Gelesen: Cara Delevingne „Mirror, Mirror“

Cara Delevingne ist das klassische It-Girl. Sie begann ihre Karriere als Model, ist inzwischen als Schauspielerin erfolgreich (sie spielte unter anderem Hauptrollen in der John Green Adaption „Paper Towns“ und der Comic Verfilmung „Suicide Squad“), eine Single als Sängerin hat sie ebenfalls bereits veröffentlicht. Auf Instagram folgen Cara Delevingne über 40 Millionen Menschen. Ende letzten Jahres erschien, das Tüpfelchen auf dem i, ihren Debütroman „Mirror, Mirror“. Das auch noch, mögen böse Zungen dazu ausrufen. Aber Cara Delevingne hat sich schon immer dafür stark gemacht, als mehr als ein hübsches Gesicht wahrgenommen zu werden. Wer ihren Instagram durchforstet wird feststellen, dass sie sich selbst in ihren Captions bemüht, Haltung und Inhalt zu vermitteln. So ist „Mirror, Mirror“ ein Debüt geworden, das zumindest in seinen Ansätzen vieles richtig macht.
Cara Delevingne erzählt die Geschichte der Jugendlichen Red, Rose, Leo und Naomi, genannt Nai, alle vier auf ihre unterschiedliche Art Außenseiter an ihrer Schule, auf den ersten Blick haben sie nicht viel gemeinsam. Der engagierte Lehrer Mr Smith würfelt die Truppe gezwungenermaßen in einem Musikprojekt zusammen, aus dem die Band Mirror, Mirror entsteht. Mirror, Mirror wird zu dem Ort, an dem die vier so sein können wie sie wollen und trotzdem wahrgenommen werden. Leo, der sich gegen seinen kriminellen Bruder behaupten muss, die schöne Rose, die mit einem schmerzlichen Geheimnis kämpft, Comicfan Nai und Red, eigentlich schüchtern, am Schlagzeug umso kraftvoller. Aus der Zweckgemeinschaft wird eine enge Freundschaft, die Band wird zu einem Zuhause – bis Nai plötzlich spurlos verschwindet. Die Aufregung ist zuerst nicht besonders groß, schließlich ist Nai schon öfter von Zuhause weg gelaufen. Aber Red wundert sich trotzdem. Eigentlich war Nai kurz bevor sie verschwand so gut drauf wie schon lange nicht mehr. Reds schlechtes Gefühl bestätigt sich, als die Freundin schwer verletzt aus der Themse geborgen wird und im Krankenhaus im Koma liegt. Obwohl sie alle schon genug mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, setzen die Freunde, allen voran Red, alles daran, herauszufinden was mit Nai passiert ist. Und die Hinweise verdichten sich, dass ihr etwas Schlimmes zugestoßen sein muss.
Cara Delevingne schreibt in „Mirror, Mirror“ über Dinge, die ihr nah gehen. Das spürt man vor allen in den Teilen der Handlung in denen es um Außenseitertum, sexuelle Identität und Social Media geht. Gleichzeitig tut sie geschickt und gut daran, gegenüber ihrem eigenen Leben einen Schritt zur Seite zu treten und entwickelt glaubwürdige Figuren, die alle etwas zu erzählen haben. Stilistisch tut sie das zum Teil auch recht gelungen (bei der Umsetzung ihrer Geschichte stand ihr die Autorin Rowan Coleman zur Seite), sie hält dem Leser den Spiegel vor wenn es darum geht, die geschlechtliche Identität ihrer Charaktere vorschnell zu beurteilen und spielt clever mit vorgefertigten Erwartungen.
Ein wenig hinkt „Mirror, Mirror“ jedoch was die Kriminalgeschichte angeht. Die ist streckenweise spannend und straff erzählt, fügt sich letztendlich aber etwas zu vorhersehbar zusammen. Letztendlich sind Delevingnes Charaktere und ihre alltäglichen Sorgen und Nöte so interessant, dass man sich fragt, ob es den Handlungsstrang um Nais Verschwinden überhaupt gebraucht hätte.
Insgesamt sollte man nicht den Fehler machen, Cara Delevingne zu unterschätzen. Sie erzählt druckvoll, mit Leidenschaft und einem dringlichen Anliegen. Die Kinderkrankheiten ihres Debüts dürfte sie beim hoffentlich folgenden Zweitling locker überwunden haben.

Info: „Mirror, Mirror“, das Romandebüt von Schauspielerin, Supermodel und Social Media Star Cara Delevingne ist auf Deutsch im Fischer Verlag erschienen und kann hier käuflich erworben werden. Eine Leseprobe gibt es hier.