Abgehauen nach Amsterdam

Mit Fettes Brot und dem Red Bull Tourbus unterwegs.

Red Bull Tourbus & Fettes Brot in Amsterdam (c) Stev Bonhage Red Bull PhotofilesSoll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein? Mal ganz ehrlich – gezögert haben wir nicht wirklich. Auch wenn es sich anhört wie der absolute Wahnsinn. 500 Menschen aus ganz Deutschland fahren geschlossen in Reisebussen ins weit entfernte Amsterdam, um gemeinsam ein Konzert zu erleben und in derselben Nacht wieder zurück nach Hause zu fahren. Hieß für uns Berliner: Einmal Amsterdam und zurück in 28 Stunden. Klingt nach verdammt viel sitzen für ein verhältnismäßig kurzes Vergnügen.

Allerdings handelte es sich bei der Band, die ihre Fans zu einem Kurztrip in die holländische Metropole einlud um niemand geringeres als Fettes Brot, und die lassen sich ja bekanntlich nicht lumpen. In einer spektakulären Promo-Aktion schickten die Brote, zusammen mit Red Bull und Radiostationen aus dem gesamten Bundesgebiet, 500 hartgesottene Fans nach Amsterdam, um gemeinsam mit ihnen den Release ihrer aktuellen Single „Amsterdam“ (aha!) zu feiern. Um dabei sein zu können brauchte man etwas Glück, denn die überaus begehrten Teilnahmeplätze wurden nur verlost. Dementsprechend ausgelassen war die Stimmung beim Aufbruch, auch wenn dieser bereits in aller Frühe stattfand. Kein Wunder, denn es galt, ein straffes Programm zu bewältigen!

06.00 Uhr. Vom Ostbahnhof aus machen sich die beiden Berliner Busse auf den Weg. Die Stimmung ist gut, aber noch ein wenig verschlafen. Der eine oder andere schließt die Augen, trotz der drohenden Gefahr, vom mitreisenden Fotografen dabei festgehalten Fettes Brot_RastplatzGig(c)Dirk Mathesius, Red Bull Photofileszu werden (wir setzen auf Schlafmasken). Gegen 08.30 Uhr wird es schließlich munter im Bus. Die ersten beginnen mit Trinkspielen. An Bord ist für Red Bull Getränke gesorgt, und der eine oder andere hat clever kombiniert und eine Flasche Wodka eingepackt. Trotzdem bleibt die Stimmung fröhlich aber entspannt. Kurz nach 09.00 Uhr erfahren wir unser erstes Ziel: An der Raststätte Schüttorf in NRW, an der Grenze zu Holland, werden Fettes Brot ein Kurzkonzert auf dem Dach des Red Bull Tourbus geben, in dem die drei auf dem Weg Richtung Amsterdam sind. Nur schade, dass es in NRW regnet wie aus Kübeln. Aber wie sagt man so schön? Wenn Brote reisen, lacht der Himmel. Oder so ähnlich. Kurz vor unserer Ankunft klart es auf, und als alle 11 Busse auf dem Parkplatz der Schell-Tankstelle in Schüttorf zusammen kommen, scheint sogar ein bisschen die Sonne. Die Party kann beginnen!

14.00 Uhr. In Schüttorf versammeln sich nicht nur die in Bussen angereisten Fans. Das Zwischenstopp-Konzert wurde im Radio und Internet angekündigt, weshalb der Parkplatz schnell gut gefüllt ist. Erwachsene, Kinder, ganze Schulklassen – alles ist gekommen und freut sich offensichtlich mächtig. Der Auftritt auf dem Dach des Red Bull Tourbus ist richtig Old-School, begleitet werden Fettes Brot nur von DJ exel. Pauly an FastForward & Fettes Brot in Amsterdam (c) Stev Bonhageden Turntables. Das hat man länger nicht gesehen. Entsprechend groß ist die Freude bei Fans und Fußvolk, auch wenn der Spaß, rein vom Gefühl her, viel zu schnell vorbei ist. Im „Backstage-Bereich“ (sprich hinter dem Tourbus), geben König Boris, Björn Beton und Dokter Renz Interviews und enthüllen im Gespräch mit 1Live schockierende Details über die Entstehung des Songs „Amsterdam“: Jahrelang teilte man sich eine Freundin namens Cordula. Irgendwann suchte sie das Weite – allerdings flüchtete sie nach Marbella, nicht nach Amsterdam, aber das ließ sich nicht so schön singen. Äh, ja. Im Anschluss schütteln wir Hände, posieren für ein Erinnerungsfoto und haben Gelegenheit, das überarbeitete Cover unserer ersten Printausgabe zu präsentieren. Und schon geht es weiter. Wir wollen ja noch nach Amsterdam! „Reiseleiter“ Lars hat eine Ausgabe des „Aus 2 mach 1“ Live-Albums „Fettes/Brot“ ergattert und heizt damit der Reisegruppe Sonnenschein kräftig ein. Spätestens jetzt gibt es im Bus kein Halten mehr. In Amsterdam wartet schließlich ein exklusives Clubkonzert mit kompletter Band-Besetzung auf uns. Wie soll man da noch Ruhe bewahren?

