Gesehen: „Man of Steel“ von Zack Snyder

Die Hochphase der Superhelden ist noch nicht vorbei. Nun meldet sich auch der rundum perfekte Superman für die große Schlacht zurück. In Form gebracht wird er dabei von „300“-Regisseur Zack Snyder, dem Drehbuchautoren David S. Goyer (führte bei „Blade: Trinity“ Regie) sowie Hollywood-Liebling Christopher Nolan („The Dark Knight“), welcher sich neben der Produzentenrolle ebenfalls für die Geschichte mit verantwortlich zeigt. Doch trotz der einwandfreien Voraussetzungen ist „Man of Steel“ ein Actionfilm, an dem sich die Geister scheiden werden.

Im Angesicht des Niedergangs ihres Planeten Krypton sehen sich das Paar Jor-El (Russell Crowe, „Les Misérables“) und Lara Lor-Van (Ayelet Zurer, „Illuminati“) gezwungen ihren Sohn Kal-El (Henry Cavill, „Krieg der Götter“) auf die Erde umzusiedeln. Mit ihm reist auch der Genpool seiner Rasse. Damit ist er jedoch trotzdem nicht sicher vor dem idealistischen General Zod (Michael Shannon, „Take Shelter – Ein Sturm zieht auf“). Dieser versucht bereits in den letzten Stunden von Krypton seine Ziele mit Gewalt umzusetzen und schreckt auch nicht davor zurück lange Zeit später Kal-Els Spuren bis zur Erde zu verfolgen. Dort wurde er von Jonathan (Kevin Costner, „Mr. Brooks – Der Mörder in Dir“) und Martha Kent (Diane Lane, „Untreu“) aufgenommen und zu einem rechtschaffenen Menschen mit dem Namen Clark aufgezogen. Auch wenn er seine besonderen Kräfte zuvor möglichst nur in Notfällen und im Geheimen eingesetzt hat, so geht er schließlich ganz offen und entschieden damit um als General Zod droht seine Heimat und alles, was im lieb ist, mit aller Macht zu vernichten.

„In der Welt der Superhelden ist Superman die Figur ohne Kompromisse: Er repräsentiert unser Ideal. Er dient uns als Vorbild, als magischer Gott aus Gold, als Ikone, die über die Comic-Welt hinaus auch die gesamte Popkultur überstrahlt.“ (Zack Snyder)

Keine Frage – auf den ersten Blick erkennt man, dass der britische Schauspieler Henry Cavill dafür geboren wurde, Superman zu verkörpern. Groß, gestählter Körper, definierte Wangenknochen, fester Blick und schlichtweg attraktiv. Aber ebenso wenig emotionaler Ausdruck kann sich in dem glatten Gesicht des 30-jährigen entwickeln und so wirkt der Hoffnungsträger mit dem roten Umhang letztlich völlig charakterfrei. Dabei war es Christopher Nolan, der sich darum bemühte bei dem modernen Superhelden die zuvor häufig dargebotene Unzulänglichkeit und Gottesgleichheit abzufedern und der Figur mehr Menschlichkeit einzuverleiben. Dieser Wunsch scheint trotz einer ausgedehnten Vorgeschichte, Rückblenden in die Jugend, einer jahrelangen Selbstfindungsphase und brillant besetzter Nebendarsteller gescheitert zu sein. Da gibt es zum Beispiel die taffe Journalistin Lois Lane (Amy Adams, „The Fighter“), welche als Erste die wahre Identität von Clark Kent entdeckt und sich davon nicht etwa abschrecken lässt, sondern mehr von dem Einzelgänger erfahren will. Durch sie wie auch durch seine Eltern auf der Erde lässt sich der Supermann verstärkt von seinen Gefühlen leiten. Damit soll er zwar für das Publikum nachvollziehbarer erscheinen, aber das Identifikationspotential bleibt weiterhin auf einer oberflächlichen Ebene. Die zweite Hälfte des 143-minütigen Sci-Fi-Spektakels ist dann mehr etwas für das Auge als für den Geist. Einfach alles wird in Schutt und Asche gelegt, als es zum Kampf Gut gegen Böse kommt. Zod und Superman schlagen sich dabei besinnungslos durch die Skyline von Metropolis.

„Klar: Die Action muss alles Dagewesene übertreffen und atemberaubend spannende Szenen bieten.“ (Zack Snyder)

Nur ein Punkt bleibt gänzlich auf der Strecke: der Spaß. Während u.a. „Marvel’s The Avengers“, „Iron Man 3“ oder selbst „The Dark Knight“ immer wieder die düstere Weltuntergangsstimmung durch humorige, sarkastische Sprüche aufzulockern wussten, ist „Man of Steel“ bierernster Bombast. Und genau darin besteht wohl die Verschmelzung von Zack Snyder und Christopher Nolans vermeintlichen Talenten. Snyder bringt in das Epos seinen Hang zur Überästhetisierung hinein und Nolan den Wunsch nach realitätsnahem Ernst. Weitere Schwierigkeiten stecken in dem von Snyder dargestellten Fantasieplaneten Krypton, in den holprig hineingeschnittenen Rückblenden sowie dem absolut überflüssigen 3D. So wird dieser Superman-Film wieder einmal für gespaltene Meinungen sorgen. Denn entweder man kann sich zurücklehnen und den monumentalen Zerstörungswahn versuchen zu genießen oder man gibt sich ganz dem Zerreißen der Oberflächlichkeit hin, mit welcher an diese große Geschichte herangegangen wird. Der Schlagabtausch darüber wird sich sicherlich ebenso langwierig und ausdauernd gestalten wie der Showdown von „Man of Steel“. Schließlich soll der Film wie einst „Iron Man“ mit Robert Downey Jr. den Weg in ein ganzes DC Comic-Filmuniversum ebnen. Mit Neuinterpretationen von Batman, Green Lantern sowie der ultimativen Gerechtigkeitsliga als DC-Gegenversion des Helden-Crossovers (im Original: „Justice League“) mit Flash, Wonder Woman und Aquaman, einschließlich unzähliger Fortsetzungen.

Kinostart: 20. Juni 2013

Gesehen von: Hella Wittenberg