Gehört: Slow Club „Complete Surrender“

Das Sheffielder Duo Slow Club bricht mit seinem dritten Album „Complete Surrender“ auf in neue Sphären. Nach den bisherigen Alben „Yeah So“ (2009) und „Paradise„(2011) scheint es, als hätten sich die beiden während der dreijährigen Pause fast neu erfunden, selbstbewusstere Töne sprengen Grenzen und ein souliger Indie-Popsound berauscht uns diesen Sommer.
Entgegen Erwartungen führen die wunderhübsche Sängerin Rebecca Taylor und ihr bärtiger Partner Charles Watson keine Liebesbeziehung. Trotzdem lässt sich gut über deren jeweiligen Erfahrungen in Liedern sinnieren während sie sich dabei harmonisch total ergänzen. Auf „Complete Surrender“ ergeben sich die beiden tatsächlich: entblößende und melancholische Texte, aber auch voll von Lebensfreude, so wie wir es von Slow Club bisher eigentlich auch schon gewöhnt sind, aber trotzdem gab es einen beachtlichen selbstbewussten Aufschwung. An dem Album haben sie gemeinsam mit Colin Elliot schon seit dem Frühling 2013 gearbeitet. Taylors Stimme erklimmt beeindruckende neue Höhen und Tiefen und auch Watson sorgt für Ausgeglichenheit, indem er mal die Leadstimme übernimmt, wie zum Beispiel bei „Paraguay and Panama“.
Schon der Opener „Tears of Joy“ ist ein Highlight des Albums. Bei einer Liveshow für LaBlogotheque rät das Duo sich bei dem Song vorzustellen bei einem sommerlichen Roadtrip zu sein und genau so befreit es: „Forget that old future, the future is dead, it will twist and turn all the thoughts in your head, ‚til you feel seasick while you’re laying on the bed“ heißt es in „Tears of Joy“.

Weiter geht es mit „Everything is New“, alles Neue wird besungen und Rebeccas leidenschaftliches Seufzen hat hohen Gänsehautfaktor. Ihre ehrfürchtige Stimme dringt durch die Ohren unter die Haut und noch viel weiter.
Das kraftvollste Lied „Suffering You Suffering Me“ wird von einem Orchester begleitet und bietet Schmerzverarbeitung im wahrsten Sinne des Wortes: im Video lässt sich Rebecca nach von Rocky inspiriertem Training im Boxring blutig schlagen, aber auf lange Qual folgt der triumphierende Sieg. So schön lässt sich mit ihr leiden.

Perfektes Tonbewusstsein des Duos zeigt sich besonders bei den Harmonien in „Number One“, die vom Piano begleitet werden und dazu gibt es simple, aber tiefe Texte: „Desire is power and trust is just a word“.
Der merkwürdige Titel des nächsten Lieds „The Queen’s Nose“ bezieht sich auf das gleichnamige englische Kinderbuch, in der einem kleinen Mädchen mit einer magischen Münze sieben Wünsche gewährt werden. Eine erwachsene, aber verletzliche Rebecca singt hier leidenschaftlich über ein Beziehungsende und ihren Wunsch nicht verlassen zu werden, während ihre Stimme unter dem Gewicht immer wieder zu einem lieblichen Seufzen bricht: „I can’t go on living these songs“.
Dass Slow Club stilvoll sexy sein können beweist das elegante schwarz-weiß Video zu „Complete Surrender“, in dem 70er Choreographien getanzt werden, Charles mit einer weißen Katze zu sehen ist und Rebecca oben ohne Schlagzeug spielt.
In „Dependable People“ kommt Abschiedsstimmung auf, was aber mit dem letzten Song „Wanderer Wandering“ wieder triumphierend aufgehoben wird: die Reise ist zu Ende, aber geht doch immer weiter. Slow Club beweisen erneut ihre Songwriter Qualitäten auf „Complete Surrender“. Offen und ehrlich tragen sie ihre Herzen auf der Zunge und schenken mit den neuen Soul-Einflüssen wunderbare Ohrwürmer für den Sommer zum auf den Dächern Tanzen, neue und alte Lieben besingen und besiegen oder gedankliche Roadtrips voller romantischer Sehnsucht.

VÖ: 14.07.2014

www.slowclubband.com

Gehört von: Christina Heckmann