Andy Burrows im Interview


Andy Burrows, der unter anderem schon als Schlagzeuger bei Razorlight, We Are Scientists und als Duettpartner von Editors‚ Tom Smith bei Smith & Burrows mitgemacht hat, ist auch immer wieder solo unterwegs. Sein neuestes Album heißt „Fall Together Again“ und wurde Anfang des Jahres in einer Hütte am Fuße von Snowdonia in North Wales, England aufgenommen. Für ein Interview treffe ich Andy entspannt in seinem Hotelzimmer in Berlin und er erzählt von den Albumaufnahmen, nervigen Konzerten und warum er sich auch gerne mal als Schlagzeuger hinten auf der Bühne versteckt anstatt Frontmann zu spielen.

Gestern hattest du einen Auftritt bei der EMA-Preparty. Wie war es? Ich habe Bilder auf Facebook gesehen und die lassen mich wundern, ob du nicht gerade unglaublich verkatert bist?

Oh ja, das bin ich tatsächlich. Die ganze Woche haben wir total viel Promo gemacht und dabei zu viel getrunken und sind ewig lange aufgeblieben. Das merke ich jetzt. Es war lustig, aber im Nachhinein ärgert man sich. Ich verliere dadurch meine Stimme, was sehr unsinnig ist, wenn man ein Sänger ist… (Er greift zu seinem Getränk: heiße Zitrone mit Honig). Deswegen trinke ich jetzt das hier, später dann wieder Bier. Heute Abend ist eine Rolling Stone Veranstaltung, bei der ich einen kleinen Auftritt habe.

Du hast eine beeindruckenden musikalischen Lebenslauf vorzuweisen. Du warst Drummer bei Razorlight und We are Scientists, Smith & Burrows war eine Kollaboration mit Tom Smith von Editors, hast mit an dem Soundtrack zu „The Snowman“ und „The Snowdog“ geschrieben, warst Musical Director für Ricky Gervais‘ „Foregone Conclusion“, und und und….

Wenn man sich das so ansieht, wirkt es wirklich sehr viel. Ich denke aber eher immer, dass ich noch mehr machen könnte. Es wird aber auch stressig, wenn man zu viel auf einmal angeht. Als ich mein letztes Album gemacht habe, fand gleichzeitig das Komponieren des Filmsoundtracks statt. Das war echt anstrengend. Damals habe ich noch in New York gelebt, musste dann immer nach Europa zu reisen, dann touren, und immer wieder zurück nach London fliegen für das Album… Man, das war echt hart. Aber auch cool, denn es ist ja gut, wenn man was um die Ohren hat. Wenn ich nicht busy bin, dann mache ich mir Sorgen. Ich liebe diese Unvorhersehbarkeit in der Musikszene. Manchmal hat man überhaupt nichts zu tun und dann kommt auf einmal ein Projekt um die Ecke und beschäftigt einen eine ganze Weile.

Reue über etwas zu empfinden, ist wahrscheinlich eine der unnötigsten Emotionen, da man eh nichts rückgängig machen kann. Aber gibt es etwas, was du bereust, wenn du auf deine Musikkarriere zurückblickst?

Ich bin eigentlich sehr zufrieden, mit dem was ich erreicht habe. Ich werde aber häufig gefragt, wieso ich verdammt nochmal so eine Band wie Razorlight verlassen habe. All meine Freunde haben sich gewundert, wie ich eine Rockband hinter mir lassen kann, die Millionen von Platten verkauft. Das mag von außen vielleicht komisch aussehen, aber ich selber habe die Gründe dafür immer nachvollziehen können. Wenn ich zurückblicke, dann macht es mich traurig, dass es nicht funktioniert hat. Aber bereuen tue ich es nicht.

Was gefällt dir am Besten am Musikerdasein? Mit welchem Instrument oder in welcher Situation fühlst du dich am Wohlsten?

Beim Schlagzeug spielen fühle ich mich am Sichersten, da ich es am Besten beherrsche. Das mache ich ja seitdem ich klein bin. Beim Singen fühle ich mich zu Hause und sehr entspannt. Allerdings mag ich auch dieses Gefühl als Drummer im Hintergrund auf der Bühne zu sein.

Echt? Fühlst du dich dann nicht in den Hintergrund gedrängt?

Ich finde es nicht schlimm, vorne zu stehen. Aber ich war niemals der Typ, der sich irgendwie hervortun will.

Also diese ganze Frontman-Persönlichkeit gefällt dir nicht so gut?

