Biffy Clyro, Knust Hamburg, 01.11.2012

So ganz ohne Vorband ging es im Knust gleich richtig zur Sache. In weiser Voraussicht betraten Biffy Clyro die Bühne oberkörperfrei, was sich bei der tropischen Luft, die am Ende des Abends herrschte, als kluge Entscheidung herausstellte. Die beiden Begleitmusiker, die sie sich auf die Bühne geholt hatten, glänzten nicht im Einheitslook der drei, der aus weißen Chucks, Chinohose und besagter freier Brust bestand. Überhaupt wirkte der auf der rechten Seite, in einer kleinen Ecke untergebrachte zweite Gitarrist stellenweise etwas planlos. Nicht jeder Song wurde mit seiner Unterstützung gespielt. Anstatt die Bühne dann zu verlassen, blieb der Gute einfach stehen und wirkte mit seiner um den Oberkörper baumelnden Gitarre zeitweise recht hilflos.
Die drei Schotten wissen, wie man einen fetten Gitarrensound durch einen Club treibt und da ihre Musik viele Soli beinhaltet, ist das auch gut so. Viele Songs spielen sich langsam zum Höhepunkt hoch und lassen den Zuhörer immer wieder im Ungewissen, wann der Song explodieren wird. Das Set bestand vor allem aus älteren Nummern, was dem Publikum sichtlich zusagte. Da das Konzert innerhalb weniger Stunden ausverkauft war, haben sich hauptsächlich Fans der ersten Stunde im Knust eingefunden. Meiner Meinung nach hätte man bei diesem Andrang auch noch gut 50 Leute mehr rein lassen können, denn die volle Kapazität des Knusts wurde nicht ausgeschöpft. Und dass, wo ich hier zum ersten Mal ein Gitter gesehen habe. Normalerweise steht man im Knust ganz entspannt vor der Bühne, auch bei Punk und Hardcore Konzerten. So ganz passte diese Kombination also irgendwie nicht zusammen.
Aber zurück zur Musik. Biffy Clyro haben natürlich auch ein paar neue, bislang unveröffentlichte Songs
gespielt, die teilweise wieder etwas mehr nach vorne gehen als zuletzt gehörtes. Biffy bleiben eine ganz eigene Alternative Band, die sehr unterschiedliche Leute anzusprechen scheint. Live sind sie immer wieder deutlich härter als auf Platte, was mir persönlich auch besser gefällt. Sänger Simon Neil, der dank seines komplett tätowierten Oberkörpers schon für sich ein Hingucker ist, hat eine sehr eigene Art, sich zum Klang seiner Gitarre zu bewegen: Beine auseinander und fast schon mansich vor und zurück wippen. Die Zwillige James und Ben Johnson stehen zwar ein wenig im Schatten ihres Sängers, doch insgesamt wirken die drei wie eine sehr harmonische Band, die zwischen den Songs immer wieder ihre Späßchen miteinander macht. Dies passiert allerdings Off-Mic, denn wirkliche Quasselstrippen sind die Schotten nicht. Aber eine Band, die es bereits seit 1995 gibt, muss ihrem Publikum auch nicht mehr wirklich was erzählen, da die Musik hier eindeutig für sich spricht. Ein fantastisches Konzert, das auf das kommende Album „Opposites“ hoffen lässt. Eigentlich schade, dass man die Band bald nicht mehr in einem so kleinen Kreis zu sehen bekommen wird, denn die Anhängerschaft wird mit Sicherheit weiter wachsen. Dies allerdings zu recht!

War dabei: Samira Szago