Gehört: Miri – „Okkar“

miri-okkarEinhundert Menschen haben wir gefragt: Nennen sie fünf Dinge, die sie mit Island assoziieren! Märchenhafte Landschaften, Einsamkeit, Kälte, eine florierende Musikszene und selbstverständlich Vulkane, die ganz Europa mitunter wochenlang in Atem halten können. Jeder Besucher der Insel wird schwärmend die ersten drei Punkte bestätigen. Was Musikszene und die Auswirkungen von unaussprechlichen Vulkanen betrifft kann das inzwischen auch jeder, der selbst noch nicht dort war.

Alles ist im Verhältnis klein und familiär und für viele internationale Veröffentlichungen scheint das Geld oder der Markt zu fehlen, deswegen werden sie nur landesweit oder über das Internet vertrieben. Dass Island schon lange kein unbekannter Fleck auf der musikalischen Weltkarte ist, setze ich als allgemein bekannte Tatsache voraus. Mitverantwortlich für diesen Trend ist u.a. das junge Label Kimi Records, das seit 2007 kräftig mitmischt und aktuell mit Retro Stefson, Hjaltalín und FM Belfast gleich mehrere heiße Kandidaten im internationalen Rennen hat.

Die aus der Ecke des Indie und Postrock (Kimi bedeutet übrigens so viel wie Ecke) stammende Band Miri, hat das Potential der nächste Hit zu werden, den das Label landen könnte. Nach „Fallegt Þorp” (2005) und einer Remix-EP (2010) ist im vergangenen Jahr auf Island auch das von Curver Thoroddsen produzierte Debütalbum „Okkar“ erschienen. Alle Potential-Alarmglocken sollten bei diesem Album schrillen und so gestaltet sich auch das farbenfrohe Intro. Gesampelter Sirenensound, von Drums und Synthesizer unterlegt, mündet in gitarrenlastige Melodieverliebtheit. Ein einnehmendes Wechselbad der Gefühle. Aber die Band beherrscht das Spiel mit experimentellen Kontrasten, bei dem viel Fingerspitzengefühl gefragt ist.

Noise bzw. Postrock mit zugänglichen Indiemelodien in Einklang zu bringen, Miridaran sind vor Miri schließlich schon einige namhafte Bands gescheitert. Auch wenn dieser Spagat nicht über das ganze Album funktioniert und dem Hörer einiges an Durchhaltevermögen und Hör-Kondition abverlangt wird, sticht das fast ausschließlich instrumentale „Okkar“ doch klar heraus. Lediglich „Draugar“ ist mit einigen wenig aussagekräftigen Vocalparts aufgepeppt, die vermittelte besonnene und gelassene Stimmung wäre wohl auch ohne ausgekommen. Vielfalt ist Trumpf und der wahre Qualitätsmarker und so werden wir entführt auf imaginäre Mundharmonika geschwängerte Italowestern-Trips („Sumarið 2009“) und Ausflüge auf das `benachbarte` Irland („Hamingjulagið“), bei dem die kurz vernachlässigte Melodieaffinität wieder zum Vorschein kommt. Nicht nur die Flöte verleiht dem Sound von Miri an dieser Stelle eine majestätische Größe.

Dass die Band aus Island stammt hört man ihrem Sound an. Weite, Einsamkeit und Trostlosigkeit treffen auf stürmische Natur. Aufwühlend und äußerst Bildgewaltig vereint „Okkar“ alle Elemente gutgemachten Postrocks. Vulkanausbruch OST.

Tipp: Die Remix-Ep gibt’s als gratis Download: (https://www.kimirecords.com/releases/kr018/)

„Okkar“ von Miri ist bis jetzt nur in Island erschienen, kann aber über das Label sowohl als CD als auch digital erworben werden.

Label: https://www.kimirecords.com/

Band: https://www.myspace.com/mirimusic

Gehört von: Ben Grosse-Siestrup