Berlinale 2018: Diese Filme solltet ihr euch vormerken

Diese vielen, vielen Filme! Wo soll man da nur anfangen? Seit heute sind die Ticketcounter der 68. Filmfestspiele Berlin eröffnet und wir haben für euch eine Handvoll Filme aus dem Programm der Berlinale gepickt, deren Besuch wir euch ans Herz legen wollen.

303

Eine Studentin (Mala Emde) und ein Student (Anton Spieker) lernen sich durch Zufall an einer Autobahnraststätte kennen. Jan wurde von seiner Mitfahrgelegenheit versetzt, Jule ist mit dem Wohnmobil auf dem Weg zu ihrem Freund nach Portugal. Jan will nach Spanien, seinen leiblichen Vater kennenlernen. Ausgemacht wird eine gemeinsame Fahrt bis Köln, die aber nach und nach, Kilometer um Kilometer, verlängert wird. Dabei diskutieren die beiden, im wahrsten Sinne des Wortes über „Gott und die Welt“. Jan glaubt an den Menschen als Einzelgänger, Jule glaubt, dass nur Kooperation und Gemeinschaft langfristig zum Ziel führen. Kann man sich aussuchen in wen man sich verliebt? Ist Monogamie die Wurzel allen Übels? Große Fragen werden charmant, ohne erhobenen Zeigefinger verhandelt. Und dann ist da noch die Liebe. Kann man sie jetzt steuern oder nicht?

„303“, der neue Film von Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind vorbei“, „Das weiße Rauschen“) läuft als Eröffnungsfilm der Sektion Generation 14plus. Alle Termine gibt es hier.

Matangi / Maya / M.I.A.

Der Film über die Sängerin und Pop-Ikone M.I.A. ist mehr als eine reine Musikdokumentation. Als Tochter des Begründers der tamilischen Unabhängigkeitsbewegung in Sri Lanka geboren, kommt Mathangi „Maya“ Arulpragasam mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern als Flüchtlingskind nach London. Aus der ursprünglich geplanten Karriere als Dokumentarfilmerin geht M.I.A. hervor, einer der spannendsten und polarisierendsten Popstars unserer Zeit. Der Film gibt Einblick in das künstlerische Schaffens M.I.A.s, aber auch in die Absurditäten des Musikgeschäft und setzt gleichzeitig politische Standpunkte. M.I.A.s Kunst ist stets auch politisch motiviert und wird entsprechend kontrovers diskutiert. So zeigt die Dokumentation auch, dass die Identität als Geflüchteter das restliche Leben bestimmt.

„Matangi / Maya / M.I.A.“ von Steve Loverdige läuft in der Sektion Panorama Dokumente. Alle Termine gibt es hier.

Luz

Luz heißt die chilenische Taxifahrerin, die zu einer psychologischen Begutachtung der Polizei antritt, ohne zu wissen, dass dem leitenden Psychotherapeuten ein Dämon inne wohnt, der Besitz von dem verträumten Mädchen ergreifen will. Es entwickelt sich eine extrem spannende Szene, in der Luz hypnotisiert wird um den Tag zu rekapitulieren, an dem eine mysteriöse Freundin aus alten Zeiten einer Mädchen-Klosterschule unerwartet in ihr Taxi steigt. Während die Erinnerung immer stärker aufglüht, nähert sich der Dämon im Körper des Doktors immer weiter seinem finalen Ziel, bis in einer dramatischen Schlusssequenz die Sitzung ein blutiges Ende findet.

„Luz“, das angenehm eigenartige Langfilmdebüt von Regisseur Tilman Singer, läuft in der Sektion Perspektive Deutsches Kino. Alle Termine gibt es hier. 

Utøya 22. juli

Am 22. Juli 2011 wurden 500 Jugendliche in einem Ferienlager auf der norwegischen Insel Utøya von einem rechtsextremen Attentäter angegriffen. Kurz zuvor zündete der Attentäter in der Innenstadt von Oslo eine Autobombe. Insgesamt 69 Menschen verloren an diesem Tag ihr Leben. Der Film des norwegischen Regisseurs Erik Poppe beginnt mit dokumentarischem Filmmaterial und rekonstruiert dann in einer einzigen, 72 Minuten langen Kameraeinstellung den Schrecken des Angriffs auf der Ferieninsel, konsequent aus der Sicht der Opfer. Die Angst, die mit dem ersten Schuss einsetzt, die atemlose Flucht vor dem unbekannten Schützen. Eine schmerzhafte filmische Aufarbeitung eines der schlimmsten terroristischen Anschläge der jüngeren Gegenwart.

