Interview mit Childhood

Nachdem Gitarrist Leo Dobsen und Sänger Ben Romans-Hopcraft von der englischen Indie-Rockband Childhood eine Weile nur die Vision einer Band hatten, entstand schließlich ein Album bei Marathon Artists und das Ergebnis lässt sich hier in Deutschland ab dem 03. Oktober 2014 bestaunen. Schon vorher haben sie sich die Zeit genommen mit uns über die Bandentstehung, Kochkünste und Lückenfüller zu reden. Und viel Quatsch zu quatschen. Wer Lust auf Live-Musik hat, kann die sympathischen Jungs schon am 18. September 2014 beim diesjährigen Reeperbahn-Festival ansehen.

Ihr habt beschlossen eine Band zu sein, bevor ihr jemals überhaupt zusammen Musik gemacht habt. Wie hat das funktioniert?

Leo: Wir hatten überhaupt keine Ahnung, was es bedeutete in einer Band zu sein. Wir haben uns zufällig an der Universität getroffen. Ben kam zu mir und fragte: „Willst du in einer Band sein, die Childhood heißt?“ Das schien mir eine ganz gute Idee zu sein.

Ben: Ja, weil die Uni so verdammt langweilig war. Ich habe American Studies gemacht, und Leo Kunstgeschichte.

Leo: Kunstgeschichte selber ist natürlich nicht langweilig. Aber ich glaube ich bin es nicht richtig angegangen.

Ben: Leo, das hast du sehr vernünftig ausgedrückt. Bisher hast du immer gesagt, dass du es einfach nur scheiße findest. (lacht) Also, wir haben angefangen den Leuten zu erzählen, dass wir in einer Band sind, obwohl wir noch gar keine Songs hatten. Erstmal haben wir einfach nur so getan, als ob wir eine Band sind und haben die Anfangszeit genutzt, um rauszufinden, was genau wir eigentlich machen wollen. Zu der Zeit haben wir unglaublich viel Musik gehört und uns gegenseitig gezeigt, was uns so gefällt. Wir waren also eine Band, die sich einfach nur Musik angehört hat. Bis wir dann endlich angefangen haben selber Musik zu machen.

Aber der Name stand schon von Anfang an fest.

Ben: Ja, da war ich mir von Anfang an total sicher. Die Ideen für die Band und ein paar Songs schwirrten schon in meinem Kopf herum. Damit es realistischer wurde, brauchte ich einen Namen. Auch um die anderen Jungs dazu zu kriegen, mitzumachen. Der Name sagt ja schon einiges. Ich denke wir sind etwas nostalgisch und denken positiv über Vergangenes nach.

Die Sehnsucht nach dem Vergangenen… Was ist eure liebste Kindheitserinnerung?

Leo: Wie ich gelernt habe Fahrrad zu fahren! Ich war genau vier und dreiviertel Jahre alt. Ich kann mich noch an jedes Detail erinnern, das war einfach so ein cooles Gefühl.

Ben: In Spanien bin ich von einem riesigen Felsen ins Meer gesprungen, als ich klein war. Das war der Wahnsinn. Ich habe mich den ganzen Tag nicht getraut und kurz vor der Abreise brachte ich dann doch den Mut auf. Das war das Aufregendste, was ich jemals gemacht habe. Bis heute.

Sind Bandmitglieder ein bisschen wie Geschwister? Fühlt ihr euch wie eine kleine Familie?

Leo: Total! Man verbringt so viel Zeit miteinander. Wahrscheinlich verbringe ich sogar viel mehr Zeit mit der Band als mit meiner Familie.

Wohnt ihr noch zu Hause?

Leo: Traurigerweise ja.

Ben: Wieso traurig?? Ich finde es super.

Leo: Ich hab keine Lust mehr darauf. Aber ich kann es mir noch nicht wirklich leisten auszuziehen.

Ben: Ich wohne nur mit meiner Mutter zusammen. Es fühlt sich fast so an, als ob wir Freunde wären. Ich bin ja auch nie wirklich da. Wir reisen so viel, dass es sich kaum lohnt Geld für Miete auszugeben. Und wenn man dann nach Hause kommt, ist es schön. Ich brauche meine Mutter! Sie kocht. (lacht)

Ihr müsst lernen selber zu kochen!

