Miles Kane im Interview

Lampenfieber ist ein Fremdwort für Miles Kane. Der 27-Jährige sang bereits bei The Rascals, spielte die Gitarre bei The Little Flames und betrieb mit Alex Turner von den Arctic Monkeys das poppige 60ies Projekt The Last Shadow Puppets. Aber 2011 wollte der Brite mehr, brachte sein Solodebüt „Colour Of The Trap“ heraus und bewies sich von da an als Alleinunterhalter auf den Bühnen der Welt. Vor seinem Konzert im Berliner Bi Nuu nahm sich Miles Kane Zeit für ein Gespräch über seine neue Platte „Don’t Forget Who You Are“, über das Kreativsein und seine große Leidenschaft: das Performen.

Einer Studie zufolge sollen sich Menschen in ihren Endzwanzigern am wohlsten in ihrem Körper fühlen. Trifft das auf dich zu?

Miles Kane: Ich fühle mich sehr wohl in meinem Körper. Das kann man auch in meiner Musik hören. Ich weiß genau was ich will. Ich will direkt und einprägsam sein, ohne zu viel darüber nachzudenken. Meine Musik soll ihre eigene Identität haben. Sie soll Rock’n’Roll sein. Aber ohne die Erfahrung, ohne die vielen Sachen, die ich schon gemacht habe, könnte ich nicht die Musik machen, die ich jetzt mache. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe und viel kämpfen muss. Es gibt noch so viele Alben, die ich machen möchte. Zurzeit höre ich eine Menge Soul. Musik von James Brown und so. Ich würde liebend gern einmal ein Album in diesem Stil machen. Aber im Moment genieße ich es die neuen Stücke zu hören, sie live zu spielen und mir nicht den Kopf über das Danach zu zerbrechen.

Welchem Antrieb bist du mit deinem neuen Album gefolgt?

Ich wollte wieder Konzerte spielen und ein wirklich ehrliches Album machen. Die Texte sollten mein Leben und mich festhalten, so wie es zu dem Zeitpunkt war. Ich wollte mich mit den Songs mehr öffnen. Ob es dabei um Wut, um das Verlieben oder Entlieben geht. Es sollte dieses Mal mehr um Gefühle gehen. Wenn ich die Lieder singe, muss ich manchmal daran zurück denken wie und warum ich sie geschrieben habe und es lässt mich traurig werden. Manchmal auch glücklich. Weil es so wahr ist. Vor der Wahrheit kann man sich nicht verstecken. Und einen Song zu schreiben, kann Erlösung bedeuten. Es ist so als würde man mit jemanden reden können. Das hilft.

„Don’t Forget Who You Are“ ist der Titel deines Albums. Sprichst du damit den Zuhörer an oder meinst du dich selbst? 

Es geht dabei um die Menschen um mich herum. Manche versuchen immer nur dem Ruhm nachzujagen. Für sie ist das eine Art Erinnerung. Und für mich selbst ist es so: egal wie viele Alben ich verkaufe und wie viele Konzerte ich gespielt habe, die Basissachen sind mir das Wichtigste. So wie meine Familie. Das will ich nicht vergessen. Zu oft habe ich mich schon in Kleinigkeiten verloren. Jetzt versuche ich immer im Fokus zu haben wieso ich hier bin.

Worin hast du dich verloren?

Ich habe mich in der Liebe verloren. Sich zum ersten Mal in der Liebe zu verlieren, ist eine gute Sache. Darüber habe ich auch geschrieben. Es ist so rar und mir erst ein Mal passiert. Eine coole Sache, aber es hält halt nicht ewig. (lacht) Ohne Musik wäre ich auf jeden Fall komplett verloren. Ich liebe es Lieder zu schreiben, aber noch mehr liebe ich das Performen. Dass auf der Bühne stehen und im Moment verlieren. Nichts kann mich da runterkriegen. Das ist gesund für mich. Ich brauche dieses Gefühl.

Ist es dir möglich deine Gedanken genau so umzusetzen wie sie im Kopf existieren?

Nicht ganz. Aber dadurch wird man doch erst kreativ. Am Ende kann etwas ganz anderes rauskommen. Etwas viel Besseres. So war es zum Beispiel bei „Darkness In Our Hearts“. Den Chorus trage ich schon seit Jahren mit mir herum. Für das neue Album habe ich dann endlich mehr dazu geschrieben. Bei den Aufnahmen wurde dann noch einmal alles geändert. Letztlich ist alles, außer der Chorus, komplett anders als das Demo. Ich denke dafür war auch mein Produzent Ian Broudie gut. Er hat die Songs so gut gemacht, wie sie nur sein konnten und war mir damit eine große Hilfe. Im Besonderen durch seine methodische Herangehensweise. Wir haben eine wundervolle Beziehung zueinander aufgebaut. Er hat ein großartiges Ohr dafür, die guten Parts in den Songs herauszuholen. Um ehrlich zu sein, hätte ich das Album ohne ihn nicht machen können.

Wann hörst du eigentlich auf kreativ zu sein?

Manchmal fühle ich mich schuldig, wenn ich für eine Weile nicht mehr Gitarre gespielt habe. Wenn ich mit ein paar Freunden in den Pub gehe und am nächsten Tag nicht Musik mache. Da fühle ich mich schlecht, auch wenn man das Kreativsein nicht forcieren kann. Meine Freunde halten mich deshalb für verrückt.

Was wird mit dir in den nächsten Jahren geschehen?

Man wird mich braungebrannt auf einer großen Jacht in Südfrankreich sehen. (lacht) Ich rauche Zigarre, trinke viel Champagner und habe lange, graue Haare. In großen pinken Lettern steht dann auf der Jacht „Don’t Forget Who You Are“! (lacht) Ach nein, ich weiß nicht, wo es mich in den nächsten Jahren hinziehen wird. Aber erst einmal wird bis zum nächsten Sommer getourt. Und bis dahin würde ich eigentlich auch ganz gerne noch einen neuen Song veröffentlichen.

Welchen guten Rat hast du für dich selbst, wenn du auf Tour bist?

Gut zu essen und zu schlafen. Ich versuche weniger zu rauchen, um am Tage meine Stimme zu schonen.

Was muss immer mit auf Tour?

Mein Inhalator. Ich nehme auch ständig zu viele Klamotten mit auf Tour. Außerdem trage ich immer Schmuck, den ich von meiner Mutter habe, weil das meine Glücksbringer sind.

Hast du gern deine Mutter um dich?

Wir telefonieren sehr oft. Meine Mutter und auch mein Vater sind große Musik-Fans. Das hat mich schon früh geprägt. Als ich ein Kind war, spielte immer Musik im Haus. Wenn ich morgens aufstehe, mache ich zuallererst Musik an. Vor einem Konzert muss ich Musik hören. Ich halte Stille nicht aus. Ich hasse es in einem Raum voller Leute ohne Musik zu sein.

Interview und Fotos: Hella Wittenberg