Gehört: Amanda Palmer & The Grand Theft Orchestra „Theater Is Evil“

Amanda Palmer ist dieser Tage überall präsent. Das liegt wohl hauptsächlich an ihrem Erfolg bei der Crowdfundingplattform Kickstarter.com. Sie hat mit Hilfe ihrer Fans fast 1,2 Million Doller für ihr neues Album erhalten – ein bahnbrechender Erfolg in vielerlei Hinsicht und ein Hoffnungsschimmer für selbstständige Musiker. Zum einen zeigt es, dass es möglich ist auch ein solch großes Unterfangen auf diese Weise zu finanzieren. Zum anderen kann man sich vorstellen, dass diese Möglichkeit der Finanzierung weiter in die Öffentlichkeit gerückt wurde und mehr Menschen davon erfahren. Sie hat eine Grundversion des Albums als freien bzw. zahl-soviel-wie-du-willst/kannst Download zur Verfügung gestellt und wer will kann andere Versionen mit mehr Songs und einem digitalen Booklet, das von verschiedenen Künstlern gestaltet wurde, kaufen (hier).

So wunderbar ihr Erfolg auch ist und soviel Presse sie auch dafür kriegt, am Ende ist es nur die Musik, die zählt. Das Problem bei diesem Album ist, dass die Melodien irgendwie altbekannt wirken. Es ist zwar eine große Vielfalt an verschiedenen Genres vertreten, die durchaus den Stempel von Amanda Palmer tragen, aber der Gedanke, dass man die eine oder andere Melodie schon von früher kennt lässt sich selbst bei mehrmaligen Hören nicht vertreiben. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ein paar erinnern ein wenig an die 80er und andere an Kompositionen der klassischen Musik. Allerdings gibt der erste Track, die Einführung, schon einen Hinweis darauf, dass einen etwas dergleichen erwartet. Palmer macht darin eine Ansage für das Album und ihre Band das Grand Theft Orchestra in bester Cabaretmanier. Ganz allgemein bewegt sie sich auf „Theater Is Evil“ zwischen Pop, Punk, Rock und ein wenig Klassik.

„The Killing Type“ wartet mit einer Referenz auf Mackie Messer aus der „Dreigroschenoper“ von Brecht auf – ein kleiner Hinweis auf die Liebe von Palmer zur Deutschen Literatur. Der Song endet für mich mit der Frage, ob ich in der Lage wäre jemanden – oder etwas – selber zu töten. Außerdem ist er wie die folgenden beiden Songs „Do It With A Rockstar“ und „Want It Back“ ein ziemlicher Ohrwurm.

„Grown Man Cry“ erinnert ein wenig an eine recht schlimme 80er Jahre Ballade – die Sorte, die man nicht mehr unbedingt im Radio hören muss, da hilft auch der Text nicht weiter. Der folgende Song „Trout Heart Replica“ ist einer der schönsten auf dem Album, wobei schön relativ ist. Das Arrangement der Streicher und das Piano sind wunderbar, aber wirken auch getrieben und unruhig. Rein oberflächlich betrachtet kann man den Song als Kritik an der Massenfischhaltung betrachten, dem einzigen Tier das mache „Vegetarier“ essen und dessen Haltung nicht weniger schlecht ist als bei anderen Tieren. Man versinkt förmlich in dem Song und wird mit dem instrumentellen Stück „A Grand Theft Intermission“ aus seiner Gedankenwelt gerissen.

Nach der „Pause“ geht es ähnlich weiter wie vor der Pause. Der Titel sagt es ja schon, das Album hat ein wenig was von einem Theaterstück. Aufwühlende Teile wechseln sich mit ruhigen Phasen ab („The Bed Song“) und enden vermutlich im ultimativen Höhepunkt. Da wird für „Olly Olly Oxen Free“ nochmal die gesamte laute Geräuschewand herausgeholt bevor man schlussendlich in die Stille entlassenwird.

Sie liefert mit diesem Album, wie nicht anders zu erwarten, reichlich Stoff zum Nachdenken mit eben zuweilen recht bekannt vorkommenden Melodien. Und das ist der Grund wieso ich persönlich das Album kaum richtig genießen kann. Es fehlt mitunter an interessanten oder innovativen Melodien, die meine Aufmerksamkeit länger fesseln könnten. Hört man das Album nur nebenbei ohne den Texten zu folgen, ist es Mittelmaß. Erst die Texte heben das Album dort heraus, was bei Amanda Palmer zu erwarten ist.

Wer Amanda Palmer & The Grand Theft Orchestra live erleben möchte, hat demnächst die Gelegenheit:

28.10. Berlin, Festsaal Kreuzberg
03.11. Köln, Gebäude 9
05.11. Österreich, Wien, Arena

Und wer schon immer mal mit Amanda Palmer auf der Bühne stehen wollte und entweder ein Blasinstrument spielt oder bei einem Streichquartett mitmischen will, kann sich bewerben. Als Bezahlung gibt es einen unvergesslichen Abend, Merchandise und Bier. Weitere Informationen über die Voraussetzungen und Kontaktdaten gibt es auf

https://www.amandapalmer.net/blog/20120821/.

Und zuletzt, wer wissen möchte, was der andere Teil der Dresden Dolls zurzeit macht, kann dies hier nachlesen.

Gehört von: Dörte Heilewelt