Die “Operation Jimmy Choo” hatten meine Freundin Elena und ich seit Tagen generalstabsmäßig geplant:
Am Freitagabend tanzen gehen und anschließend, in den frühen Morgenstunden zu H & M, um als eine der Ersten in der Schlange zu sein. Sandwiches vorbereiten, Kaffee in Thermoskannen füllen, Isomatten und warme Sachen einpacken.
Auf dem Weg zur Party fahren wir zunächst auf einen kleinen Abstecher bei H&M vorbei, um die Parkplatzsitiuation auszuloten und noch mal schnell einen begehrlichen Blick ins hell erleuchtete Schaufenster zu werfen. Vorfreudig stürzen wir uns dann erst mal ins Partygetümmel. Zwischendurch immer wieder ein verstohlener Blick auf die Uhr. Die Zeit schleicht nur so und wir können uns ein verstohlenes Gähnen nicht verkneifen. Jetzt bekomme ich auch noch Kopfschmerzen. Na prima, und noch 7 Stunden bis zur Ladenöffnung. Wie soll ich das bitte durchhalten?
Gegen halb 4 machen wir uns auf zur H&M Filiale. Zwei Damen hatten die offensichtlich dieselbe Idee wie wir und campieren bereits fröstelnd vor dem Eingang. Zögerlich halten wir an. Jetzt, mitten in der Nacht sieht alles gar nicht mehr so verlockend aus, die Schaufenster sind dunkel, keine Jimmy Choos funkeln uns verführerisch an. Wir sitzen geschlagene 15 Minuten im Auto und halten Kriegsrat. Sollen wir wirklich und wahrhaftig jetzt, das Ziel quasi vor Augen, die Segel streichen und die Objekte der Begierde kampflos anderen überlassen. Wir tun es. Ganz ohne Diskussion und Münze-werfen. Und ich kann tatsächlich zuhause beruhigt einschlafen.
Ganz aufgegeben habe ich allerdings noch nicht, also habe ich mir tapfer den Wecker auf halb 10 gestellt, um wenigstens im H&M Online-Shop mein Glück zu versuchen. Der ist allerdings bereits wegen Überfüllung geschlossen, daran ändert auch stetiges „Seite neu laden“ im Sekundentakt nichts. Punkt 10 Uhr geht auch auf der H&M-Hauptseite nichts mehr. Kompletter Zusammenbruch.
Gebannt starre ich weiter auf den Bildschirm und überlege, ob ich mich nicht lieber einfach noch mal hinlegen soll. Zwanzig Minuten später öffnen sich für mich plötzlich und ohne jede Vorankündigung dann noch die virtuellen Türen zum (Online-) Paradies. Ich habe zwar wenig Hoffnung, dass die “Konkurrenz” noch etwas übrig gelassen hat, aber trotzdem schlägt mein Herz nun merklich schneller. Okay, einmal tief durchatmen und rein ins Shopping-Vergnügen. Schnell einen Überblick verschaffen und dann -klick, klick – los geht´s. Der Hinweis, dass erst eine Email-Bestätigung nach Abschluss des Kaufs darüber informiert, welche Artikel nun tatsächlich erworben werden konnten, versetzt mich kurzzeitig in Panik. Und sorgt dafür, dass ich beinahe in Kaufrausch verfalle und doch mehr Artikel -sprich Schuhe- in den Einkaufswagen werfe, als eigentlich geplant. Die hübsche Zebra-Clutch wandert auch noch mit hinein. Schließlich weiß ich doch gar nicht, ob am Ende überhaupt etwas davon übrig bleibt. In Rekordzeit haste ich zur virtuellen Kasse, dummerweise habe ich meinen “persönlichen Code” vergessen. Einen neuen anzufordern kostet mich zum Glück nur knappe zwei Minuten. Schnell die Bestellung abschicken und sofort, mit leicht zitternden Händen den Posteingang checken. Da ist sie, die Bestätigungsmail und die Spannung steigt. Ungläubigkeit macht sich auf meinem Gesicht breit. H&M bestätigt mir die Lieferung ALLER Artikel, die ich bestellt habe in der nächsten Woche und bietet mir standardmäßig an, meinem Kauf noch weitere Artikel hinzu zu fügen. Ich kann es kaum fassen. Sollte ich vielleicht doch noch das ein oder andere… Angesichts der Rechnungssumme ein Stück weiter unten finde ich mich aber schlagartig in der Realität wieder. Au weia, das wären eigentlich meine neuen Winterreifen gewesen. Ich tröste mich damit, dass ich ja immer noch welche von meinen Schätzen zurück geben kann -oder die nächsten Monate einfach S-Bahn fahren. In Jimmy Choos.
Fazit: Die “Operation Jimmy Choo“ vor Ort abzubrechen war die richtige Entscheidung. Besser ein paar Stunden Schlaf und dann entspannt, mit einer Tasse Kaffee, vom Bett aus einkaufen was das Herz begehrt (und der Geldbeutel hergibt) anstatt stundenlang in der Kälte stehen und sich vor Ort um die limitierten Stücke prügeln müssen. Besonders angesichts der Szenen, die sich teilweise in den Filialen abgespielt haben. Ein bisschen Nervenkitzel war ja trotzdem dabei. Und Elena hab ich übrigens auch ein Paar Jimmy Choos mitbestellt.
Fotos: (c) H&M