Gehört: Yeah Yeah Yeahs „Mosquito“

Heiliger Bimbam, was für ein Albumcover! Grunge trifft Killerpilze, schrecklich niedlich… Blasphemie könnte man fast sagen. Aber nicht mit den Yeah Yeah Yeahs. Die zaubern statt allem Erwarteten – also vornehmlich dem üblichen Elektroklingklang – einen ordentlichen Gospelchor für die erste Single Sacrilege aus dem Hut. Und schmeißen mit dem dazugehörigen Album „Mosquito“ ganz nebenbei das abwechslungsreichste Album des Frühjahrs 2013 auf den Markt. Gelinde ausgedrückt.
In „Subway“ rattert die New Yorker U-Bahn durch den Schacht und bildet so das Grundmotiv für die herrlich entspannte Hymne auf Karen O’s, Nick Zinner’s und Brian Chase’s aufgeregte Heimatstadt. „These Paths“ greift dann doch den Eingangs erwähnten Elektro auf, um ein wenig Hype einzubauen – Chromatics und SBTRKT lassen grüßen. Der erste wirklich überraschende Moment kommt dann mit dem titelgebenden Song „Mosquito“ dahergeflattert: Bongo-Beats und geflüsterte Mantren, man möchte leicht bekleidet ums Feuer tanzen. Karen O wirft dazu den Kopf in den Nacken und beschwört die Macht der Stechmücken: „They’ll suck your blood, they’ll suck your blood…“.
Das Ganze ist höchst unterhaltsam, aber das wohlige Gefühl, dass sich zumindest noch bei „Show Your Bones“ über weite Strecken breit machte, will sich so richtig nur für einen Song des Albums einstellen. Mit „Slave“ kommen endlich die Zinner’schen Gitarrenriffs zurück, die die letzte LP „It’s Blitz“ so schmerzlich vermissen ließ. Miss Orzolek füllt sie mit den Zeilen „It eats your soul, like tears you fall, my slave… the keys, the keys are gone, my slave“, einer gehörigen Portion Melancholie und fast durchgehend geichbleibender Stimmlage, dass man „Maaa-haahaa-haahaaps“ dazu schreien möchte. Bei diesem einen Schunkelmoment soll es aber auch bleiben.
Was dann folgt ist für die einen ein Fegefeuer der Absurditäten, für andere der stinknormale Alltag: in „Area 52“, reduziert auf Gitarre, Schlagzeug und Karen, werden die Protagonisten des Songs – also niemand geringeres als Außerirdische – darum gebeten, die drei Erdlinge in ihrem Raumschiff mitzunehmen. In „Buried Alive“ wird es dann immer aufregender: Dr. Octagon, der vom Jupiter kommende zeitreisende – wer erräts? na klar – Gynäkologe, kommt als Viertes mit ins Boot; ein glucksendes Lachen lässt sich nicht mehr unterdrücken. Das Chaos ist perfekt, besonders wenn mit den letzten drei Songs wieder eine völlig andere Ebene betreten wird. Um scheinbar viele einschneidende Erlebnisse und emotionale Höhen- und Tiefflüge reicher, geht’s zurück Richtung- ja, wohin eigentlich?

Spaßplanet Mosquito bleibt ein noch nicht weiter entschlüsseltes Rätsel voller Konfetti, Wein und glibbrig-grün schimmernder Substanzen. Wertung? Einfach anhören und mitreisen.

Gehört von: Julia Köhn


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