Stage-Diving, Groupies und Lebkuchenherzen

LaBrassBanda, die Chiemgauer Blaskapelle der besonderen Art, nimmt in Berlin das Astra Kulturhaus auseinander.

DSC01962Das Astra Kulturhaus ist meines Erachtens nach einer der schönsten Konzertsäle, die Berlin derzeit zu bieten hat. Dementsprechend viele Künstler habe ich in letzter Zeit dort live auf der Bühne gesehen. Die wunderschöne Florence Welsh zum Beispiel, die beim Anblick ihres synchron in die Luft springenden Publikums in begeistertes Kreischen ausbrach, oder die Supergroup The Dead Weather, deren Schlagzeuger Jack White wiederum die Mädels zum Kreischen brachte, sobald er sich aus dem Hintergrund an den Bühnenrand begab. Aber, das muss an dieser Stelle gesagt werden, ich habe noch nie erlebt, dass jemand sein Publikum so an den Rand des Wahnsinns treibt wie die Band LaBrassBanda, die gestern mit Trompete, Posaune, Tuba, Bass und Schlagzeug ein wahres Feuerwerk der guten Laune abschoss.

Aus dem Chiemgau kommen Sepp (Trompete und Gesang), Hans (Tuba), Olli (Bass) und zweimal Manu (Posaune und Schlagzeug), und mit ihren (Blas)instrumenten leben die fünf studierten Musiker ihren ganz eigenen Rock’n Roll. Über zwei Stunden brachten sie das Berliner Publikum mit ihrer wilden Blasmusik zum toben – da wurde Pogo getanzt, Bier in der Menge verschüttet und exzessiv Stage-Diving betrieben. Und da alle fünf Jungs barfuß in  ihren Lederhosen auch durchaus hübsch anzuschauen sind, ließ es sich ein begeisterter weiblicher Fan nicht nehmen, nach Ende des Konzertes auf die Bühne zu springen und ihnen in den Backstage Bereich nachzuhechten.

Warum die Konzerte von LaBrassBanda so sind wie sie sind, dafür hat Schlagzeuger Manu eine einfache, aber einleuchtende Antwort parat: „Die Musik geht einfach direkt rein.“ Wo rein erläutert er nicht näher, aber das wissen wir auch so. Ins Herz, in den Bauch, in alle Eingeweide. Und natürlich in die Beine. Meine Tochter, in Berlin zur Welt gekommen und hier lebend, würde das bestätigen: Ihren Blick, als sie das erste Mal mit drei Jahren ein Bierzelt betrat, in dem gerade eine Blaskapelle zum DSC02046Frühschoppen spielte, werde ich niemals vergessen. Trotzdem war die Band von der unglaublichen Resonanz des Berliner Publikums geplättet, im wahrsten Sinne des Wortes (siehe Foto). Im Laufe ihres Mammut-Sets steigerte sie mehr und mehr das Tempo ihrer Songs, was Sänger Sepp auf die Nervosität aller Beteiligten schob (das Konzert im Astra ist bis dato eins der größten, das LaBrassBanda außerhalb Bayerns gespielt haben). Und weil’s so schee war und man gar nicht mehr aufhören wollte, waren sowohl Publikum als auch Band um halb zwölf am Ende ihrer Kräfte.

Trotzdem packten alle noch beim Verkauf von CDs und Souvenirs mit an. Auch in diesem Bereich trumpfen LaBrassBanda groß auf: Ihr Merchandising-Stand ist vermutlich der hübscheste, den ich je gesehen habe. Die obligatorischen Buttons mit Kuh-Logo sind in Handarbeit aus Holz hergestellt, ebenso wie die Perlenarmbändchen, die zwei reizenden ältere Damen aus dem Chiemgau zu Hause von Hand auffädeln. Es gibt Geldbeutel aus Filz mit bayerischen Sprüchen versehen und natürlich Lebkuchenherzen, die nicht nur hübsch aussehen sondern auch wirklich gut schmecken, wie Sepp mir versichert.

Obwohl er um Mitternacht schon hart mit dem Verlust seiner Stimme ringt, gibt Sepp uns noch ein kurzes Interview. Als wir uns hierfür in den inzwischen geschlossenen Konzertsaal zurückziehen wollen, versucht eine weibliche Bewunderin hartnäckig, den Securities weis zu machen, sie gehöre zu uns. Situationen wie diese dürften so mancher namhaften Rockband vor Neid das Wasser in die Augen treiben. Das Interview sowie Aufnahmen vom Konzert könnt Ihr natürlich in Kürze in unserem LaBrassBanda-Video-Log sehen.

DSC01961Heute können sich die Jungs an ihrem freien Tag in Berlin von den Strapazen des gestrigen Abends erholen. Man kann davon ausgehen, dass die Party nicht so schnell vorbei war, denn man peilte gemeinsam das Valentin-Stüberl in Neukölln an, den Ort, an dem LaBrassBanda im letzten Jahr erstmals in Berlin aufgetreten sind. Morgen geht es dann weiter nach Annaberg-Buchholz im Erzgebirge. Ich bin mir sicher, auch die Sachsen werden dem Charme der Chiemgauer erliegen. Denn auch wenn Sepp sein Berliner Publikum des öfteren fragte „Versteht’s ihr mi eigentlich?“, ist die Botschaft von LaBrassBanda doch universell. Es geht um die Liebe zur Musik, um Spaß, darum, gemeinsam etwas Tolles zu erleben. Dem Siegeszug um die Welt steht nichts entgegen.

Fotos (c) Katja Mentzel

LaBrassBanda sind weiterhin eifrig in Deutschland unterwegs. Alle aktuellen Konzerttermine findet Ihr hier.