18.00 Uhr. Ankunft in Amsterdam. Es regnet. Die ganz Engagierten nehmen an einer Schnitzeljagd teil und suchen nach Spuren, die „Cordula“ hinterlassen hat. Die Hinweise befinden sich auf einem liebevoll gestalteten Stadtplan, der sogar Restaurantempfehlungen in der Umgebung rund um den Club „Trouw“, in dem das Konzert stattfinden wird, bereit hält. Wir entscheiden uns für Pommes mit Majo und Erdnuss-Soße und einen Spaziergang durch Amsterdam. Ganz schön nass. Aber auch ein bisschen romantisch. Zwei Stunden später dann nichts wie rein in den Club. Der ist für ein Konzert der Marke Fettes Brot ungewohnt klein, was sich ganz schön fett anfühlt.

21.00 Uhr. Das Nervenkostüm und Fettes Brot entern die Bühne. Generalstabsmäßig wird alles in Grund und Boden gerockt. Zwei Stunden lang. Kein halbherziges „Das-hier-ist-eine-Promo-Sache-Fettes Brot Amsterdam (c) Michaela Marmullaalso-gehen-wir’s-gemütlich-an-Getue“. Im Publikum fließt der Schweiß in Strömen, auf der Bühne sogar Blut. Zum Glück sind Fettes Brot Fans außerordentlich fürsorglich, sodass sich schnell ein Pflaster für König Boris findet. Und die Schuhe bekommt er auch gleich repariert. 1Live überträgt das Konzert in den Rest der Republik – ob das wirklich als Trost für die Daheimgebliebenen funktionierte, sei dahin gestellt. Die eine oder andere Träne dürfte an diesem Abend vor den heimischen Radiogeräten vergossen worden sein. Natürlich gibt es „Jein“, „Schwule Mädchen“, „Nordisch By Nature“, das anlassgebende „Amsterdam“, aber auch ein paar ganz besondere Antiquitäten wie „Herrenabend“, und natürlich jede Menge Zwischenansagen. Wenn diese auch aufgrund der Radioübertragung möglichst nicht zu „sexuell aufgeladen“ ausfallen sollen. Mehr muss man dazu aber auch wirklich nicht sagen.

23.00 Uhr. Ja, eine Aftershowparty gibt es auch. Sogar eine, auf der Fettes Brot persönlich ein paar ihrer Lieblingssongs auflegen. Ganz so einfach gestaltet sich das jedoch nicht, denn es gab für alle Mitreisende tolle Geschenke (u.a. T-Shirts, Taschen und die Single „Amsterdam“ in schickem, weißem Vinyl), die natürlich signiert werden wollen. Da bleibt es nicht aus, dass der eine oder andere Übergang etwas holprig gerät. Nach einer guten Stunde übernimmt DJ exel. Pauli die Turntables und Fettes Brot geben sich dem wohlverdienten Feierabend hin.

01.00 Uhr. Die angekündigte Abfahrtszeit Richtung Heimat wird erstaunlich problemlos eingehalten. Kaum haben wir Amsterdam Fettes Brot_Clubkonzert_Amsterdam(c)DirkMathesius, Red Bull Photofileshinter uns gelassen, rollt sich der Großteil der Reisenden in seine Jacken und begibt sich zur Ruhe. Keine Party, kein Gegröle, kein Erbrochenes zwischen den Sitzen. Klingt nicht wirklich nach Rock’n Roll, spricht aber für den Erfolg der Aktion. Befriedigte Erschöpfung und seliges Grinsen überall. Da kann man sich getrost der (unbequemen) Nachtruhe hingeben.

Schon am nächsten Tag wurden auf den Facebook Seiten von Fettes Brot und dem Red Bull Tourbus Begeisterungsstürme über den Verlauf der Aktion laut sowie Bereitschaft zur baldigen Wiederholung verkündet. Ein Erfolg auf der ganzen Linie also, wie so vieles, das Fettes Brot dieses Jahr angepackt haben. In Amsterdam verabschiedete sich Doc Renz auf der Bühne mit den Worten: „Danke, dass ihr diesen Quatsch mitgemacht habt.“ Sehr gern geschehen. Und bis zum nächsten Mal.

Bericht: Gabi Rudolph