Interview mit Malky

Malky – das sind Daniel Stoyanov und Michael Vajna aus Leipzig, aber sie sind nicht von hier. Durch ihre Kindheit sind die beiden Musiker im Balkan verwurzelt, Daniel in Bulgarien und Micha in Ungarn. Aus Bulgarien kommt auch der Name Malky, es ist eine freche Bezeichnung für einen kleinen Jungen.
Seit der Jugend haben sie mit Musik zu tun: Daniel war schon Background-Sänger für Fanta4 und beide haben durch Songwriting für viele deutsche Künstler wichtige Erfahrungen gesammelt. So haben sie sich in die Welt der Musik eingeschlichen und jetzt geht es mit ihrer Band in den Vordergrund: das beim eigenen Label eightydays records erschienene Debüt-Album „Soon“ ist da und vom Herzenswerk zum Produkt ist alles alleine gemacht. Der soulige Pop-Sound mit R&B, Motown und auch elektronischen Einflüssen scheint nicht austauschbar, voller Tiefe, trotz oder gerade wegen des Fehlens großer Effekte. Die einzigartige, sehnsuchtsvolle Stimme von Daniel reißt mit, bleibt im Ohr und im Herzen. Mit kindlicher Sehnsucht, aber erwachsener Weisheit verlieren sie sich in der eigenen Welt und nehmen die Hörer mit. Entspannt und nachdenklich sorgen Malky so für Entschleunigung und erinnern an vergangene Zeiten. Sie sind auf dem besten Weg kein Geheimtipp mehr zu sein. Es ist eine besondere Zeit für Malky, alles gerät in Bewegung. Am Morgen des Album-Releases treffe ich Daniel in einer Friedrichshainer Wohnung. Bei einer Tasse Kaffee redet er entspannt über seine Band, die Vergangenheit und Zukunft, alte Uhren und Heimatsuche.

Als allererstes: herzlichen Glückwunsch zum heutigen Albumrelease!

Oh ja, danke. Wir haben uns auch schon gratuliert.

Bist du aufgeregt?

Es ist mehr eine freudige Spannung. Ein eigenartiges Gefühl. Man denkt vorher die ganze Zeit, ok, das Album kommt dieses Jahr und dann ist plötzlich der Zeitpunkt da und ich versuche es irgendwie noch einzuordnen. Es ist ja auch ein seltenes und seltsames Gefühl, wahrscheinlich kann man es auch deswegen nicht so richtig erfassen.

Überall gibt es positives Feedback zu Malky. Ich habe schon gelesen, dass ihr die „beste neue Band Deutschlands“ seid. Ihr seid am Anfang, aber es scheint, als ob es der Anfang von etwas Großem ist.

Ich hab auch den Eindruck, dass wir gerade noch so einen Geheimtipp-Bonus kriegen. Manchmal fühlt es sich groß an, aber ich versuche nicht so viel darüber nachzudenken, sonst könnte man sich auch zu viel darauf einbilden. Ich denke, dass die Sache für uns in einem ordentlichen und fairen Tempo abläuft, so dass wir den Wachstum kapieren und regelrecht sehen. Das ist gesund für uns.

Kommt das Feedback von den Leuten bei euch an?

Es kommt vor allem von den richtigen Leuten an. Von denen, die sich mit Musik beschäftigen und Malky entdecken und sagen: Wow, wie schön, dass so etwas auch aus Deutschland kommt, Respekt, Chapeau. Solche geerdeten Komplimente fühlen sich gut an. Man muss allerdings auch einsehen und verstehen, dass man am Anfang steht und noch viel arbeiten muss. Aber Komplimente nehmen wir natürlich gern an.

Wie ist es zu hören, dass man die Leute berührt? Dass eure Lieder eventuell Soundtrack von deren Leben werden?

Auch das fühlt sich noch seltsam an, im positiven Sinne. Wenn die Musik auf eine Zuhörerschaft trifft, entsteht so eine Art dritte Dimension, das muss man auch erst einmal begreifen. Momentan wird die Sache sehr positiv aufgenommen, aber es kann ja auch mal sein, dass bestimmt Songs überhaupt nicht ankommen. Diese Platte entstand erstmal für uns selber, damit wir in unserem Leben auf Kurs kommen. Jetzt kommen die Meinungen der anderen Menschen dazu und wir müssen irgendwie lernen damit umzugehen. Es ist ein völlig neues Kapitel. Und es beginnt heute!

Aber du hast ja auch schon einige Erfahrungen im Musikgeschäft gesammelt. Du bist dabei seit du klein bist und hast sicher vieles mitgenommen.

Ja, seit ich 12 bin. Aber man wird trotzdem ab und zu von Situationen überrascht. Im Großen und Ganzen bringt mir die Erfahrung natürlich viel. Früher habe ich mich oft gefragt, warum einige Dinge nicht funktioniert haben. Es ging wahrscheinlich genau darum die Erfahrung zu machen und das zahlt sich jetzt aus. Das ganze Album und auch das Surrounding basieren auf der Erfahrung Dinge anders zu machen. Die Art, wie das Album klingt, wie es veröffentlicht wird, all das hängt mit den Erlebnissen von früher zusammen.

