Granatenstarke Entdeckungsreise

„Pomegranate“, das aktuelle Album des Wortkünstlers Astronautalis überrascht mit jedem Titel aufs neue. Eine zufällige Entdeckung mit begeisternden Folgen.

Astronautalis(c)MeganThompsonAstronautalis – bei diesem Namen muss ich direkt an einen 70er Jahre Comichelden denken, der mit seiner Nautilus fremde Welten durchquert und Ähnlichkeiten mit Captain Future aufweist. Hinter diesem Namen verbirgt sich jedoch ein Mann aus Seattle namens Andy Bothwell, und er befehligt kein Raumschiff, sondern bringt Konzertbesucher mit seinem gerappten Geschichten und witzigen Zwischenansagen zum kochen. Ich durfte schon miterleben, wie er und sein Computer als Support beim Tegan & Sara Konzert (meinen Bericht dazu findet Ihr hier)die anfangs völlig irritierten Konzertbesucher auf seine Seite gezogen hat. Ich war erst ebenso irritiert und dann begeistert.

Nach dem Konzert hat er fleißig beim Merchandise-Stand seine CDs, LPs und Shirts verkauft/signiert und kreditkartengroße Plastikkarten an einige verteilt. Ich habe auch solch eine Karte bekommen – und damit den kostenlosen Zugang zu seinem großartigen Album „Pomegranate“. Ein Glücksfall!

Normalerweise bin ich kein großer Freund von Rap, auch nicht von Hip Hop. Astronautalis ist aber auch nicht das, was ich unter einem typischen Rapper verstehe – kein Gerappe über Hintern, Geld  und dergleichen, auch wenn ich weiß, dass das nur ein Teil dieses Genres ist. Er erzählt kurze Geschichten und versetzt sich dabei in andere Leute hinein, so dass man glauben könnte, er wäre selbst dabei gewesen.

Mein Lieblingssong „Trouble Hunters“ ist ein perfektes Beispiel dafür. In diesem Stück erzählt er die Geschichte von der Schlacht um Trenton 1776. Wer jetzt nicht direkt weiß, was es damit auf sich hat, dem sei gesagt, dass es sich dabei um eine moralisch wichtige Schlacht im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg handelt. Und ohne dieses Wissen, könnte es die Geschichte von ein paar Jungs sein, die nachts ausziehen um Ärger zu suchen und sich so abreagieren. Unterlegt ist dieser Song mit einem treibenden Beat.

Solch einen Beat könnte man bei allen Songs erwarten, jedoch ist dem nicht so. Keine Melodie, kein Song, keine Geschichte ähnelt der anderen. Melodisch hervorstechend ist „An Episode of Sparrows“. Mit seinem Vogelgezwitscher, dem Einsatz einer Flöte und der Art die Geschichte zu erzählen, erinnert der Song eher an etwas, das vor Jahrhunderten in einer Spelunke gespielt wurde als ein Song auf einem Rapalbum, das 2008 erschienen ist.

Die Melodien bewegen sich irgendwo zwischen Hip Hop, Rock und Elektro. Seine tiefe Stimme bohrt sich in einen hinein und lässt einen nicht mehr los. Pomegranate heißt übersetzt Granatapfel und genau so ist das Album. Außen eine Schale, die es zu durchdringen gilt, dann Kerne zum auseinander fummeln und zuletzt ein absoluter Hochgenuss! Es gibt viel zudecken auf dem Album, und ich empfehle jedem, sich auf diese Entdeckungsreise zu begeben.

Angefangen hat Astronautalis übrigens mit Freestyle-Batteln. Nachdem das seinen Reiz verloren hatte, fing er an, Alben aufzunehmen. „Pomegranate“ ist nach „You And Yer Good Ideas“ (2003, re-released 2005) und „The Mighty Ocean & Nine Dark Theaters” (2006) bereits sein drittes Album.

Bleibt mir nur zu sagen: Things are not always as they seem to be…

 

Myspace: https://www.myspace.com/astronautalis

Blog: https://www.modelcitizens.org/

Twitter: https://twitter.com/astronautalis

Foto (c) Megan Thompson