Gehört: Dredg „Chuckles And Mr. Squeezy“

chuckles_and_mr_squeezyWir blicken zurück. 2001, das Jahr in dem „Leitmotif“ den gelangweilten Rest der Musikwelt mit ausufernder Experimentierfreude samt dem harmonischen Kontrast-Gesang von Gavin Hayes aufstieben ließ. Bedenkt man diesen brachialen Start, diesen Urknall der Musikgeschichte, mag das nunmehr fünfte Album „Chuckles And Mr. Squeezy“ mit den ersten Klängen mehr als nur leichte Irritationen hervorrufen. Überraschend poppig kommen die elf Songs sowie die Verpackung daher. Seit „Leitmotif“ unterzog sich die aus San Francisco stammende Formation stetiger Transformation. Sie ist die Band der Lösungen, sie vermittelt Hoffnung.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich der Vierer zum 15-jährigen Bestehen nicht lustlos der Stagnation hingibt, sondern nach Neuem, Unerforschtem strebt. Obwohl in dem energiegeladenen „Upon Returning“ noch hier und da die Hardcorewurzeln durchschimmern, zeigen Ohrwürmer wie „Another Tribe“, „Somebody Is Laughing“ und „The Thought Of Losing You“ den Drang nach Explosionen und weniger die aus Anfangstagen bekannten Implosionen.

Einen stimmigen Popsong zu schreiben, erschien der Band schon immer viel komplizierter als ein komplexes Klangknäuel binnen weniger Wochen zu erjammen. Produzent Dan the Automator wurde frühzeitig in den Entwicklungsprozess eingebunden, um dem so genannten „Dunkelpop“ die benötigte Pop-Erfrischung einzuverleiben. Seine namenvolle Vita (u.a. Gorillaz) verrät, dass nur er für solch einen Job der Einzige und Wahre sein konnte. Dementsprechend kann man bei „Chuckles And Mr. Squeezy“ wieder einmal von einer Überflügelung ihrer selbst sprechen. Als besonderes Glanzstück der Platte ist in jedem Fall „Kalathat“ herauszustellen. Doch ist diese neue Eingängig- und Zugänglichkeit nicht für jedermann beglückend. Aber genau deshalb erlangten Dredg auch einen Sonderstatus, weil sie alles zerdenken, nie zufrieden sind und eben nichts mehr verabscheuen als den musikalischen Stillstand. Somit gilt es sich bis zum Konzert am 15. Juni in der Berliner Wuhlheide als Vorband von System Of A Down in das Neuwerk einzuhören, um dann in der für sie genau richtig großen Freiluftbühne in den von ihnen erbauten emotionalen Klangmeeren zu baden.

Das Album „Chuckles And Mr. Squeezy“ erschien am 29. April.

Gehört von: Hella Wittenberg