Wahrheit. Ich habe dort auch viele Freunde. Manchmal trifft man auch mal jemanden nur für eine Nacht – egal welcher Art das Treffen ist. Das kann auch gut sein. Einmal in Austin Texas war ich in einer Bar, da hat ein dicker Typ mit seiner Gitarre gesessen und gespielt. Keiner hat ihn beachtet. Er hat so ein Stück gespielt, das Lied war sehr traurig. Der Abend war wunderbar.“

Daniel braucht keine Fotos um sich an solche Momente zu erinnern. Er hat sein Notizbuch. Manchmal stört es ihn sogar, wenn immer alles fotografiert werden muss. „Als wir im Redwood National Park bei San Francisco waren, da haben die anderen Bandmitglieder alles fotografiert.“ Im Redwood National Park stehen riesige Mammutbäume. Man könne eh nicht nachvollziehen wie unfassbar groß die sind, wenn man sich hinterher die Fotos anguckt, erzähle ich aus eigener Erfahrung. „Ich musste mich dann von der Gruppe lösen“, erzählt er weiter. Es wäre ihm einfach zu viel geworden. Er wäre auch mal auf einem Konzert gewesen, wo es verboten war und das fand er toll. „Bei unseren Konzerten filmt das Publikum auch manchmal mit, gerade, wenn man einen ganz neuen Song spielt, der noch unfertig ist. Das Video landet dann 10 Minuten später auf Youtube. Das mochten wir nicht, schließlich war der Song noch nicht fertig. Wir haben dann aufgehört neue Lieder live auszuprobieren.“ Man hört ein wenig den Frust in der Stimme von Daniel als er das erzählt.

Beim Konzert in Berlin war das Fotografieren nicht verboten und ich habe dann doch während der ersten zwei Lieder Fotos gemacht, bevor ich dazu übergegangen bin einfach zu ihren neuen und ein paar alten Liedern tanzen.

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Interview & Livefotos: Dörte Heilewelt