Gesehen: „Don Jon“ von Joseph Gordon-Levitt

Für Jon (Joseph Gordon-Levitt, „Looper“) gehören Pornos genauso zu den essentiellen Dingen im Leben wie seine Familie und die gemeinsamen Kirchengänge. Erst erotische Bilder und Sexfilme können den Don Juan nach seinen stets von Erfolg gekrönten Eroberungstouren so richtig befriedigen. Doch die Routine wird durchbrochen als er Bekanntschaft mit Barbara (Scarlett Johansson, „Marvel’s The Avengers) macht – einem Mädchen aus gutem Hause, die kitschige Hollywoodfilmen den Pornos vorzieht. So heißt es von nun an für Jon ein Saubermannimage zu pflegen und es ganz und gar seiner Herzensdame recht zu machen. Leichter gesagt als getan.
Die 2009er Romanze „(500) Days of Summer“ gab der Karriere des Schauspielers Joseph Gordon-Levitt einen neuen Schub. Seitdem war er in so großen Produktionen wie „Inception“ oder auch „The Dark Knight Rises“ auf der Leinwand zu sehen. Die Fanbase schwoll weiter an, doch Gordon-Levitt legte es nie auf das Schneller, Höher, Weiter an. Vielmehr hegt er eine Abneigung gegen das Mythologisieren von Schauspielern zu Berühmtheiten. Er sieht darin eine ungesunde Entwicklung in der Gesellschaft, die Idealbilder kreiert, die gar nicht existent sind. Nun eröffnet er mit seinem Regiedebüt „Don Jon“ nicht nur einen neuen Blick auf sich, sondern auch auf die Problematik der Objektivierung des Menschen.

„Wir verknüpfen bestimmte Erwartungen mit einer anderen Person. Anstatt uns individuell mit ihr und ihren Äußerungen zu beschäftigen, stecken wir sie schon nach wenigen Sekunden in eine bestimmte Schublade.“ (Joseph Gordon-Levitt) 

„Don Jon“ liefert dem Zuschauer erotische Hochglanzbilder am laufenden Band. Werbeplakate, Magazine, Internetbanner. Überall lauern dem Protagonisten Anregungen zum Fantasieren auf. Doch echte Emotionen, Zärtlichkeit oder gar Liebe bleiben bei diesem Überangebot von nackter Haut auf der Strecke. Nicht weniger weit von der Realität entfernt stellen sich die von der Hauptdarstellerin so geliebten Rom-Coms dar. Joseph Gordon-Levitt, der auch das Drehbuch zum Film schrieb, fängt in seinem ersten Spielfilm eine durchaus amüsante Gleichung an.

„Ich wollte Pornographie mit anderen Medien vergleichen, auch mit den ganz alltäglichen.“ (Joseph Gordon-Levitt)

Doch bei all der Kritik steht in „Don Jon“ der Komödienfaktor deutlich im Vordergrund. Beispielhaft für den schwarzen Humor (welchen sich Gordon-Levitt bei „50/50 – Freunde fürs (Über)Leben“ abguckte) sind die Beichtszenen, in denen sich Jon für seine Sünden – egal, welches Ausmaß sie auch haben mögen – immerwährend die gleiche Anzahl an Rosenkränzen aufladen muss. Weitere Highlights stellen die klischeebeladenen Darbietungen von Anne Hathaway („Les Misérables“) und Channing Tatum („Magic Mike“) in den Kinoausschnitten der Hollywoodromanzen dar. Und auch Tony Danza (mit dem der Regisseur im Alter von 12 Jahren gemeinsam in „Angels – Engel gibt es wirklich“ vor der Kamera stand) in der Rolle als Jons Vater, der von Barbara Sugarmans Figur genauso angetan ist wie von den Sportübertragungen, sorgt für gute Laune im Kinosessel. Tipps holte sich der Regie-Neuling und plötzlicher Muskelprotz mit Gel-Frisur bei den befreundeten Filmemachern Christopher Nolan („The Dark Knight“) sowie Rian Johnson („Looper“). Herausgekommen ist ein geschmackvolles Rundumpaket, von dem man viel Amüsement mit bissigen Seitenhieben erwarten kann, aber leider schlussendlich nicht zu viel des Tiefgangs und der Logik (speziell bei der Auflösung der Pornosucht der Hauptfigur) aufgetafelt bekommt. Aber schließlich ist das Letzte, was Joseph Gordon-Levitt will, es den allseits gehegten Erwartungen gerecht zu werden und damit durchschaubarer zu sein.

Kinostart: 14. November 2013

Gesehen von: Hella Wittenberg