Mit dem Namen „Malky“ in Verbindung steht überall: Malky ist nicht von hier.

Das ist der allererste Satz, den wir gepostet haben.

Und der macht neugierig. Es scheint, als ob Herkunft für Malky wichtig ist. Du kommst aus Bulgarien, Micha aus Ungarn. Wenn man Wurzeln in einem anderen Land hat, teilt sich das Herz auf zwei Orte. Vereint Malky quasi diese zwei Orte und kreiert so eine Heimat?

Das ist tatsächlich so. Malky ist zu einem großen Teil eine Heimatsuche und eine Rückkehr irgendwie. Ich bin in Deutschland aufgewachsen und sozialisiert, dafür bin ich sehr dankbar. Obwohl ich nur wenig Zeit in Bulgarien verbracht habe, verbinde ich mein Heimatgefühl mit dem Land. Das ist schwierig zu erklären. Es ist mit der Emotionalität verbunden, aber vielleicht auch, weil ich es als Kind als Land der Spiele und des ewigen Sommers erlebt habe. Somit leben diese schönen Kindheitserinnerungen weiter und ich denke an die paradiesische Heimat zurück. Vielleicht ist das illusorisch. Vor ein paar Wochen erst war ich dort und es reizt mich sehr öfter hinzufahren, weil es einfach so ein wahnsinnig interessantes Land voller unentdeckter kultureller Schätze ist. Sofia ist zum Beispiel nicht mit Orten wie Paris oder Rom, die ja irgendwie vorhersehbar sind, gleichzusetzen. Man muss sich erst einmal zurecht finden, mit Leuten reden, um Orte zu finden. Der neue Osten ist also sehr zu empfehlen für Erkundungsabenteuer-Rucksackreisen.

Wann hast du Micha eigentlich das erste Mal getroffen und wie kam es zu dem Entschluss zusammen Musik zu machen?

Vor ca. 5 Jahren zum ersten Mal. Als erstes ist er mir visuell aufgefallen, er stach im wahrsten Sinne des Wortes heraus, als so ein schlaksiger Riese. Ich hab mich gefragt, was der da macht. Wir sind uns immer wieder im Proberaum begegnet und im Arbeitsprozess, als wir für andere Songs geschrieben haben. Vor 3 Jahren hat das Schicksal uns einen kleinen Schubs gegeben, als Micha nach Leipzig gezogen ist. Da hätte unser Kontakt nämlich abbrechen können, aber zu dem Zeitpunkt gab es schon den Gedanken zusammenzuarbeiten. Wir haben uns sogar ein-, zweimal richtig darüber gestritten, weil wir dem nicht so richtig nachgekommen sind, indem wir immer wieder Termine verschoben haben. Trotz des Streits blieb diese Verbindung zwischen uns, also wollten wir es dann richtig durchziehen. Über ein Jahr habe ich ihn regelmäßig in Leipzig besucht, die Songs sind entstanden und letztendlich bin ich selber hochgezogen. Zu dem Zeitpunkt hießen wir schon Malky und waren somit auf Kurs.

Dann habt ihr angefangen als Support-Band zu spielen?

Es begann mit Laing, die durften wir zuerst supporten. Dann Judith Holofernes, Leslie Clio und auch Johannes Oerding in Zürich.

Jetzt geht ihr selber auf Tour. Spannend! Was ist zu erwarten?

Es ist unsere erste Headliner-Tour, das erste Mal, dass ein Publikum explizit für uns kommt. Das heisst, wir können uns ein bisschen Zeit lassen und auch ein paar mutige Schritte wagen, zum Beispiel mit den Arrangements. Wir können in verschiedensten Konstellationen spielen, zu zweit, zu dritt oder sogar zu acht. Wir werden sicher versuchen es so extrem wie möglich zu machen, einfach weil es jetzt der vernünftige Moment dafür ist, mit unserem eigenen Publikum. Das ist schon was anderes als Support-Band. Wir haben zwar echt gute Erfahrungen mit dankbaren Leuten gemacht, aber es gibt immer auch die, die sich nicht für den Support interessieren, was sehr schade ist. Man wünscht sich, dass die Leute zuhören.

Freut ihr euch auf irgendeinen Ort besonders? Das Finale eurer Tour wird ja in Leipzig sein. Und ihr kommt zu uns nach Berlin!

Auf Berlin freuen wir uns natürlich. Weinheim ist für uns alle ein besonderer Ort, sowohl der Schlagzeuger als auch Michi kommen dort her. Ein Haufen Freunde werden da sein und ich selbst fühle mich als halber Weinheimer mittlerweile, weil wir so oft auf Durchreise dort übernachten und es ist echt ein schönes Städtchen.

Ich habe mal von deinem Ritual vor Auftritten gelesen, was mich total fasziniert hat. Du sammelst alte Uhren, die du symbolisch vor den Gigs an die Bandmitglieder verteilst.

