Gesehen: „Florence Foster Jenkins“ von Stephen Frears

098608-jpg-r_640_600-b_1_d6d6d6-f_jpg-q_x-xxyxxDie besten Geschichten schreibt bekanntlich das Leben. Wie die von Florence Foster Jenkins, der schlechtesten Sopranistin aller Zeiten, die aber unerschütterlich ihren Weg ging und es 1944, mit 76 Jahren, bis zu einem Auftritt in der berühmten Carnegie Hall schaffte. Jetzt setzt der britische Regisseur Stephen Frears der Self-Made-Diva ein filmisches Denkmal, in der Titelrolle eine anbetungswürdige Meryl Streep.
Florence Foster Jenkins (Meryl Streep) lebt mit ihrem Mann, dem leidlich erfolgreichen Schauspieler St. Clair Bayfield (Hugh Grant) in New York. Von ihrem Vater hat sie Millionen geerbt, von ihrem verstorbenen Ehemann leider eine Syphilis Erkrankung, mit der sie, für die damaligen Verhältnisse, schon sehr lang und einigermaßen gut lebt. Sie ist eine große Musikliebhaberin und Kunstmäzenin, hat für Gleichgesinnte den Verdi Club gegründet und unterstützt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Künstler und deren Projekte. Nun möchte sie sich in ihrem fortgeschrittenen Alter einen Lebenstraum erfüllen, den ihr Vater ihr in jungen Jahren immer verweigerte und Opernsängerin werden. Dafür werden der beste Gesangslehrer New Yorks und der Pianist Cosmé McMoon (Simon Helberg) engagiert, ihr Mann fungiert dabei als Manager. Schon während der ersten Gesangsstunde muss der verblüffte Cosmé McMoon feststellen, dass Florence Foster Jenkins leider keinerlei Talent besetzt, sie trifft weder annähernd die Töne, noch hat sie ein Gefühl für Rhythmus, Text oder Intonation. Aber noch mehr muss McMoon zu seinem Erstaunen feststellen, dass ein stillschweigendes Einverständnis darüber herrscht, Mrs Jenkins nicht über ihre Talentlosigkeit ins Bild zu setzen, sie wird von allen wie eine große Operndiva behandelt. St. Clair Bayfield setzt alles daran, dieses Bild aufrecht zu erhalten, auch als Mrs Jenkins erste Konzerte innerhalb des Verdi Clubs gibt. Es werden stets nur ausgewählte Journalisten eingeladen, deren Meinung mit entsprechenden Geldsummen gelenkt wird. Die alte Dame sonnt sich derweil in dem Zuspruch, nimmt eine Platte auf, die sogar im Radio gespielt wird und setzt letztendlich alles daran, sich ihren großen Lebenstraum zu erfüllen: ein großes Konzert vor über 3000 Menschen in der Carnegie Hall, 1000 Karten davon verschenkt sie an Soldaten der amerikanischen Truppen. St. Clair Bayfield sieht sich vor immer größere Aufgaben gestellt, den angeblichen Erfolg seiner Frau aufrecht zu halten.
Die Verfilmung der Lebensgeschichte von Florence Foster Jenkins hat ein alles überstrahlendes As im Ärmel: Meryl Streeps Darbietung dieser ganz besonderen Operndiva ist wirklich nicht zu toppen. Mit einer beispiellosen Spielfreude haucht sie der alten Dame Leben ein, man liebt sie einfach vom ersten bis zum letzten Moment. Dabei treibt sie es nie zu weit, während andere Darsteller in ihrer Komik auch gerne mal übers Ziel hinaus schießen (Simon Helberg zum Beispiel als Cosmé McMoon, der insgesamt aber auch eine charmante Darbietung liefert) ist sie stets auf den Punkt, immer im richtigen Maß, nie zu viel und nie zu wenig. Es ist eine ganz große Bühne, die Stephen Frears ihr gegeben hat, eine Verneigung vor der Kunst Meryl Streeps und zeitgleich der unerschütterlichen Liebe zur Musik der wahren Florence Foster Jenkins. Zusammen mit einer liebevollen Ausstattung (besonders die Kostüme der Florence Foster Jenkins sind sensationell) wird das Biopic zu einer rundum gelungenen Hommage an seine Titelfigur und ein Appell an den Mut, das zu tun was man liebt.

Kinostart: 24.11.2016

Gesehen von: Gabi Rudolph