Gehört: Chvrches „The Bones Of What You Believe“

Was hab ich auf dieses Album gewartet! Chvrches‚ erste Platte, eine Band, die pausenlos bei Pitchfork, stereogum und Konsorten angepriesen wurde. Und wie enttäuscht war ich nach dem ersten Mal hören – im Auto wohl gemerkt. Eine schlechte Idee, wie sich später herausstellte, denn beim zweiten Einlegen des Debüts von Chvrches erwartete mich das genaue Gegenteil an Gefühlsregungen: Wie großartig der eingängige Synth-Pop von „The Bones Of What You Believe“ doch ist!
Dabei sind Band und Werk voller Widersprüche, angefangen bei Sängerin Lauren Mayberry, die sich stimmlich irgendwo zwischen Jessica Simpson und sämtlichen Glee-Hauptdarstellerinnen bewegt. Vor dem großen Durchbruch mit Chvrches schrieb sie ganz unglamourös für Zeitungen, unter anderem über die hygienischen Risiken, die ein Piercing mit sich bringt. Keyboarder Martin Doherty und Saiteninstrumente-Bediener Iain Cook singen auch auf zwei bis drei Tracks auf der Platte (wobei sie aber nur mäßig überzeugen können), dabei machten sie vor Chvrches gemeinsame Sache mit den Unwinding Hours und The Twilight Sad und waren voll und ganz dem Post-Rock verschrieben. Ja, wo die Liebe hinfällt.
Mit dem Projekt Chvrches scheinen die drei Schotten dennoch alles goldrichtig gemacht zu haben, Auftritte bei Jimmy Fallon und Jools Holland inklusive. So erscheint auch die erste LP zum perfekten Zeitpunkt in der Mitte der zweiten Jahreshälfte, um sich mit der zugehörigen Europa-Tour im Herbst noch einmal zusätzlich Gehör zu verschaffen.
Ob Chvrches die Erfolgswelle auch in den nächsten Monaten noch reiten werden, bleibt erstmal abzuwarten, synthielastige Bands, 80s oder nicht, gibt es einfach zu viele. So viele, dass sie aus den Lautsprechern des Autoradios nicht nur leicht untergehen, sondern noch dazu beliebig und ersetzbar klingen. Dabei heben sich Chvrches mit der Tiefe und Ehrlichkeit ihrer Songs und den gelegentlichen Ausflügen in Gefilde à la The Knife oder Robyn deutlich von der Menge ab. Um diese wäre „The Bones Of What You Believe“ nämlich viel zu schade.

VÖ: 20.09.2013

Gehört von: Julia Köhn