Ja, ich sammle alte Uhren, das ist sozusagen mein Fetisch. Guck mal, die hier ist aus den Siebzigern. Wenn man darüber nachdenkt, dass die Person, die sie vorher getragen hat, vielleicht nicht mehr lebt… Ich trage sie weiter. Die Zeit geht immer weiter…

Erzähl mir von eurem Album „Soon“. Gibt es einen roten Faden, der sich durchzieht?

Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass Michi und ich niemals Gegenwartsmusik machen. Also Musik, die für den Moment geschrieben ist und dann ausgelebt werden muss. Bei uns passiert das nicht. Es gibt aber auch so Songs, die zwischen der Vergangenheit und Zukunft pendeln und ein bisschen in der Luft hängen ohne die Füße auf den Boden zu kriegen. Das ist eher bei uns der Fall. Diese Sehnsucht nach Vergangenheit, nach dem Verlorengegangenen, was man vielleicht in der Zukunft wieder sucht. Das alles reizt uns mehr als die Gegenwart. Der rote Faden in „Soon“ ist dieser Blick in die Ferne, nach vorne und zurück, Sehnsucht. Es ist dieses Gefühl, das wir versucht haben einzufangen, nicht so sehr eine bestimmte Thematik. Zum Teil haben wir auch mit dem Album versucht eigene Erinnerungen zu speichern. Ich freue mich darüber wie das Album geworden ist, denn ich habe darin bestimmte Lebensgefühle und Momente eingefroren und bin damit echt im Reinen. Wenn ich irgendwann an einem anderen Punkt in meinem Leben bin, kann ich in dieses Album reinhören und mich erinnern wie alles war. Erinnerung ist so wichtig, da man sich dadurch identifiziert.

Wann sollte man das Album hören?

Wenn die Leute morgens vom Berghain zurück nach Hause laufen, das ist ein ausgezeichneter Moment. (lacht)

Hast du ein eigenes Lieblingslied?

Ich mag Diamonds. Da ist alles drin was uns so auszeichnet.

Was steckt da für eine Geschichte hinter dem Song?

Eine Trennungsgeschichte, die mit einer Blues-Attitude gesungen wird. Aus einer Perspektive, die vielleicht nicht die richtige ist, aber so nach dem Motto: ich fühle es so und warum fühlst du nicht so. Es war ein One-Take und ich bin mit der Aufnahme echt total zufrieden.

Mir gefällt „History of Broken Heart“ am Besten.

Echt? Schön! Das ist die erste Nummer, die wir zusammen geschrieben haben. Es ist die hellste Nummer auf dem Album, obwohl es um gebrochene Herzen geht.

Das ist auch das erste Lied was ich von euch gehört habe. Und zwar bin ich auf dieses Video gestoßen, was ihr mitten im Nirgendwo von Hannover als One-Take gedreht habt und akustisch das Lied spielt und es hat mich total beeindruckt.

Das war super, zu der Zeit waren wir mit Judith Holofernes auf Tour.

Jetzt habt ihr ja gerade erst das Album abgeschlossen, also ist es vielleicht absurd schon über nächste Projekte nachzudenken. Aber schweben dir schon Ideen im Kopf rum?

Notizen mache ich mir ständig. An meiner Wand kleben viele Sachen, wie zum Beispiel irgendwelche Schlagwörter, die ich gern mal einbauen möchte. Auf jeden Fall gibt es viel auszuprobieren. Auch schon für das nächste Album, da würden wir gerne eine noch ältere Seele berühren. Vielleicht ein bisschen in Folklore Traditionen graben. Das könnte ich mir gut vorstellen in die Musik einzuarbeiten und vielleicht auch ein bisschen Zeit in der Heimat zu verbringen. Mal schauen. Es wird sicher Experimentierphasen geben, aber natürlich bleiben wir auch bei den jetzigen Elementen.

Was hörst du denn selber gerne für Musik?

Nicht so sehr aktuelles. Und wenn, dann echt den krassesten Assi-Rap, den es gibt. Im Ernst, aus Energiegründen. Das ist zwar total realitätsfern, aber manchmal muss ich mir einfach lauten HipHop geben. Ansonsten höre ich tatsächlich gerade viel Folklore, auch zur Inspiration. Soul habe ich früher gerne gehört, jetzt eher weniger. Mal hier und da einen Gospel-Song. Und Bob Marley! Die alten Lee Scratch Perry Aufnahmen. Das sind so Sachen, die ich mir echt gerne anhöre. Ein all-time Favourite ist zum Beispiel auch Sam Cooke. Bob Marley als Person ist einfach so besonders, von dem kann man viel lernen. Erst kürzlich habe ich Aufnahmen entdeckt,wie er Songs schreibt, mit einem Diktiergerät. Echt ein besonderer Typ, dieser Bob.

Feiert ihr heute noch den Release?

Es ist alles gerade eine Feier, so kommt es mir vor. Aber eher ruhig. Wir führen viele freudige Gespräche. Ich bin echt glücklich!

Interview: Christina Heckmann

Fotos © Max Parovsky