Emiliana Torrini, 21.02.2017, Mousonturm Frankfurt

FullSizeRenderDass wir ein kleines Faible für Isländer und was sie musikalisch so fabrizieren haben, lässt sich nicht verheimlichen. Helgi Jonsson durften wir schon mit seiner Gitarre durch die Gegend fahren, Ásgeir ist ein ganz wunderbarer Interviewpartner und jetzt hat uns auch noch Emiliana Torrini bei ihrem Konzert verzaubert. Irgendwas muss da in Island in der mosigen Luft liegen, dass so viel musikalisches Talent von der Insel kommt, die gerade mal 1/8 der Bevölkerung von Berlin beherbergt. Freudestrahlend präsentiert Emiliana nicht nur ihre Band, das The Colorist Orchestra, sondern auch ihren riesigen Bauch. Hochschwanger steht sie auf der Bühne, was weder ihrer Stimme noch ihrer Ausstrahlung einen Abbruch tut. Ganz im Gegenteil. Schon von der ersten Sekunde an verbreitet die Isländerin mit einem entwaffnenden, glücklichen Dauerlächeln eine Aura, dass man ganz bezaubert von ihr ist. Ganz im Gegenteil zu ihren Pressebildern, die sie häufig recht ernst und melancholisch zeigen. Man wünscht sich  unweigerlich mit diesem Wesen befreundet zu sein und möchte ihr den ganzen Tag zuhören, wie sie mit diesem reizenden Dialekt tolle Geschichten erzählt. Ihr treu ergebenes Publikum begrüßt sie ganz souverän auf Deutsch. Das hat sie von ihrem Onkel gelernt, den sie als Kind oft in der Nähe von Frankfurt besucht hat.

Schon nach den ersten Klängen wird klar, dass dies ein ganz besonderer Abend wird. Das acht-Köpfige belgische Orchester hat ihre Songs ganz neu interpretiert, so entstehen immer wieder überraschende Versionen mit bekannter Stimme und einer ganz neuen Instrumentierung. Wenn man sich so auf der Bühne umblickt, wirken die Instrumente zum Teil skurril. Es sieht aus wie eine musikalische Experimentierstube mit vielen selbst gebastelten Instrumenten, deren Einsatz im Laufe des Konzertes immer wieder einen Überraschungseffekt haben. Es gibt so viele davon, dass manche nur für einen Song zum Einsatz kommen. Selbst eine zerknüllte Plastiktüte hat irgendwann ihren großen Auftritt. Diese Instrumente werden mit einer derartigen Leidenschaft und Hingabe gespielt, dass es ein Fest ist, den Musikern bei ihrem nerdigen Schaffen zuzuschauen. Emiliana erzählt, wie es zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit kam. Nachdem sie sich von ihrer Band getrennt hatte, war sie auf der Suche nach etwas Neuem, Aufregendem. So hat sich aus der Anfrage eines Berliner Musikers, der einen Song neu für Streicher arrangieren wollte eine Idee ergeben, die sie zum Konzept machte. Alles funktioniert ab jetzt nach der einfachen Regel: “You choose the songs, make the setlist, and I will come and sing.”

Lachend erzählt sie, welche Erfahrung sie bei diesem Experiment gesammelt hat. Selbst mit Zigeunern ist sie aufgetreten. Irgendwann kam die Anfrage von The Colorist. Auch hier stürzt sich Emiliana wieder ganz unbedarft in die Zusammenarbeit, bis sie merkt, dass sich daraus ein ernsthafteres Projekt entwickelt, das neben der Platte als Höhepunkt die Live-Shows zum Resultat hat. The Colorist Orchestra und Emiliana sind eine perfekte Kombi, die sich auf der Bühne merklich respektieren und inspirieren. Dazu haben alle einen Heidenspass an dem was sie tun. Das ist jedem einzelnen Gesicht auf der Bühne anzusehen, diese Freude überträgt sich auf das Publikum das voll mit geht, und sich ganz auf die Musik einlässt. Offensichtlich hat Torrini Spaß an Kooperationen mit anderen Musikern gefunden, denn während sie sich munter durch die Setlist ihrer mittlerweile schon neun Alben spielt, kündigt sie einen neuen Song an: „Nightfall Pale Blue“. Dieser erscheint Ende März auf dem neuen Kid Koala Album, das die beiden Künstler zusammen in Montreal aufgenommen haben. Der live Vorgeschmack ist schon mal vielversprechend. Zwischen diesen ganzen Projekten scheint immer noch viel Zeit für das Zwischenmenschliche geblieben zu sein. Lachend gesteht sie: „We took the next stage and had a lot of Sex”. Damit meint sie ihren englischen Ehemann, sie streichelt über ihren überdimensionalen Bauch und streckt ihn extra noch einmal hervor, als wäre er zu übersehen. Dieser hält Emiliana allerdings nicht vom Tanzen ab. Die Kugel wippt vor ihr fröhlich auf und ab.  Sie verrät auch, warum es im Leben so wichtig ist. Als sie eines Tages mit ihrem Sohn in der Küche tanzt meint der: „Mommy, when we dance together our mind is shining“.  Schöner kann man kaum ausdrücken, was Musik mit einem anstellt. Also tanzen wir gemeinsam mit Emiliana ausgelassen durch den Rest des Abends.

Worte und Foto: Kate Rock