Foxygen im Interview

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Dieses Interview stand unter keinem guten Stern. An dem Tag, als Foxygen in Berlin Werbung für ihr neues Album machen, wird auch klar, dass Donald Trump der nächste US-Präsident wird. Üble Sache. Wie man trotzdem nicht das Lachen verlernt und worüber man sich sonst noch so den Kopf zerbrechen kann, erzählen Sam France und Jonathan Rado dann jedoch so locker und charmant im Gespräch, dass der Tag letztlich doch noch etwas Gutes an sich hat.

 Was geht euch gerade so durch den Kopf?

Sam France: Ich bin ganz aufgeregt, wenn ich an unsere Zukunft denke. An die Zukunft unserer Karrieren, unserer Musik. Es macht nämlich gerade richtig Spaß diese Songs zu spielen. Ich liebe es. Wenn ich aber an die Zukunft unseres Landes denke, weiß ich nicht so wirklich weiter. Schon komisch.

Jonathan Rado: Es ist ein Alptraum. Bernie Sanders wüsste wahrscheinlich, was zu tun wäre. Aber der ist nun mal zu cool, um Präsident zu werden.

Sam France: Vielleicht wäre ein Umzug nach Berlin eine Option.

Jonathan Rado: Ach nein, ich mag L.A. immer noch am liebsten. Aber ja, es passiert gerade eine Menge.

Jetzt wird es schwierig für mich den Dreh zum Album zu bekommen …

Jonathan Rado: Für uns ist das auch nicht leicht! Wir machen hier Promo zu unserem neuen Album, sprechen über das Artwork und so, während die Welt untergeht. Aber was sollen wir machen? Wir müssen uns ganz auf uns fokussieren.

Das klingt sehr dringlich.

Jonathan Rado: (lacht) Dabei liegt das Album schon seit März oder April 2015 fertig bei uns herum.

Wieso kommt es dann erst 2017 raus?

Sam France: Wir haben eben daneben noch sehr viel andere Arbeit. Und alles braucht seine Zeit. Auch ein Artwork will gut überlegt sein.

Jonathan Rado: Wir waren einfach nicht bereit sofort weiterzumachen. Die letzte Tour ging echt lange. Ungefähr zwei Jahre. Danach nahmen wir eigentlich direkt die neue Platte auf. Und dann wollten wir ganz dringend unsere Ruhe haben. Gleichzeitig haben wir nun das, was wir da produziert haben, schon richtig verdaut. Wir können uns nun ganz auf die Gegenwart fokussieren, ohne Ablenkung.

Ihr denkt also nicht bereits über die nächste Platte nach?

Sam France: Naja, nicht mehr so extrem wie früher. Da brachten wir etwas raus und waren dann woanders mit unseren Köpfen. Aber jetzt haben wir das Vorplanen heruntergefahren. Das beständige Weiterdenken ist so eine Sache von einer jüngeren Generation. Die denken über Vieles nach, wollen sofort alles realisieren. Wir sehen uns irgendwo zwischen jung und alt.

Jonathan Rado: Das passt auch zu unserem Ansatz. Wir wollten nämlich unbedingt mal ein Album mit einem ganzen Symphonieorchester machen. Dann haben wir das zwei oder drei Jahre reifen lassen. Wir wissen nämlich, dass was Gutes lange braucht. So wie ein richtig guter Eintopf. Irgendwie ist es das ja. Es sollte genau so eine große Platte werden – wie von jemandem, der wirklich weiß wie man kocht.

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Puh, ihr bietet mir da so viele neue Ansätze eurer Album zu betrachten. Was ist mit der Aussage aus einem älteren Interview, in dem ihr meintet, ihr würdet nun eine Art Disney-Soundtrack machen?

Jonathan Rado: Es hat ja auch die Disney-Elemente. Also dieses Klassische. Uns war es wichtig keine dumme Musik zu machen, die man sofort wieder vergisst und eigentlich wegwerfen kann.

Sam France: Und jetzt klingt keiner mehr nach Disney als wir.

Denkt ihr, Musik kann Menschen noch so bewegen, wie sie es früher getan hat?

Sam France: Nun ja, es gibt eine Menge Bands da draußen, die zutiefst persönliche oder politische Songs schreiben und glauben damit sofort etwas erreichen zu können. Aber ich finde das dumm. Diese Bands stören mich zwar nicht, aber ich denke, was sie tun, ist Bullshit.

Jonathan Rado: Unsere Musik ist da schon weniger prätentiös.

Sam France: Genau. Ich will dieses „Das ist ein Song über mein so verdammt spannendes Leben und ich war heute spazieren und so“ auch wirklich nicht mehr hören. Und jetzt stelle dir nur mal vor, wir würden das auch machen. Wir würden aus unserem Leben plaudern, in dem es ja nur darum geht konzeptionelle Alben zu realisieren. Wir hätten dann eine Platte über das Aufnehmen von Alben und das Touren. Wir würden also zum einen davon berichten wie wir von Stadt zu Stadt fahren und letztlich immer wieder die gleiche Show auffahren. Und danach dreht sich wieder alles um die nächste Platte.

Jonathan Rado: (singt) Wir haben heute diesen Knopf gedrückt … lalala … und dann den anderen … lalala …

Versteh ich das richtig: Wenn es nicht um das absolut Alltägliche geht, ist das schon okay?

Sam France: Dann ist es Poesie. So schreibe ich gerne. Oft weiß ich da auch gar nicht, worum es in einem Song wirklich geht. Aber ich glaube nicht, dass das eine schlechte Sache ist. Eher andersherum.

Was macht euch selbstbewusst in Bezug auf eure Musik?

Sam France: Ich habe da halt schon immer einfach mein Ding durchgezogen. Aber es hilft auch ein Duo zu sein. Da wir immer uns hatten, hat das den Bullshit von anderen quasi eliminiert. Wir haben unser eigenes kleines System kreiert. Das funktioniert. Wir sind dadurch smarter als andere Bands.

Jonathan Rado: Und glaube mir, die Leute haben uns oft gesagt, dass wir scheiße sind. Auch schon an der Highschool. Aber das hat uns noch nie gestört oder geändert, wie wir uns in Bezug auf unsere Musik fühlen. Wir machen einfach immer nur das, was wir uns selbst gern anhören.

Sam France: Aber wir leben sowieso in unserer eigenen Welt.

Jonathan Rado: Genau, wir wissen schon so, was abgeht, aber wir informieren uns nicht täglich. Wir sind halt typische dumme Amerikaner, die immer Fast Food essen.

Interview und Fotos: Hella Wittenberg

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