KISS, 03.06.2015, O2 World Berlin

KISS loves you

Wie soll man den perfekten Rock’n’Roll Zirkus in Worte fassen? Im Netz gibt es Millionen Livevideos von KISS und noch mehr Fotos und Worte, aber das alles ist nichts im Vergleich zu einem ihrer echten Konzerte, wie ich jetzt festgestellt habe. Ich liebe diese Band schon ewig, aber mit einem Konzert hat es bis gestern einfach nie hingehauen und dabei touren sie seit 40 Jahren. Endlich habe ich meine KISS-Live-Jungfräulichkeit verloren und es hat meine hohen Erwartungen bei weitem übertroffen.

Es ist ihre „40th Anniversary Tour“, die sie diesmal nach Berlin führt. 40 Jahre und  es sind noch zwei der Mitglieder, Gene Simmons und Paul Stanley, vom ersten Tag an mit dabei. Wer jetzt auf Grund des fortgeschrittenen Alters, immerhin sind beide über 60, ein Rentner-Konzert erwartet, liegt bei KISS falsch – vielleicht sind im Publikum ein paar Rentner, aber man sieht auch Kinder herumspringen. KISS sind eine Band für jede Generation. Und die Band selber? Selbst manch junge Rockband kann bei der Energie nicht mithalten.

Paul Stanley tanzt 90 Minuten erstaunlich leichtfüßig in seinen Plateauschuhen und Glitzercatsuit über die Bühne. Immer wieder mit dem Rücken zum Publikum, damit man auch die tollen Glitzerfransen an den Schuhen schwingen sieht und den knackigen Hintern wackeln. Und zu „Love Gun“ gibt es noch den obligatorischen Flug über das Publikum auf eine kleine Drehbühne, beschwingt und ohne große Sicherung begibt er sich auf die kurze Reise. Wo andere Künstler sich schon mal ein kleines Sicherungsseil einbauen, gibt es das bei KISS nichts. Alle Hebe- und Schwebebühnen werden ohne viel Aufhebens so genommen.

Es ist auch absolut faszinierend, wie Gene Simmons aka The Demon bei seinem Basssolo so unglaublich gruselig daher kommt, obwohl man den Mann hinter der Maske „kennt“. Die Art wie er seine Axt spielt, die Töne, seine Augen…es scheint, das pure Böse habe in dem Moment von ihm Besitz ergriffen. Wenn man das nicht live erlebt hat, kann man es nicht begreifen. Oder wenn er Feuer spuckt – zugegeben ein recht kleiner Auftritt, einmal kurz gespuckt und fertig, aber dann wirft er die brennende Fackel einfach in den Boden und sie bleibt stecken. Wie nur?

Dank des massiven Einsatzes von Feuer als Effekt wurde es in der sonst so kalten O2 World sogar ziemlich schnell warm. Dazu gab es noch mehr Feuerwerk als an Silvester am Brandenburger Tor – natürlich immer passend zum Takt. Perfektes Timing. Und auch da: Wenn Tommy Thayers Gitarre Funken spuckt, jubelt man begeistert und wundert sich woher sie kommen. Über den perfekten Einsatz von Licht und Lasern muss man auch kein Wort mehr verlieren – gut, am Anfang brennen die Augen ein wenig, weil es so hell und die Wechsel so schnell sind, aber auch das geht vorbei. Schließlich muss man mitsingen und tanzen und bei jeder Gelegenheit so laut schreien, dass man gar nicht mehr hört, ob die neben einem auch mit jubeln. Ist auch egal. Das war mein Konzert!

Die Setlist bestand aus alten Hits und wenig neuem. Immerhin mein liebster Song „Hell or Hallelujah“ von ihrem aktuellen Album „Monster“ hat es geschafft und wurde von Simmons zu einem neuer Klassiker gekürt. Das sei gar nicht so einfach, sagte er. Bei so vielen starken Rocksongs ist es eben nicht einfach eine Auswahl für eine 90-minütige Show zu treffen. Als Zugabe gab es das „Best of“ des „Best of“s. „Shout It Out Loud“, „I Was Made For Loving You“ und „Rock’n’Roll All Night“ – das Publikum tobte noch ein letzten Mal. Erschöpft und glückselig war ich bereit für den Heimweg, auf dem jeder Knall als Open Air-Zugabe von KISS gewertet wird.

Nur bei einer Sache war ich etwas enttäuscht: Die Könige des Merchandise hatten eine ziemlich kleine Auswahl an Sachen, die keine T-Shirt waren. Aber das war’s auch schon. Ich rock’n’rolle jetzt den restlichen Tag und die ganze Nacht.

P1290631

P1290637 P1290660 P1290666 P1290672 P1290685 P1290691 P1290726 P1290744 P1290757 P1290760 P1290766 P1290769 P1290775

P.S. I love you, too, KISS!

https://www.kissonline.com/

Ein Traum ging in Erfüllung für: Dörte Heilewelt, Fotos hat sie auch gemacht