„Alien: Covenant“ von Ridley Scott: Zu dumm für den Weltraum

Wenn man eher selten Science Fiction Filme sieht, erliegt man leicht der Illusion, das Genre müsse sich rasant fortentwickeln, bei den technischen Möglichkeiten, die heute herrschen plus die fortschreitenden Erkenntnisse über Storytelling und Charakterentwicklung. Und dann sitzt man in „Alien: Covenant“ und wird das Gefühl nicht los, dass die Zeit irgendwie stehen geblieben ist. Gut, der Xenomorph ist keine Puppe mehr wie Anno 1979, die Technik der Animation lässt ihn noch überzeugender und brutaler auftreten. Und in diesen Raumschiffkatakomben leuchtet, blinkt und projiziert es an allen Ecken und Enden fraglos beeindruckend vor sich hin. Trotzdem wird es zunehmend schwerer, gerade im Wissen um die ganze Technik, sich voll der Illusion hinzugeben, dass man sich nicht in einem Studio und vor einer Greenscreen Leinwand befindet, sondern gerade durchs All floatet. Da könnte man dem skeptischen Zuseher aber noch unterstellen, sich nicht ausreichend darauf einzulassen. Aber was zum Teufel ist mit den Charakteren los? Wer hat diese unfähige Truppe zusammen gestellt, die die Covenant durchs All steuert auf der Suche nach einem Planeten, auf dem die Menschheit weiterbestehen kann?
Vielleicht ist das auch alles Absicht. Möglich, dass Ridley Scott, der dieses Jahr 80 Jahre alt wird, nach seinem eher metaphysischen „Prometheus“ Lust hatte, es einfach nochmal so richtig sinnlos krachen zu lassen. Dementsprechend ist „Alien: Covenant“ ein wahres Blut- und Fleischfetzenspektakel geworden, bei dem ein Großteil der menschlichen Darsteller sich mal wieder so richtig auseinander nehmen lassen darf. Das sorgt für ordentlich Ekelfaktor, aber leider für viel weniger Spannung die entstehen hätte können, wenn die Crew der Covenant sich etwas mehr angestrengt hätte, es den killenden Xenomorphen nicht ganz so leicht zu machen. Alienfutter vom All You Can Eat Buffet, sozusagen.

Als die Covenant von einer Neutrino-Explosion erschüttert wird, schafft ein Teil der Crew, inklusive des Captains der Mission, es nicht rechtzeitig aus ihren Kälteschlafsärgen. Das Kommando über den traurigen Rest übernimmt Oram (Billy Crudup), der sofort eine Kursänderung vornehmen lässt, als überraschend in unmittelbarer Nähe ein bisher unentdeckter erdähnlicher Planet auftaucht. Bis zum ursprünglichem Ziel der eingefrorenen Siedler und Embryonen dauert die Reise noch über sieben Jahre, und nach dem vorangegangenen Unglück hat keiner der Crew so richtig Lust, sich wieder in seinen Kältesarg zu begeben. Das allein reicht als Argument, auch dass die Atmosphäre des Planeten aus der Ferne vielversprechend aussieht. Wissenschaftlerin Daniels (Katherine Waterston) hält berechtigterweise gegen, die Sache müsse einen Haken haben. Man muss das Genre noch nicht einmal allzu gut kennen um ein Gefühl dafür zu kriegen, dass an diesen Bedenken sehr wahrscheinlich etwas dran ist.
Erst einmal auf dem Planeten angekommen, entwickelt sich dann alles recht schnell in die zu erwartende Richtung. Die Anzahl der im Film vorkommenden Michael Fassbender Hybriden verdoppelt sich von eins auf zwei, einer meint es gut, einer eher nicht. Viren nisten sich in Ohren und Nasen ein (Schutzanzüge wären dann doch zu old school), ihre Träger gebären rasant schnell blutrünstige Xenomorphen. Damit diese auch ungehindert zugreifen können, muss sich immer mal wieder jemand von der schlecht bis gar nicht geleiteten Truppe entfernen, da darf auch schon mal die Ankündigung „ich geh mich kurz frisch machen“ als Motivation herhalten. Dass es vielleicht keine so gute Idee ist, ein verletztes, Alien-attackiertes Crewmitglied mit zurück aufs Raumschiff zu nehmen, erschließt sich dem Zuschauer offensichtlich auch leichter als dem Covenant Team. Aber wir müssen hier ja irgendwo hin, möglichst in Richtung eines spektakulären Finales. Um die Handlung voranzutreiben, scheint mitunter jedes Mittel recht.
Im besten Falle kann man das alles ausblenden und sich an dem fröhlichen Gemetzel erfreuen. Spannung oder die ein oder andere Frage, wie es jeweils zu der nächsten Entwicklungen kommt, kommt dabei allerdings höchst selten auf. Und eigentlich ist es sowieso völlig egal, wen es als nächstes erwischt, da man letztendlich niemanden der Handelnden mehr als nur schablonenhaft kennenlernt. Wenn sich dann auch noch das Gefühl einstellt, dass selbst vom eigentlich großartigen Fassbender einer gereicht hätte, dann lässt sich nicht mehr leugnen, dass hier etwas gewaltig schief läuft. Ab ins All mit den Aliens. Und vor der nächsten Mission bitte alle nochmal auf die Schulbank.

Filmstart: 18.05.2017

Gesehen von: Gabi Rudolph