Ben: Können wir! Leo, erzähl von deinem superberühmten Gericht!

Leo: Slow Baked Beans Pasta! Ich stecke die gebackenen Bohnen einzeln in Penne Pasta und überbacke das ganze dann mit Käse im Ofen. Tadaa! (Ben hört nicht auf zu lachen)

Vielleicht muss ich das mal ausprobieren. Genug übers Essen geredet, zurück zu eurem Album „Lacuna“. Das bedeutet so viel wie „unfilled gap“. Welche Lücke wollt ihr füllen?

Ben: Jede einzelne Lücke im Universum. Emotionale, physikalische Lücken. Lücken im Horizont. In der Landschaft. (lacht weiter)

Großes Vorhaben!

Ben: Der Name ist einfach mit so vielen Dingen verbunden. Sich verändernde Landschaften, Sachen, die man mal kannte, die jetzt anders sind. Diese Leere, nach einer Sache, die mal da war, die jetzt weg ist und gefüllt werden muss. Das Wort Lacuna ist so vielseitig, das hat uns einfach gefallen.

Gibt es auch eine musikalische Lücke, die ihr füllen wollt?

Ben: Ich denke es gibt einen Bedarf für Bands, die wirklich anders und einzigartig klingen. Irgendwie unverwechselbar. Nicht nur mit Sounds, die von den anderen Musikern nachgemacht wurden. Ich will nicht heute wie eine Band aus den Sechzigern klingen. Natürlich weiß ich solche Einflüsse zu schätzen, aber ich finde eine gewisse Aktualität wichtig. Das scheint mir am relevantesten für unsere Existenz. Es ist einfach zu simpel andere zu kopieren und das Vergangene nachzumachen. Was Neues muss her!


Seit kurzem seid ihr nicht mehr nur vier Bandmitglieder, sondern fünf! Wer ist der Neue?

Ben: Der neueste Zuwachs ist Max. Cheeky Max. Maximilian Danieli-Fantin.

Leo: So heißt er wirklich. Er spielt Synthesizer.

Wie würdet ihr eure Bandmitglieder beschreiben?

Ben: Dan ist sehr organisiert. Manchmal auch ein bisschen wahnsinnig. Immer am Träumen. So einer, der einfach auf eine Straße läuft und fast überfahren wird, und nichts davon merkt.

Leo: Jonny ist ein absoluter Clown.

Ben: Max ist sehr philosophisch. Der kann den ganzen Tag über das Universum reden. Oft mit Dan. Manchmal will man die deswegen einfach nur schlagen, damit sie aufhören.

Und euch selber?

Ben: Ich? Ich bin ein Wanker. Und Leo ist ein Plonker.

Leo: Du doch auch.

Was ist denn bitte ein Plonker?

Ben: Sowas wie ein Wanker, aber irgendwie lieber. Ein Idiot, aber ein netter. (Ben entdeckt die Flasche Apfelschorle auf dem Tisch) Oh Gott, schmeckt das gut! Leo, probier‘ das! Was ist das?

Apfelschorle.

Ben: Was?? Sag das nochmal. (versucht es selber auszusprechen) Wow.

Apfelsaft mit Sprudelwasser. Deutscher geht’s nicht.

Ben: Wahnsinn. Ich liebe es. A-p-f-e-l-s-c-h-o-r-l-e. Cool.

Was gefällt euch denn noch so hier? Habt ihr in Berlin irgendwas Komisches erlebt? Die Stadt kann etwas verrückt sein.

Ben: Alle Menschen hier sind so schön. Die sehen doch alle aus wie Models. Das ist doch unmöglich!

Leo: Alle sind so entspannt. Immer am chillen. Das Merkwürdigste was wir hier gesehen haben war bei unserem letzten Besuch. Wir sind irgendwie in einem HeavyMetal-Club gelandet, in dem überall Käfige waren.

