Gesehen: „Marvel’s The Avengers“ von Joss Whedon

Das Warten hat ein Ende

avengers1Nach fünf aufbauenden Filmen in vier Jahren ist es nun endlich soweit! Der meist erwartete Film des Jahres (neben dem im Juli erscheinenden „The Dark Knight Rises“) kommt endlich in die Kinos. Alles begann 2008 mit dem Epilog in „Iron Man“, wo dieser erfährt, dass er Teil eines größeren Universums ist. Umso kribbeliger wurde es einige Monate später als weitere Anspielungen in „The Incredible Hulk“ auftauchten. Sollte es etwa wirklich zu einer Verfilmung der populären 1963er Comic-Serie kommen? Mit den letztjährigen Actionstreifen „Thor“ und „Captain America – The First Avenger“ stand fest, dass uns tatsächlich solch eine Vereinigung der Marvel-Superhelden zur Errettung der Welt kurz bevor steht. Unter der Regie von Joss Whedon (brachte mit „Serenity – Flucht in neue Welten“ 2005 gerade mal einen Spielfilm heraus) wird nun in 142 Minuten ein Blockbuster der Extraklasse serviert, der einem bei diesem edlen Figurenensemble und all den hübschen Explosionen und Sidekicks die Hände ganz schwitzig werden lässt.

„Iron Man, Hulk, Thor und Captain America wirken im Grunde, als könnten sie niemals koexistieren. Sie gehören nicht in eine Welt und würden sicher auch miteinander streiten – und als diese Dynamik in den Fokus geriet, begann meine Inspiration als Autor des Drehbuches.“ (Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon)

Das Böse findet immer einen Weg. Eine unerschöpfliche Energiequelle ermöglicht es Loki (Tom Hiddleston, „Thor“), dem Bruder von Thor (Chris Hemsworth, „Thor“), auf die Erde zu gelangen und dort seinen rachsüchtigen Plan umzusetzen. Dieser beinhaltet ein Tor zu einer anderen Welt zu öffnen, wo schon eine Armee darauf wartet, die Erde in Schutt und Asche zu legen. Denn nachdem der Versuch, die Herrschaft über seine Heimat Asgard zu übernehmen fehlgeschlagen ist, hat er sich mit einer außerirdischen Rasse zusammengetan und seine Kräfte vervielfacht. So schafft er es auch, den exzellenten Bogenschützen und S.H.I.E.L.D.-Agenten Clint Barton (Jeremy Renner, „Thor“), Hawkeye genannt, sowie Professor Erik Selvig (Stellan Skarsgård, „Thor“) in seinen Bann zu ziehen. Um den Weltfrieden zu bewahren beginnt der Chef der internationalen Geheimorganisation S.H.I.E.L.D., Nick Fury (Samuel L. Jackson, „Iron Man“), ein ganz besonderes Team zu rekrutieren. Zu der Rächerinitiative gehören schon bald das milliardenschwere Genie Tony Stark (Robert Downey Jr., „Iron Man“) mit seinem Iron Man, der legendäre Soldat Steve Rogers alias Captain America (Chris Evans, „Captain America: The First Avenger“), der Wissenschaftler Bruce Banner (nach Eric Bana und Edward Norton nun gespielt von Mark Ruffalo, „The Kids Are All Right“), der aufgrund eines missglückten Experiments hin und wieder zum Hulk mutieren kann und letztlich auch der Donnergott Thor höchstpersönlich, der den fehlgeleiteten Bruder wieder nach Asgard zurückholen möchte. Die Crew wird von den Agenten Phil Coulson (Clark Gregg, „Thor“), Natasha Romanoff (Scarlett Johansson, „Iron Man“), aka Black Widow, und Maria Hill (Cobie Smulders, „How I Met Your Mother“) komplettiert.