Da gibt es ja auch verschiedene Typen. Johnny Borell, von Razorlight, war da der klassische Rock’n’Roll-Typ, der sein Shirt auszieht und durch die Gegend rennt. Das ist beeindruckend und eine brilliante Kunstform, die er total beherrscht. Ich bin zwar auch nicht sehr zurückhaltend, da ich auch echt viel Lärm machen kann und auch gerne viel erzähle auf der Bühne, aber das könnte ich nicht. Da bin ich lieber unaufdringlicher.

Aber manchmal mache ich mir schon Gedanken um Schlagzeuger, die so unauffällig in den Hintergrund gedrängt werden, so dass man sie gar nicht sehen kann.

Ja, manchmal nur die Haare, die durch die Gegend fliegen. Aber hey, das ist doch ok. Manchmal fühle ich mich wie das „Tier“ aus den Muppets, der so wahnsinnige zottelhaarige Schlagzeuger. (lacht)

Und wenn du dann wieder die andere Position einnimmst? Wenn du mit Gitarre im Mittelpunkt auf der Bühne stehst und singst, würdest du dich dann manchmal lieber wieder hinten verstecken?

Ehrlich gesagt, ja. Wie zum Beispiel gestern bei der EMA-Party. Da war ich mit meinem Drummer, der an dem Abend Mandoline gespielt hat. Die Leute in der Menge waren einfach so verdammt laut und unhöflich. Nicht nur mir gegenüber, auch bei der Band und bei den Präsentationen davor haben sie die ganze Zeit durchgequatscht. Das ärgert mich echt total. Ich meine, da waren echt viele Leute aus der Musikindustrie und dann den Musikern so wenig Respekt entgegen zu bringen, ist echt nicht cool.

Wie es Leute auch so oft bei Konzerten bei den Support-Bands machen. Da tun mir die Bands auch immer leid.

Das ist echt respektlos. Dann sollen die Leute doch so lange im Pub bleiben und ihr Bier trinken und dann zu der Show kommen, die sie sehen wollen. Gestern war es echt so unverschämt lautes Geschnatter, dass ich fast mitten während der Show die Bühne verlassen wollte. Ich will mich hier auch nicht nur beschweren. Das ist ja nicht immer so.

Dann lass uns über dein neues Album „Fall Together Again“ reden!

Es tut gut, dass es veröffentlich ist. Nachdem man so lange daran gearbeitet hat, kann man es jetzt den Leuten überlassen.

Wie ist die Reaktion der Leuten bisher?

Echt gut! Ich meine, ich bin ja kein neuer, 19-jähriger Künstler, der gerade sein Debütalbum rausbringt. Es macht also keinen Knall. Es läuft alles eher langsam, aber stetig und beständig. Bisher habe ich super Kritiken bekommen, touch wood.

Das Album wurde in den Bryn Derwen Studios aufgenommen. Die Bilder von dem Ort sind wunderschön, wie war es die Aufnahmen mitten im Nirgendwo zu machen?

Es war sehr schön. Allerdings ist es kein modernes State-of-the-art-Studio, sondern wirkt eher ein bisschen heruntergekommen und grau. Es hat fast durchgehend geregnet. Aber trotzdem ist es wunderschön dort. Zwei Wochen lang wirbelte ein Hurricane über das Land. Fünf Bäume neben unserem Haus sind umgeknickt, das war unheimlich. Snowdonia, der Berg, auf dem das Studio war, kenne ich schon seitdem ich klein bin, da wir dort früher immer wandern gegangen sind. Es tat gut einmal von allem weit entfernt zu sein, nicht funktionierendes Internet und nur einen einzigen Pub mit verrückten Locals zu haben.

Ohne Ablenkung der modernen Welt findet man bestimmt leichter Inspiration zum Schreiben.

Ja, und so selten gibt es solche Moment. Wir leben doch mittlerweile nur mit unseren Handys, egal wo du hingehst, jeder hängt dran wie ein Junkie. Vielleicht höre ich mich altmodisch an, aber das ist doch irgendwie traurig. Natürlich ist es wunderbar, dass man jeden Moment alles Mögliche im Internet raussuchen kann, aber trotzdem, was für eine Schande.

Also, lesson learned, öfter mal das Telefon liegen lassen und zurück zu den Wurzeln kommen.

Ja! Wir sollten einen Tag ohne Telefon einführen. Einmal die Woche, einmal im Monat, oder zumindest einmal im Jahr: „Phone-Free-Day“!

Interview: Christina Heckmann

Andy Burrows Live: 

17. November 2014 – Berlin, Privatclub

18. November 2014 – München, Strom Linienclub

www.andyburrows.co.uk