Gesehen: „Lone Ranger“ von Gore Verbinski

Im Jahr 1869 sind die Veränderungen im Wilden Westen überall spürbar. Unzählige Menschen stellen sich in den Dienst des Magnaten Latham Cole (Tom Wilkinson, „Michael Clayton“), um eine Eisenbahnstrecke nach der anderen zu bauen. Auch der Anwalt John Reid (Armie Hammer, „The Social Network“) kehrt dorthin zurück, um ebenfalls den Samen des unaufhaltsamen Fortschritts in das Justizsystem, so wie er es versteht, zu pflanzen. Doch als er in dem Präriegebiet angelangt ist, muss er feststellen, dass dort wenig Wert auf friedfertige Verfahrensweisen gelegt wird, sondern vielmehr auf handfeste Rachefeldzüge. So reitet der Neuling schließlich mit seinem Bruder, dem Texas Ranger Dan Reid (James Badge Dale, „Shame“), und seiner Gruppe los, um den entflohenen Bösewicht Butch Cavendish (William Fichtner, „Drive Angry“) zur Strecke zu bringen. Aber nachdem der Trupp in einen Hinterhalt geraten ist, kann der Indianer Tonto (Johnny Depp, „Alice im Wunderland“) nur noch John Reid retten. Letztlich haben beide eine ganz eigene Rechnung mit Cavendish zu begleichen und so machen sie sich gemeinsam auf den Weg, Tonto mit einem toten Vogel als Kopfschmuck und John Reid mit seiner Identität verschleiernden Maskierung, um endgültig Gerechtigkeit und Frieden zu erlangen.

„Es geht um die Wandlung von John Reid hin zum Lone Ranger eingerahmt von einer Tragikomödie, die sich zwischen zwei Figuren von völlig unterschiedlicher Herkunft entwickelt. Zu Beginn der Story kommen die beiden überhaupt nicht miteinander klar und entwickeln erst im Verlauf ihrer gemeinsamen Erlebnisse eine Art fragile Freundschaft. Unsere Version ist spannend, aufregend, dramatisch, witzig, spektakulär und emotional.“ (Produzent Jerry Bruckheimer)

Bereits vor zwei Jahren setzte„Fluch der Karibik“-Regisseur Gore Verbinski eine außergewöhnlich eigenbrötlerische Figur ein, um im Wild Wild West auf Rettungsmission zu gehen. So stellte sich in dem 2011er Animationsfilm „Rango“ ein schauspielerndes Chamäleon als Held des kleinen Örtchens Dirt heraus und im 2013er „Lone Ranger“ ist es nun ein verklemmter Pazifist mit dem Allerweltsnamen John Reid. Nicht nur in der Wahl solcher irrwitzigen Unikate als Hauptcharaktere bewies Verbinski einen guten Riecher, sondern auch in der Besetzung der solchen in seinen Western-Streifen. Während Johnny Depp in „Rango“ noch die absolut auf ihn zugeschnittene Hauptrolle bekleidete, bezieht er in dem neuen 149-Minüter den nicht minder humorlastigen Nebenposten. Der „Spieglein Spieglein“-Märchenprinz Armie Hammer schmückt sich dagegen mit dem Titel des Lone Ranger. Der Endzwanziger Strahlemann konnte in der jüngsten Vergangenheit schon einige große Rollen abstauben, jedoch wollten die Funken bei seinem Spiel nie so richtig ins Sprühen kommen. Umso überraschender, dass Depp zwar problemlos Hammer auf der Deutschlandpremiere im August die Show stiehlt, aber der 1986 geborene dieses eine Mal trotzdem überzeugen kann. Er ist tollpatschig, deplatziert und zunächst kriegt er auch nicht die von ihm so gewollte Frau (Ruth Wilson, „Luther“) ab – und sorgt genau damit für einige überzeugte Schenkelklopfer.

„Sobald man Armie kennenlernt, merkt man schnell, dass er keinen Funken Zynismus oder Verdorbenheit in seinem Körper hat. Armie blickt mit einem umfassenden, blinden Optimismus auf die Welt. Und wir brauchten genau so jemanden, dem man auch etwas altmodische Ansichten abkaufen würde.“ (Gore Verbinski)

Trotz dieser erfolgsversprechenden Mischung aus Darstellern und Machern musste die 250 Millionen Dollar Disney-Verfilmung schon ordentlich Häme einstecken. Zu klamaukig, zu viele Drehbuchschwächen auf zu langer Spieldauer verteilt und einfach zu teuer um dermaßen eklatante CGI-Fehltritte dem Zuschauer zumuten zu können. So die besonders schwerwiegenden Probleme des Abenteuerfilms in komprimierter Form. Doch nichtsdestotrotz kann man auch, mit Unterstützung der soliden Kompositionen Hans Zimmers, einen launigen Kino-Spaß erleben, in dem es neben kannibalisch veranlagten Kaninchen auch weinende Kinder und ein magisches Pferd zu begucken gibt.

Kinostart: 08. August 2013

Gesehen von: Hella Wittenberg