Ben: Dabei mögen wir doch gar kein Metal! Aber irgendjemand hat uns von dieser Rockbar erzählt und wir dachten an klassischen Rock, nicht an sowas! Wir erwarteten einen entspannten Drink zu den Rolling Stones und nicht so ein Death Metal Scheiß.

Leo: Gestern haben wir dafür eine nette Bar in Friedrichshain entdeckt. Alles hier ist so verdammt günstig. Das ist unglaublich! Ich liebe Vodka und konnte gar nicht glauben wie günstig der hier ist.

Ihr müsst öfter herkommen! Wie wär’s für ein Konzert? Ich würde euch ja gerne mal live sehen. Also los.

Ben: Mich nervt es auch, dass wir heute schon zurück müssen. Aber wir kommen wieder!

Leo: Wir wollen hier eine Headline-Show machen. Vielleicht nicht mehr dieses Jahr, aber auf jeden Fall bald! In Deutschland sind wir aber schon bald wieder. Beim Reeperbahn-Festival!

Abgesehen davon, dass es ja ein unglaubliches Kompliment ist, was denkt ihr darüber als Greatest Newcomer bezeichnet zu werden? Fühlt ihr euch unter Druck gesetzt?

Ben: Nö. (Pause. Lacht.) Ich bin selbst total zufrieden mit unserer Musik. Wenn ich das nicht bin, dann setze ich mich selber unter Druck, damit es gut wird. Aber externer Druck interessiert mich nicht. (Sein Telefon klingelt) Wer ist das denn jetzt? Nein, ich will jetzt nicht mit meiner Mutter sprechen. Ah, sie liebt mich halt. Wo war ich?

Leo: Es ist schön so ein Kompliment zu hören. Aber so oder so macht man seine Musik. Mehr für sich selber.

Ben: Wenn man das nicht macht und auf den Hype hört, dann riskiert man einfach echt schnell scheiße zu klingen. Dann wird man doch faul. So nach dem Motto, ey, wir haben es doch eh schon geschafft, jetzt müssen wir uns nicht mehr anstrengen. Von wegen.

Nach dem, was ich bisher gehört habe, freue mich auf jeden Fall auf das Album, das hier im Oktober rauskommt. In England ist es schon veröffentlicht. Wie ist das Feedback bisher?

Ben: Ich finde die gestaffelte Veröffentlichungen super. Wenn man es überall am gleichen Tag veröffentlichen würde, dann ist dieser Moment einfach zu schnell vorbei. So kann man es in verschiedenen Regionen immer wieder neu erleben. Das gibt einem die Illusion, dass Leute einen ständig mögen. (lacht)

Leo: In Japan kam das Album sogar 3 Wochen vor England raus. Das war irgendwie komisch, weil wir doch aus England kommen. Zu Hause war unser Albumlaunch total super. Wir haben bisher viel positives Feedback bekommen. Die Leute scheinen sich auf die Shows zu freuen.

Ben: Im Moment ist es ja eben nur das Feedback der Medien. Irgendwann muss es sich wieder zurück auf die Musik konzentrieren und auf die Bühne projiziert werden. Ich denke, dass es noch gar keine richtige Rückmeldung auf unsere Musik gibt. Die wird doch erst passieren, wenn wir live vor den Leuten stehen und sehen wie sie auf unser Album reagieren. Bis dahin scheint es noch nicht ganz real.

Das wird sicher aufregend! Was wäre für euch das perfekte Szenario, in dem man sich euer Album anhören sollte?

Ben: Uuh, die Frage gefällt mir. (Überlegt eine Weile) Es gibt in England so einen Ort, der heißt Malvern Hills, in den Midlands. Dort sind typische grüne, englische Hügel. Als Kind bin ich dort oft gewesen und wenn ich an Musik denke, dann denke ich mich oft dorthin zurück. Wegen der besonderen Atmosphäre.

Leo: Ich wollte genau das gleiche sagen. Also so ein Ort, an dem man draußen in der Natur ganz oben auf einem Berg steht und sich einfach gut fühlt. Natürlich beim Sonnenuntergang! Bei einem Sonnenuntergang ist einfach alles schön.

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Interview: Christina Heckmann