Obwohl jedem einzelnen Charakter seine ganz eigenen fünf Minuten samt musikalischer Untermauerung zugestanden wird, gibt es doch Helden, die länger im Gedächtnis bleiben. Im Falle vonTheAvengers_02Marvel’s The Avengers“ stellt das Tony Stark / Iron Man dar, welcher neben den Superkräften eben auch intellektuell stets die Hand oben behält und hinzukommend auch alle großen Pointen abräumt.

„Tony Stark ist grundsätzlich offen für alle neuen Möglichkeiten und hat kein Problem mit außergewöhnlichen Umständen. Dem Team der Avengers schließt er sich aus Neugier an. Es dauert eine Wille, bevor er erkennt, dass er keine Insel ist und das Wörtchen ‚wir’ in der Gruppe der Avengers einen besseren Klang hat als ‚ich’.“ (Robert Downey Jr.)

Dagegen wirkt der für Jahrzehnte im Eis eingefrorene und von Grund auf gute Captain America schlichtweg langweilig, ohne Ecken und Kanten – da hilft zur Imageaufpolierung auch nicht einmal, dass Agent Coulson glühender Fan des Supersoldaten, samt Sammelkartenset, ist. Im Laufe des bunten Spektakels schafft es gerade mal der Hulk dem Egomanen im eisernen Anzug das Wasser zu reichen. Damit müsste er wohl die größte Überraschung des Films sein. Sekündlich stellt man sich die Frage, wie er es bloß anstellt sich so im Zaum zu halten und gar zur richtigen Zeit die unbegrenzte Wut herauszulassen und zum großen, grünen Monster heran zu wachsen?

„Da stand ich in meinem billigen, zerknitterten Leinenanzug, blickte in einen Raum voller perfekter menschlicher Exemplare und dachte erst mal: ‚Was mache ich in so einer großartigen Truppe?’ Ich spürte eine seltsame Eifersucht angesichts ihrer coolen Outfits und Killer-Bodies, zumal ich die Anweisung bekommen hatte, keinerlei Muskulatur für den Part zuzulegen. Ich wollte auch ein Outfit und mich zugehörig fühlen – also ganz genau wie Bruce Banner im Rahmen der Story.“ (Mark Ruffalo)

2028451-2Doch auch der Oberbösewicht Loki weiß auf ganzer Strecke zu überzeugen. Seine Gelüste sind schlicht und man hat dies in anderen Werken schon tausendmal gesehen, trotzdem wächst der Brite Tom Hiddleston als diabolischer Feind Szene für Szene über sich hinaus. Ein kleiner Ausflug bringt den Zuschauer sogar nach Stuttgart, wo sich der machtbesessene Gott zum ersten Mal der Welt in voller Pracht präsentiert. Dort stellt seine in Mimik und Gestik perfektionierte Freude an Zerstörung und Ehrfurcht auch für den Betrachter eine wahre Köstlichkeit dar.

Fazit: Das Fehlen von Ant-Man und Wasp sowie der doch überraschend ruhig ausgefallene Anfang werden durch umso mehr Action, Abenteuer und einem explosionsgewaltigen Showdown inmitten der New Yorker Skyline in der zweiten Hälfte wieder vollständig wettgemacht. Zwar sind die Aliens ein weiteres Mal eher eine Lachnummer, da sie aussehen wie dem chinesischem Karneval entsprungen, aber das gelungene Gegenstück ist dabei definitiv der hoch entwickelte Helicarrier (S.H.I.E.L.D.-Hauptquartier), der sowohl in der Luft als auch im Wasser auftrumpfen kann. Joss Whedon hat also mit seinen dramaturgischen Fertigkeiten, seinem geschulten Blick für gelungene Figurenkombinationen und gut sitzenden Witzen am Ende alles richtig gemacht. Selbst die Entscheidung für 3D erweist sich als goldrichtig und somit sollte dieser facettenreiche Actionfilm nicht allein etwas für Genre-Liebhaber sein.

Kinostart: 26. April 2012

Gesehen von: Hella Wittenberg