„Utøya 22. Juli“ von Erik Poppe läuft im Wettbewerb. Alle Termine gibt es hier.

 

Rückenwind von vorn

Charlie hat eigentlich allen Grund glücklich zu sein. Sie arbeitet leidenschaftlich als Lehrerin, befindet sich seit längerem in einer festen Beziehung und sogar mit ihrer Großmutter pflegt sie ein liebevolles Verhältnis. Trotzdem merkt sie zunehmend, dass ihr etwas fehlt. Sie trauert ihrer Vergangenheit hinterher, der Zeit, zu der alles noch so leicht und unbekümmert war. Zu viele Erwartungen werden plötzlich an sie gerichtet. Freund Marco, der sich sehnlich ein Kind von ihr wünscht, verschweigt sie, dass sie die Pille immer noch nicht abgesetzt hat. Eine Reihe von Problemen türmen sich auf und Charlie ist gezwungen, ihr Leben zu überdenken. Auszureißen und alles hinter sich zu lassen wird ein immer plausiblerer Ausweg.

„Rückenwind von vorn“ von Philipp Eichholtz läuft in der Sektion Perspektive Deutsches Kino. Alle Termine findet ihr hier

Partisan

Die Dokumentation widmet sich den 25 Jahren Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz unter der Intendanz Frank Castorfs, der mit seiner neuen Arbeitsweise die öffentliche Wahrnehmung des Hauses und nicht zuletzt des Mediums Sprechtheater an sich radikal veränderte. Ensemblemitglieder wie Sophie Rois, Henry Hübchen, Martin Wuttke und Herbert Fritsch kommen hier ebenso zu Wort wie die sonst eher ungesehenen Macher hinter den Kulissen und natürlich Castorf selbst. Ein filmisches Muss für jeden, der auch nur einmal in seinem Leben in der Volksbühne war – und für alle, die schmerzlich erfahren möchten, was sie in den letzten 25 Jahren verpasst haben.

Die Dokumentation „Partisan“ von Lutz Pehnert, Matthias Ehlert und Adama Ulrich läuft in der Sektion Panorama Dokumente. Alle Termine gibt es hier.

Don’t worry, he won’t get far on foot

Gus Van Sants biografisches Drama basiert auf den Memoiren des Cartoonisten John Callahan. Daraus entspinnt die amerikanische Indie-Film-Ikone Van Sant die fiktive Geschichte von John (Joaquin Phoenix), der eines Nachts betrunken auf dem Beifahrersitz eines Kumpels einschläft und am nächsten Morgen querschnittsgelähmt im Krankenhaus aufwacht. Mit 21 Jahren für den Rest des Lebens im Rollstuhl sitzen, um das zu ertragen muss man jedes verfügbare Quentchen Humor aufbringen. John nutzt sein künstlerisches Talent und lernt, seine Erfahrungen mit allerlei menschlichen Abgründen in messerscharfen Comics umzusetzen.

„Don’t worry, he won’t get far on foot“ von Gus Van Sant („Good Will Hunting“, „Elephant“) läuft im Wettbewerb. Alle Termine gibt es hier.

Whatever happens next

Paul beschließt eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit vom Fahrrad abzusteigen und abzuhauen, sich einfach treiben zu lassen. Auf seiner Reise ins Nirgendwo begegnen ihm allerlei Abenteuer, die amüsanter kaum sein könnten. Während seine Frau einen Privatdetektiv beauftragt ihren vermissten Ehemann zu suchen, zwingt den Vagabunden sein neues Leben, die Hilfe von Fremden zu erbitten. So setzt er sich auf einem Parkplatz ohne Scham in ein Auto oder schleicht sich auf eine Hausparty und bleibt bis zum Frühstück am nächsten Morgen. Doch irgendwie schafft er es immer, auf seine eigene Art die vorerst irritierten Menschen am Ende für sich zu gewinnen. Nur seine Geliebte Hanna springt nicht so recht auf ihn an. „Whatever happens next“ ist unfassbar komisch und tragisch zugleich, er löst in einem den leisen Wunsch aus, selbst seine sieben Sachen zu packen.

„Whatever happens next“ von Julian Pörksen läuft in der Sektion Perspektive Deutsches Kino. Alle Termine findet ihr hier.

Empfohlen von: Finn Hackenberg und Gabi Rudolph

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